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Unregelmäßigkeiten beim Fördertopf für Ruhr.Visitorcenter

Unregelmäßigkeiten beim Fördertopf für Ruhr.Visitorcenter

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Foto: WAZFotoPool
2,3 Millionen Euro an Landesmitteln flossen für das Ruhr.Visitorcenter nach Duisburg. Die Stadt soll über ihre Tochter-Gesellschaften nach NRZ-Informationen fast eine halbe Million Euro zu viel aus dem Fördertopf geschöpft haben. Irrtum oder Vorsatz?

Duisburg. 

Als Jens Baganz zur Eröffnung des Visitor-Centers nach Duisburg kam, hatte er neben dem Dauerlächeln für die Kameras auch die Förderbescheide mitgebracht. Die Schreiben im Gepäck des Staatssekretärs aus dem NRW-Wirtschaftsministerium waren mehr als 2,3 Millionen Euro schwer. Es war der Beginn des Kulturhauptstadtjahres, es gab Sekt und Schnittchen in Duisburg.

Die Geschäftsführer der Duisburger Marketing-Gesellschaft, Karl Janssen und Uwe Gerste, bedankten sich mehrfach. Mit dem Geld aus dem Fördertopf lässt sich das Visitor-Center bis 2015 finanzieren. Was Baganz, der vier Monate später mit dem Regierungswechsel in NRW aus dem Amt schied, an diesem 19. Februar 2010 nicht wissen konnte: Die bewilligten Bescheide waren viel zu hoch ausgestellt.

Förderprogramme dürfen keine Gewinne erzielen

Wie sich zwei Jahre später herausstellt, soll die Stadt über ihre Tochter-Gesellschaften nach NRZ-Informationen fast eine halbe Million Euro zu viel aus dem Fördertopf geschöpft haben. Ein Mitarbeiter der NRZ war den Fördersummen bereits Ende des vergangenen Jahres auf der Spur gegangen. Er beantragte Akteneinsicht, die Stadt beugte sich dem Informationsfreiheitsgesetz. In den damals zur Verfügung gestellten Unterlagen ließ sich allerdings kaum etwas finden.

Dennoch: Erst dadurch entstanden auch bei den städtischen Rechnungsprüfern erste Zweifel. Die von der Stadtverwaltung unabhängige Kontrollinstanz, die allein dem Rat unterstellt ist, hatte die Mittelabrufe zwar bereits zuvor geprüft, allerdings nur auf formale Kriterien. Einen Monat später rollte sie den Fall schließlich komplett auf. Ruft eine Stadt zu viele Fördergelder ab, ist das keine Lappalie: Die Stadt und auch ihre Tochtergesellschaften dürfen aus Förderprogrammen keine Gewinne erzielen. Wer gegen die Regeln verstößt, muss im Zweifel die gesamten Gelder wieder zurückzahlen.

Selbstkritik rettete vor der Rückzahlung

Für Duisburg wäre das ein weiteres Fiasko: Das Visitor-Center könnte sofort dicht machen, weil sich die verschuldete Stadt eine solche Touristen-Information gar nicht leisten darf. So weit kam es am Ende nicht. Die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde sah von einer Rückzahlung aber nur ab, weil die Stadt selbst auf den Fehler hinwies.

Wie es überhaupt so weit kommen konnte, liegt an dem komplexen Konstrukt, wie die Stadt das Visitor-Center aus der Taufe hob und den Geldstrom aus Düsseldorf hat fließen lassen. Die Anlaufstelle für Touristen befindet sich im City-Palais, das im Kulturhauptstadtjahr noch der LEG gehörte.

Die Gebag machte durch Zwischenfinanzierungüber 140% Gewinn 

Betrieben wird es von der Duisburger Marketing-Gesellschaft (DMG), ausgebaut wurde es wiederum von der städtischen Baugesellschaft Gebag. Die Gebag hat die 181qm großen Räume für fünf Jahre von der LEG angemietet, für 18 Euro Monatsmiete und 7 Euro Nebenkosten pro Quadratmeter. Die DMG mietet die Räume wiederum von der Gebag, nach einem internen Bericht der Rechnungsprüfer für bis zu 45 Euro im Monat plus 13 Euro pro Quadratmeter Mietkosten.

Eingerechnet ist der Umbau, der mit 490.000 Euro angegeben ist, tatsächlich aber nur 290.000 Euro gekostet haben soll. Wie die Kontrolleure in ihrem Bericht festhalten, soll die Gebag durch die Zwischenfinanzierung Gewinne von mehr als 140 Prozent gemacht haben.

Stadt hat Angst um Ansehen bei Geldgebern

Und weil offenbar niemand genau nachrechnete, floss das Geld: Das Ministerium zahlte über die NRW-Bank an das Kulturdezernat, das zahlte an die DMG, die in jährlicher Vorauszahlung an die Gebag und die wiederum monatlich – mit Abstrichen – an die LEG. War alles nur ein Rechenfehler? Oder etwa Absicht? Es war ein Irrtum, halten die Rechnungsprüfer als Aussage der DMG und der Gebag fest: Mehrfach habe man umplanen müssen, der Zeitdruck sei hoch gewesen, die anfangs kalkulierte Miete einfach nicht mehr hinterfragt worden.

Das Geld, das die Stadt in den vergangenen beiden Jahren zu viel aus Düsseldorf abgerufen hat, wird jetzt mit den weiteren Auszahlungen verrechnet. Rein abbuchungstechnisch ist der Fall aus Sicht der Behörden damit erledigt. In der Politik indes bangt man um das Ansehen der Stadt vor den Geldgebern. Als der Bericht hinter verschlossenen Türen zur Sprache kam, kritisierten Ratsmitglieder einen derartig „fahrlässigen Umgang mit Fördermitteln“. Die städtischen Kontrolleure wurden gebeten, in solchen Fällen „keine Milde walten“ zulassen.