Am Samstag wurden im Filmforum Duisburg die fünf Preise vergeben. Der Förderpreis der Stadt Duisburg ging an Lin Sternal für das „Eismädchen“.
Duisburg.
Am Anfang der Preisverleihung der Duisburger Filmwoche stand der Appell des österreichischen Filmemachers Nikolaus Geyrhalter, sich der Petition „For a Thousand Lives: Be Human“ anzuschließen, mit der sich Filmschaffende vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise an die EU wenden: Sie fordern, die Würde der geflüchteten Menschen zu achten, ihnen legale Arbeit und Bildung und damit ein neues Leben zu ermöglichen.
„Ein sehr politisches Programm“ habe die Filmwoche geboten, sagte Festivalleiter Werner Ruzicka zum Auftakt der Preisverleihung, bei der fünf Auszeichnungen im Gesamtwert von 23 000 Euro vergeben wurden.
Profitmaximierung in der Textilbranche
Der 1972 in Wien geborene Geyrhalter erhielt den 3sat-Preis für seinen Film „Über die Jahre“. Zehn Jahre lang begleitete er sechs Angestellten einer geschlossenen Textilfabrik im ländlichen Waldviertel im Norden Österreichs.
Der 188-Minuten-Film bilanziere „auf respektvoll-zugewandte Weise einen Posten, der in der kühlen Kalkulation der Profitmaximierung ,Humankapital’ heißt. Er porträtiert Menschen, die sich nie in den Vordergrund stellen würden, und er bringt Leute zum Reden, die nicht wissen, was an ihren Routinen interessant sein sollte“, heißt es in der Begründung der Jury.
Publikumspreis für „Lampedusa im Winter“
In die seltsame Welt eines russischen Gurus und seinen meist jungen weiblichen Anhänger führt der Film „Zaplyv – Die Schwimmer“, für den die 1985 in Omsk geborene und in Berlin lebende Kristina Paulsen mit dem Arte-Preis ausgezeichnet wurde. Darin zeigt sie den ehemaligen Physiker Boris Zolotov als geistigen Führer, der seine Anhänger in Bade- und Tanzritualen anleitet. Ekaterina sucht in dieser Gemeinschaft Sinn und Halt. Es geht um Spiritualität und Glück. Der Preis sei ein guter Grundstein für ihr nächstes Projekt, freute sich die Preisträgerin. Darin wolle sie weiter ergründen, „was ein Mensch ist“.
Als „starken Frauenfilm“ lobte die Jury „Eismädchen“ von Lin Sternal, die mit dem Förderpreis der Stadt Duisburg ausgezeichnet wurde. Es ist der Abschlussfilm der 1987 in Berlin geborenen Filmemacherin, die an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert hat. Er zeigt die Beziehungen zwischen den Eiskunstläuferinnen Lisa, ihrer jüngeren Schwester Sophie und ihrer Mutter. Der Film beleuchte die andere Seite des Sports, so die Jury: „Vom Heranwachsen unter diesem enormen Druck, der die zwei Schwestern, weit mehr als dies unter Geschwistern gemeinhin üblich ist, zu latenten Konkurrentinnen macht und die Mutter als dritte des schicksalhaften Trios zur tragischen Vermittlerin bestimmt.“
Der NRW-Nachwuchspreis „Carte Blanche“ ging an Lisa Sperling für „Sag mir Mnemosyne“; darin begibt sie sich auf die Suche nach der Lebensgeschichte ihres Großonkels, der Ende der 50er Jahre Deutschland verließ und in Griechenland als Kameramann arbeitete. Um Flüchtlinge und Einheimische geht es in „Lampedusa im Winter“ von Jakob Brossmann, der den Publikumspreis erhielt.
Doxs!-Bilan: 3000 Besucher an fünf Spielorten
23 Filme, fünf Spielorte und knapp 3000 Besucher – das war „doxs!“, das Dokumentarfilmfestival für Kinder und Jugendliche, in Zahlen. „Im 14. Jahr des Festivals erweist sich das Ruhrgebiet als dokumentarisches Kraftwerk des Filmschaffens für Kinder und Jugendliche“ zieht Festivalleiterin Gudrun Sommer Bilanz. An den Spielstätten im Revier waren insgesamt 1600 Kinder und Jugendliche zu Gast, in Duisburg kamen 1300 Schüler zu den Vorführungen ins Filmforum.
Bei einem Besucherzuwachs von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr seien die Kapazitäten des Festivals bestmöglich ausgeschöpft worden. Zudem kamen 20 internationale Filmschaffende und Protagonisten nach Duisburg, um ihre Filme persönlich zu vertreten.
Stiftung unterstützt Filmprojekt an Förderschulen
Fortgesetzt wird die medienpädagogische Arbeit an Duisburger Förderschulen. Unterstützt von der Stiftung der Sparkasse startet „doxs!“ direkt nach dem Festival mit zwei Filmprojekten, die speziell auf die Wahrnehmung und Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf eingehen. Partner von „Ein Kino für alle!“ sind die Förderschule Eschenstraße (Schwerpunkt Lernen) sowie die Schule Am Rönsbergshof (Geistige Entwicklung).
Die „Jungen Filmbeschreiber“ gehen in die dritte Runde. An der Johanniterschule (Sehen) entwickeln Jugendliche eine Hörfilmfassung für den Dokumentarfilm „Nieuw“ von Eefje Blankevoort, der 2014 bei „doxs!“ ausgezeichnet wurde.