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Essener Polizei mit emotionalen Worten an Kollegen Marcel: „In Gedanken bei dir!“

Nicht nur in der Bürgerschaft, auch bei der Polizei Essen herrscht Erschütterung. Wie gehen die Ermittler mit der eigenen Betroffenheit um?

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Mord oder Totschlag? Das ist der juristische Unterschied

Die auf schreckliche Weise eskalierte Polizei-Kontrolle am Montag (26. Juni) in Essen hat nicht nur viele Menschen im Ruhrgebiet und darüber hinaus tief bewegt. Schließlich ringt der Beamte, der von einem 39-jährigen Autofahrer ungebremst erfasst wurde, mit dem Tod. Auch innerhalb der Essener Polizei sorgt der Vorfall für große Betroffenheit. Auf Twitter haben Beamte emotionale Worte an ihren Kollegen Marcel gerichtet.

+++ Essen: Schuss bei eskalierter Polizeikontrolle ++ Fahrer droht U-Haft ++ Erschreckende Hintergründe +++

Unterdessen stellt sich die Frage: Vor welchen Herausforderungen stehen die Ermittler, wenn sie den Hintergründen einer Tat nachgehen müssen, bei der ein Kollege beinahe getötet wurde? DER WESTEN hat darüber mit René Bäuml aus der Pressestelle der Polizei Essen gesprochen.

Essener Polizei verurteilt „feigen Angriff“

Schon der erwähnte Twitter-Post der Polizei hat am Dienstag (27. Juni) deutlich gemacht, wie sehr der tragische Vorfall am Montag die Mitarbeiterschaft bewegt. Darin heißt es: „Bei einem feigen Angriff wurde gestern Nachmittag unser Kollege Marcel schwer verletzt. Entsetzlich, welche Brutalität ihm völlig unerwartet entgegen geschlagen ist. Wir sind in Gedanken bei dir und drücken ganz fest die Daumen, damit du ganz schnell wieder gesund bei uns bist!“

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Einsatzkräfte der Polizei sichern auf der Straße die Spuren. Ein Polizist ist bei einer Fahrzeugkontrolle von einem Autofahrer angefahren und lebensgefährlich verletzt worden. Foto: picture alliance/dpa

Welche Gedanken hinter diesem – für eine Behörde sehr emotionalen und persönlichen – Tweet stehen, deutet Polizeisprecher René Bäuml an: „Wir sind intern alle betroffen. Die engen Kollegen sowieso, auch die Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort waren und die Situation erlebt oder mit angesehen haben.“ Das Angebot psychologischer Hilfe sei in solchen Situationen fester Bestandteil der Polizeiarbeit, betont Bäuml – und zwar nicht nur intern. Auch den Bürgern, die den schrecklichen Vorfall vor Ort in Essen-Borbeck verfolgt haben, werde Opferhilfe angeboten. Unabhängig davon stehe die Polizei mit den Zeugen im Zuge der weiteren Ermittlungen in einem regelmäßigen Austausch.

https://twitter.com/Polizei_NRW_E/status/1673573587519782912

Apropos Ermittlungen. Weil dem 39-Jährigen, der auf der Flucht vor einer Verkehrskontrolle den Beamten überfuhr, ein versuchtes Tötungsdelikt vorgeworfen wird, hat die Polizei Essen eine Mordkommission eingerichtet. Im Klartext bedeutet das, dass Kollegen des lebensgefährlichen verletzten Beamten jetzt mit aller gebotenen Professionalität die Hintergründe aufarbeiten. Behördensprecher René Bäuml: „Wenn es um Menschenleben geht, fühlt man immer Betroffenheit.“ In diesem Fall sei die Situation trotzdem eine besondere, da Kollegen aus der eigenen Behörde ermitteln. „Fast alle waren auch mal selbst im Streifendienst, das bleibt in den Köpfen“, gibt Bäuml zu bedenken.

Gewerkschafter: „Gewalt gegen Polizeibeamte immer mehr Normalität“

Diese Vorgehensweise ist so üblich – anders als bei Vorfällen, bei denen ein mögliches Fehlverhalten eines Beamten im Raum steht, etwa nach einer Schussabgabe. Dann übernimmt aus Neutralitätsgründen eine andere Polizeibehörde die Ermittlungen.


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Gegenüber der WAZ äußerte sich die Essener Gewerkschaft der Polizei (GdP). Jörg Brackmann, Chef der GdP-Kreisgruppe, sagte: „Die jüngsten Vorfälle in Kusel, Ratingen und nunmehr in Essen-Borbeck werfen erneut die Frage auf: Wie verroht ist unsere Gesellschaft? Polizisten, die den Schutz und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleisten sollen, werden immer häufiger Opfer brutalster Gewaltakte.“ Brackmann beklagt, dass Respekt und Achtung vor den Vertretern des Staates zunehmend verletzt würden, während Gewalt gegen Polizeibeamte immer mehr zur Normalität werde. Diese Gewalt gegenüber Polizistinnen und Polizisten dürfe nicht toleriert werden.