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Was den Messe-Umbau für „nur“ 88,6 Millionen Euro erschwert

Was den Messe-Umbau für „nur“ 88,6 Millionen Euro erschwert

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Foto: Knut Vahlensieck
Nach dem Bürgerentscheid steht die geplante Modernisierung vor dem Neustart. Sie darf maximal 88,6 Millionen Euro kosten. Die Ausgangslage aber hat sich nicht verändert. Das macht es nicht leichter.

Essen. 

Rücke vor bis auf Los! Beim Rundgang durch die Messehallen an der Norbertstraße denkt man dieser Tage spontan das beliebte Gesellschaftsspiel „Monopoly“, und das nicht allein wegen der „Spiel 2014“, die kommende Woche ihre Pforten öffnet. Seit eine Mehrheit der Essener den vom Rat beschlossenen Teilneubau beim Bürgerentscheid vom Tisch gefegt hat, steht die Messe Essen vor einem Neuanfang. Oder wie es Messe-Architektin Annette Heydorn formuliert: „Wir haben alles in die Mülltonne geschmissen, was wir bauantragsreif in der Schublade hatten“. Also: Rücke vor bis auf Los!

Nun soll der Umbau eine Nummer kleiner ausfallen und vor allem günstiger. Die Entwurfsplanung liegt mittlerweile vor. Ende Oktober soll der Rat grünes Licht geben für den zweiten Anlauf. Dass es so kommt, darf als sicher gelten. Fest steht: Statt 123 Millionen Euro darf die neue Messe nicht teurer werden als 88,6 Millionen. Das ist kein Kinderspiel, denn die Ausgangslage ist ja die gleiche geblieben: In weiten Teilen bedarf die Ausstellungsfläche einer grundlegenden Modernisierung.

Erinnert an ein Glücksspiel

Wie sehr die Messe Essen in puncto Komfort der Zeit hinterher hinkt, zeigt sich an vermeintlich zu vernachlässigenden Details. Zum Beispiel an der Zahl der Garderobenhaken. 2000 sind es heute. Wer eine Publikumsmesse besucht, hat also gute Chancen seinen Mantel den lieben langen Tag überm Arm tragen zu müssen. Nach dem Umbau im Herbst 2019 werden die Haken für 10.000 Mäntel reichen. Besucher werden dann in einem hellen, weil gläsernen Foyer mit weit auskragendem Vordach empfangen, so dass Fußgänger die Hallen vom U-Bahnausgang trockenen Fußes erreichen können.

Die Messe hat Glück, das Messehaus-Ost aus den 80er Jahren wurde so konstruiert, dass sich die dunkelbraune Verkleidung mit vergleichsweise geringem Aufwand durch eine moderne Glasfassade ersetzen lässt. Ursprünglich sollte das heutige Entree abgerissen werden.

31,9 Millionen Euro finanzieller Puffer

Was sich sonst hinter den Mauern verbirgt, erinnert an ein Glücksspiel. Die veralteten und unrentablen Doppelstockhallen sollen verschwinden, bestehende Hallen zu neuen Ausstellungsflächen zusammengefasst werden. Planer und Architekten sprechen vom „Bauen im Bestand“ mit allen Unwägbarkeiten, die dazu gehören. Wer schon einmal einen Altbau saniert hat, wisse wovon die Rede ist, sagt Annette Hagedorn. Nicht zuletzt deshalb hat die Messe mit 31,9 Millionen Euro einen finanziellen Puffer eingeplant, der im Vergleich zum verworfenen Entwurf so komfortabel erscheint wie ein Luftkissen neben einer Badematte.

Die ursprünglich vorgesehenen fünf Millionen Euro erscheinen nicht nur im Rückblick arg knapp bemessen, was sie bei der Messe hinter vorgehaltener Hand inzwischen auch bereitwillig einräumen. Fest steht aber: „Wir geben mehr als die Hälfte des ursprünglichen Budgets aus, bekommen dafür aber weniger als die Hälfte“, so Annette Heydorn. Denn der Aufwand ist ungleich größer als er bei Abriss und Neubau gewesen wäre. Den Puffer werden sie also noch gut gebrauchen können, und sei es für einen neuen Anstrich hier und dort.