Der SPD-Kandidat gewinnt das Duell gegen Werner Oesterwind (CDU) mit 16 Prozentpunkten Vorsprung deutlich. Aber: Nur 36,5 Prozent der wahlberechtigten Mülheimer gingen zur Wahl.
Mülheim.
Die Christdemokraten haben die Wahl zum Oberbürgermeister haushoch verloren: Ulrich Scholten (SPD) gewinnt mit 57,14 Prozent der Stimmen. Werner Oesterwind kommt lediglich auf 42,86 Prozent. Dabei hatte die Union weitaus mehr erwartet, und so stehen sie konsterniert im Rathausfoyer, wo um 19.11 Uhr mit Ulrich Scholten der künftige Oberbürgermeister gefeiert wird.
„In anderen Ländern gibt es kein Wahlrecht und hier geht keiner hin“ – diesen Satz hört man öfter am Wahlabend. Nur 36,5 Prozent Wahlbeteiligung! „Traurig und unverständlich“, finden das Vertreter aller Parteien. Andreas Schmidt, Vorsitzender der CDU, glaubt, dass in der geringen Wahlbeteiligung sogar ein Grund für das schlechte Abschneiden des CDU-Kandidaten liegt. „Wir haben wohl unsere Hochburgen in Mülheim nicht mobilisieren können.“ Die CDU wirkt an dem Abend regelrecht geschockt. „Wir sind überrascht, die Stimmung, die man in der Stadt gespürt hat, schien doch auf einen Wechsel hinzudeuten“, meint die Bundestagsabgeordnete Astrid Timmermann-Fechter.
Werner Oesterwind sieht man die Enttäuschung an. „Mülheim wollte den Wechsel wohl nicht“, kommentiert er kurz. Eine Erklärung? Er hat sie nicht an dem Abend. Im Rat der Stadt werde er dem neuen Oberbürgermeister künftig genau auf die Finger sehen.
Zur Person: SPD-Mann und Familienmensch
Ulrich Scholten heißt der neue Oberbürgermeister von Mülheim. Doch wer ist Ulrich Scholten eigentlich? Als volksnah und wirtschaftserfahren gilt er. Seit rund 40 Jahren engagiert sich Scholten politisch in Mülheim. Noch während der Schulzeit trat er in die SPD ein, wurde Juso-Sprecher.
Nach dem Wehrdienst studierte er Rechtswissenschaften. Kurz vor dem Studienabschluss zog er mit seiner Frau Marion nach Eppinghofen, wo die Familie bis heute lebt. Das Ehepaar Scholten bekam zwei Töchter – die ältere ist Hebamme, die jüngere Kauffrau im Vertrieb der Salzgitter Mannesmann Röhrenwerke, bei denen auch Ulrich Scholten seit rund 30 Jahren arbeitet. Dort ist er seit 18 Jahren Personalchef.
Seit 16 Jahren ist der neue Oberbürgermeister als Stadtverordneter im Rat der Stadt tätig, seit November 2014 bekleidet er auch den Posten des Vorsitzenden der Mülheimer SPD.
Der wird von den Genossen gefeiert. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gratuliert als eine der Ersten. Dagmar Mühlenfeld, die scheidende Oberbürgermeisterin, dankt beiden Kandidaten für den fairen Wahlkampf, wünscht dem Amtsnachfolger kurz und knapp alles Gute – und der Stadt Mülheim auch. „Der Mann, von dem ich meinte, dass er ein guter Nachfolger wäre, ist in der Partei und bei der Bevölkerung angekommen“, sagt sie später.
Ulrich Scholten kommt nicht viel zum Reden. Von allen Seiten wird er im Rathausfoyer umarmt. So rundum glücklich ist er jedoch nicht: „Ich hatte bei der Wahlbeteiligung schon auf eine Vier vor dem Komma gehofft.“ Zwei Monate lang hatte er für die Wahl geworben – ohne Versprechungen.
Für andere, wie für den FDP-Fraktionschef Peter Beitz, ist die Wahlbeteiligung eine „Katastrophe“, an der auch das neue Stadtoberhaupt arbeiten sollte. Lothar Reinhard von den Mülheimer Bürgerinitiativen wundert es nicht: keine großen Ziele, keine Lösungen für die Probleme der Stadt, meint er. Und Peter Loef (Grüne) sieht in der Wahlbeteiligung die Quittung für einen „zu lauwarmen Wahlkampf“.