Der Weggang des Ärztlichen Direktors der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen, Prof. Claus Doberauer, bewegt ungewöhnlich viele WAZ-Leser. Dabei haben die WAZ-Redaktion bislang ausschließlich positive Stimmen erreicht, also Stimmen, die den Abschied ausdrücklich bedauern.
Gelsenkirchen.
Der Weggang des Ärztlichen Direktors der Evangelischen Kliniken, Prof. Claus Doberauer, bewegt ungewöhnlich viele WAZ-Leser. Dabei haben die WAZ-Redaktion bislang ausschließlich positive Stimmen erreicht, also Stimmen, die den Abschied ausdrücklich bedauern und nur Gutes über den scheidenden Chefarzt berichten. Klar ist, dass sein Wechsel nach Köln mit den Veränderungen im Haus an der Munckelstraße zu tun hat. Wie genau jedoch die künftige Struktur in den Evangelischen Kliniken aussehen wird, wie die Klinik für Innere Medizin dann aufgestellt sein wird, will Geschäftsführer Dr. Karl Bosold erst im Juli vorstellen.
Fakt ist seit Februar die Schließung des von Doberauer aufgebauten Schlaflabors, das stets eine stattliche Warteliste Betroffener aufwies. Fest scheint auch zu stehen, dass eine geriatrische Station ausgebaut werden soll und es einen Schwerpunkt bei der Gastro-Enterologie geben wird. Alles scheinbar zu Lasten der allgemeinen Inneren Klinik, die ja derzeit auch Hämatoloie, Onkologie und Endokrinologie umfasst.
An den Stellschrauben gedreht
Besonders aktiv im Protest gegen den Weggang von Prof. Doberauer ist Anita Porwol, Vorsitzende der Selbsthilfegruppe Schmerz in der Region. Sie schreibt in einem Leserbrief: „Dass Prof. Doberauer die Ev. Kliniken verlässt, kann ich als Systemerkrankte gut nachvollziehen. Seit Ende 2013 wurde schon an den Stellschrauben gedreht, das qualifizierte Schlaflabor geschlossen. Das Personal wie Bälle in andere Abteilungen geworfen.
Damals hieß es, aus Kostengründen. Dass sich voll belegte Abteilungen wie das Schlaflabor oder die Innere nicht rechnen, glaubt doch keiner. Wenn ich schon für den Bereich Gastro-Endoskopien gute Ärzte im Hause habe, warum muss ich dann einen neuen Chefarzt einstellen? Die Innere Privatstation soll auf verschiedene Fachbereiche aufgeteilt werden. Wie mir scheint, wurde ‘Mobbing von Oben’ betrieben gegen einen Arzt, der das Haus über die Stadtgrenze hinaus bekannt gemacht hat.“
Schwierigkeiten gemacht
Und die Patientin Lethizia Bertling schreibt der WAZ: „Ich bin entsetzt, dass offensichtlich die Geschäftsführung der Ev. Kliniken diesem hochverdienten Arzt so viel Schwierigkeiten gemacht hat, dass er Gelsenkirchen so unerwartet verlässt. Geschäftsführung, Diakoniewerk und Aufsichtsgremien müssen sich die Frage gefallen lassen, warum seit Anfang der 90er Jahre so viele verdiente Chefärzte das Haus verlassen haben und jetzt anderenorts erfolgreich tätig sind. Auch der Superintendent sollte sich der Sache annehmen. Angeblich notwendige Klinikumstrukturierungen werden als Begründung vorgetragen. Sind Sie nicht eher Ausdruck von suboptimaler Krankenhausführung und wenig Geschick im Umgang mit hochqualifizierten, bei Patienten äußerst beliebten und erfolgreichen Ärzten?“
Ein Beispiel als Beleg für den Sinn des ganzheitlichen medizinischen Ansatzes von Prof Doberauer gibt der Leser „somjotien“:
„Im WDR riet Prof. Doberauer: ‘Eine Impfung gegen FSME ist Unsinn’. Der Hintergrund: Der Chefarzt hat an seiner Klinik ein standardisiertes Untersuchungsprogramm eingeführt. Seit August 2000 wurden 339 Patienten untersucht, die glaubten, an den Spätfolgen eines Zeckenbisses zu leiden. Ergebnis: Jeder Dritte von ihnen war ohne Befund, litt stattdessen an einer anderen ernsthaften Erkrankung, teilweise sogar an Multipler Sklerose, einer anderen Autoimmunerkrankung, psychischen Leiden oder Krebs. Viele darunter, die mit Antibiotika zuvor von ihrem Arzt ‘zugedröhnt’ wurden. Sein Rat: Nicht übertherapieren, wenn Antibiotika nicht hilft.“