Die Zeit drängt: die bisherigen Wohnungskapazitäten für Flüchtlinge sind ausgeschöpft, weitere Menschen werden aber nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel weiterhin der Stadt zugeteilt, die sie unterzubringen hat. Und das muss, wie Sozialdezernent Ulrich Ernst bei einem Informationsabend im Gemeindesaal in Heißen betonte, auch menschenwürdig geschehen. Bis Ostern soll die ehemalige Schule am Fünter Weg provisorisch so umgebaut werden, dass dort bis zu 80 Menschen untergebracht werden können. In den Klassenräumen werden, wie Frank Buchwald vom zuständigen Immobilienservice erläutert, Rigipswände eingezogen, im Untergeschoss werden ein Gemeinschaftsraum und eine Waschküche eingerichtet.
Rechnerisch steht dann jedem Bewohner etwa neun Quadratmeter zur Verfügung, was für einige der gut 150 Teilnehmer der Veranstaltung erschreckend wenig vorkam. Das Toilettenhäuschen auf dem Schulhof wird durch Duschcontainer ergänzt wie man sie von Campingplätzen kennt. Was der Umbau kostet, kann Buchwald noch nicht quantifizieren. Das hängt von den Angeboten ab, die noch nicht eingegangen sind. Er redet von einer überschaubaren Summe. Wer sich von dem Zustand der Unterkunft vor dem Einzug der Flüchtlinge überzeugen will, kann sich bei der Stadt melden, sie ermöglicht Nachbarn dann eine Besichtigung. Ernst kündigte auch an, dass wie in Styrum in der Unterkunft in Heißen ein Ansprechpartner für die Bewohner und die Nachbarn rund um die Uhr bereit stehen wird. „Das ist kein Sicherheitsdienst“, betonte Ernst, sondern es seien Mitarbeiter von Pia, mit denen man in Styrum gute Erfahrungen gemacht habe.
Kein Sicherheitsdienst
Genutzt werden soll die Schule lediglich bis Ende des Jahres. Dann möchte dort der Verein Wohnhof Fünte sein integratives Wohnprojekt realisieren, wie der Vorsitzende Frank Peylo kurz erläuterte.
Ernst geht aber davon aus, dass die Zuweisung von Menschen auf hohem Niveau anhält. Dafür spricht schon, dass es in den Krisenherden keine Aussicht auf Frieden gibt. Derzeit befinden sich über 57 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, die meisten finden Schutz vor Gewalt und Diskriminierung im eigenen Land oder den Nachbarländern. Diese Größenordnung muss man sich bewusst machen, wenn man bedenkt, dass zum Ende des Jahres 750 Flüchtlinge in der Stadt lebten. Mit 1200 Menschen rechnet die Verwaltung Ende dieses Jahres. Ernst wies noch einmal darauf hin, dass die Stadt bislang konsequent auf eine dezentrale Unterbringungslösung gesetzt habe. Dabei spiele die Wohnungsbaugesellschaft SWB eine wichtige Rolle, die 70 Wohnungen bereitgestellt habe und noch weitere 50 zur Verfügung stelle. Mit dem Hildegardishaus (das wie angekündigt nur befristet genutzt wurde) und der Schule am Fünfter Weg müsse man temporär vom „Pfad der Tugend“ abweichen.
Containerlösung ist unabwendbar
Nötig seien für dieses Jahr noch ein bis zwei größere Einheiten, die nicht ganz so groß sein müssten wie die in Styrum. Für das kommende Jahr sieht Ernst aber keinen Ausweg für eine Containerlösung. „Die wird aber anders aussehen, als einige von Ihnen die noch aus den 90er Jahren in Erinnerung haben.“ Größe und Standort sind noch nicht klar. Die Politik soll darüber noch vor der Sommerpause entscheiden, kündigte er an.
Auf Kritik stieß bei einigen Teilnehmern die Integration der Flüchtlingskinder in den Schulunterricht. Das in der Stadt praktizierte Modell gilt, wie Ernst und Martina Kleinewegen vom Kommunalen Integrationszentrum versicherten, zwar als vorbildlich, krankheitsbedingt könne es aber dennoch zu Engpässen kommen. Die Antworten blieben für die Teilnehmer bei diesem Punkt etwas unbefriedigend. Ein Problem ist sicherlich auch, dass das Land zwar Integrationsstellen zur Verfügung stellt, die aber erst mit größerer Zeitverzögerung die Arbeit aufnehmen. Bis zum Eintreffen der angekündigten Flüchtlinge vergeht aber oft nur ein Tag. Und Schulpflicht besteht von Beginn an.
Umso wichtiger ist das Ehrenamt, das auch in Styrum ausgezeichnet funktioniert wie die Koordinatorin Sonja Clausen erläuterte. Gut 80 Personen engagieren sich dort. Und es gibt sogar noch Mülheimer, die noch nichts von dem Warenhaus für Flüchtlinge und der WiM gehört haben. Als eine Ehrenamtlerin davon berichtete, dass an den Standort an der Solinger Straße am vergangenen Samstag etwa 80 Kunden gekommen sind, applaudierten die Teilnehmer spontan. Bei der WiM engagieren sich übrigens auch viele Flüchtlinge.