Die Stadt Mülheim an der Ruhr trägt den Namen jenes Flusses, der unsere gesamte Region prägte, nicht einfach nur im Namen. Die Ruhr ist für Mülheim und die Mülheimer – für Spaziergänger, Sportler, Erholungssuchende – viel mehr. „Das Ruhr-Ufer ist eine richtig schöne Ecke“, schwärmt Hans-Peter Raddatz im Gespräch mit DER WESTEN. Doch er schiebt sogleich ein „eigentlich“ hinterher. Wieso „eigentlich“?
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Raddatz ist quasi täglich an der Ruhr in Mülheim unterwegs, regelmäßig auch im Naturschutzgebiet in den Ruhr-Auen. Zum einen, weil er dort seine Hunde-Runde dreht. Zum anderen, weil ihm dieses schöne Fleckchen Mülheim so sehr am Herzen liegt, dass er sich ehrenamtlich dafür engagiert – und sogar seine Gesundheit riskiert. Aber der Reihe nach.
Mülheim: „Leute fahren kackendreist hinein“
So idyllisch es an der Ruhr in Mülheim auch ist, so oft wird der Uferbereich von Chaoten und Kriminellen heimgesucht. Hans-Peter Raddatz hat in dieser Hinsicht schon eine Menge erlebt. Vor allem im Bereich der Raffelbergbrücke unweit der Autobahn A40 gehe regelmäßig die Post ab. Wie Raddatz berichtet, kommen Müll-Frevler mit Autos nicht nur aus Mülheim, sondern auch aus Duisburg und anderen Städten und laden einfach am Ruhr-Ufer ihre Abfälle ab. Mehr noch: Immer wieder trifft Raddatz auch illegale Angler an – oder Chaoten, die von den Bäumen Äste abbrechen und dann Lagerfeuer entzünden. Der Fast-80-Jährige betont es noch einmal: „Das ist ein Naturschutzgebiet. Aber die Leute gehen und fahren kackendreist hinein, ziehen die Absperrpfosten heraus und laden ihren Müll ab.“
Über einen aktuellen Vorfall berichtete Hans-Peter Raddatz in einer lokalen Facebook-Gruppe. Sofort gibt es die ersten Kommentare. „Sieht nach Hochzeitsmüll aus? Unglaublich!“, schreibt eine Frau. Tatsächlich! 22 große, schwarze Säcke sind von Unbekannten aufgetürmt worden. Der Inhalt ist allem Anschein nach der gesamte Müll einer großen Hochzeitsfeier. „Da ist noch eine Torte, umgeben von Baccara-Rosen und Sekt“, berichtet Raddatz. Hinzu kommen Papier-Handtücher, zahlreiche leere Milchtüten… Sein Fazit: „Eine Riesen-Sauerei!“ Er hat sich den Inhalt genauer angeschaut und Dokumente gefunden, die Rückschlüsse auf einen Event-Service erlauben.
„Niemand traut sich, etwas zu unternehmen“
Doch nicht nur solche Funde, die keine Seltenheit sind, schockieren den Rentner. Fassungslos macht ihn auch, dass kein Zeuge solcher Vorfälle einschreitet. „Niemand hat den Mut, anzuhalten und den Betreffenden zu fragen, was er dort tut. Die Leute sind verängstigt. Niemand traut sich, etwas zu unternehmen“ Auch als Raddatz die schwarzen Säcke und deren Inhalt gesichtet hat, fuhren Radler wortlos vorbei. Raddatz: „Ich war dort 30 Minuten beschäftigt. Niemand hat mich angesprochen.“ Verstehen kann er das umgekehrt aber auch. Der 79-Jährige hat schon Bedrohungen und Angriffe erlebt, ruft immer wieder die Polizei.
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An dieser Stelle ist zu betonen, dass Hans-Peter Raddatz sich deshalb so engagiert des Themas annimmt, weil er seit fast 30 Jahren ehrenamtlicher Landschaftswart ist. Er handelt also im öffentlichen Auftrag. Sein Draht zur Mülheimer Entsorgungs-Gesellschaft (MEG) sei gut, so Raddatz. Sobald er dort Meldung mache, werde der Müll zügig abgeholt. Für die Entsorgung muss dann die Allgemeinheit aufkommen – also jeder Bürger über die Abfallgebühren. Raddatz würde sich daher wünschen, dass das Ordnungsamt der Stadt Mülheim konsequenter die Meldungen verfolge, die er und weitere Landschaftswarte machen. Schließlich komme es immer wieder vor, dass sich in dem abgekippten Müll Rechnungen und andere Dokumente mit Namensangaben finden.
Allem Ärger zum Trotz und obwohl es offenbar ein Kampf gegen Windmühlenflügel ist, engagiert sich Hans-Peter Raddatz weiter für ein sauberes Ruhr-Ufer. Weil es einfach so ein schönes Fleckchen Mülheim ist. Oder zumindest sein könnte.