- Am Tag vor Weihnachten starb der Gelsenkirchener Junge Marvin* (14). Zuvor soll er Deo geschnüffelt haben
- In Resser Mark gibt es viele Gerüchte über seinen Tod
- Im Gespräch mit DERWESTEN schildert seine Pflegemutter, was in der Nacht vom 22. auf den 23. Dezember passiert ist
Gelsenkirchen.
Es waren schlimme Weihnachten für Yvonne S.* aus Gelsenkirchen. Dunkle, traurige Stunden voller Fragen ohne Antworten.
Denn in der Nacht zum 23. Dezember fand die 49-Jährige ihr Pflegekind Marvin* (14) tot in seinem Zimmer. Neben ihm lagen zwei Deodosen und ein stinkendes Tuch. Kurze Zeit später war die Wohnung voll: Retter, die Polizei, Notfallseelsorger. Die folgenden Tage erlebte Yvonne S. wie im Nebel: „Ich stand unter Schock.“
In Resser Mark und an seiner Schule wird seitdem über Marvins Tod spekuliert. War er süchtig nach Deo? Handelte es sich um eine Mutprobe? War es Suizid? Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Marvins Körper wird toxikologisch untersucht. Seine Schule an der Bergmannsglückstraße informierte alle Eltern in einem Brief über den Unglücksfall.
Nun will Yvonne S. selbst sprechen: „Marvins Tod darf nicht umsonst gewesen sein. Eltern müssen wissen, wie gefährlich Deo schnüffeln ist“, sagt sie im Gespräch mir DERWESTEN.
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Beim Schnüffeln von Deo sprühen Jugendliche herkömmliches Deo auf ein Tuch und inhalieren es. Dass Marvin seit einigen Wochen Deo schnüffelte, hat die 49-Jährige erst nach seinem Tod erfahren. „Nach und nach kam alles ans Licht.“
Er war ein fröhliches Kind – aber er hatte auch Probleme
Yvonne S. ist Marvins Tante. Sie übernahm die Pflegschaft für ihn, als er zwei Jahre alt war. Zu seinen Eltern hatte Marvin keinen oder wenig Kontakt.
Sie beschreibt ihn als fröhlichen Jungen. „Er fuhr gern Fahrrad, hatte viele Freunde, war ein Freidenker.“ Doch in der Schule hatte Marvin große Probleme. Er flog von der Gesamtschule, kam auf die Förderschule an der Bergmannsglückstraße. „Er kam nicht mit dem System zurecht und hatte Schwierigkeiten im emotionalen und sozialen Bereich“, sagt sie heute.
Die Probleme in der Schule wurden größer. Im Dezember wurde Marvin laut seiner Pflegemutter nur noch zwei Stunden pro Tag „beschult“. Marvin rauchte, hatte im Sommer angefangen zu kiffen.
Die Tage vor seinem Tod
Am Dienstag vor Weihnachten soll Marvin auf dem Weg zur Schule Deo geschnüffelt haben, berichten Kumpels seiner Pflegemutter später. Als er an dem Tag nach Hause kam, klagte er über Kopfschmerzen. „Er war ziemlich kaputt und kränklich. Deshalb habe ich ihn bis Weihnachten aus der Schule genommen.“
Marvin wollte aufhören zu rauchen, schwärmte seiner Pflegemutter noch am Tag vor seinem Tod von einem Hypnose-Video bei Youtube vor, dass ihm dabei helfen sollte.
Deodosen, wie man sie in jedem Drogeriemarkt kaufen kann
Am Freitag, 22. Dezember, war Marvin noch in seinem Stadtteil Resser Mark unterwegs und traf auch seinen Kumpel Jan* (16). Jan übernachtete bei ihm. „Die beiden haben zwei Matratzen auf den Boden gelegt und sie nah an Marvins Schreibtisch gerückt. Sie wollten noch eine Serie schauen.“ Als Yvonne S. ins Zimmer sah, schienen die Jungs gerade einzuschlafen. Die Serie lief noch, sagt sie.
Stunden später wurde Yvonne geweckt. Jan hatte seinen Freund unter dem Schreibtisch gefunden. Tot. Neben ihm Deodosen. Dosen wie man sie in jedem Drogeriemarkt kaufen kann. Daneben lag ein leerer Kopfkissenbezug, der noch stark nach Deo roch.
Yvonne S. weint: „Er muss nachts aufgewacht sein und hat Deo inhaliert. Dabei hatte er Schnupfen, seine Bronchien waren zu.“ Sie glaubt: Marvin starb am Deo. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt in diese Richtung.
Ermittler schließen Suizid aus
Einen Suidzid schließen die Ermittler derzeit aus. Auch Yvonne S. glaubt nicht daran: „Er war ein fröhliches Kind, nichts deutete darauf hin, auch nicht in seinen Whatsapp-Nachrichten.“
Seit Marvins Tod hat Yvonne S. mit vielen Menschen gesprochen: mit anderen Eltern, Seelsorgern, Jugendlichen, die ihn kannten. Sie sucht nach Antworten. Gefunden hat sie noch keine.
*Alle Namen auf Wunsch der Familie von der Redaktion geändert.