Essen, Trinken oder zur Toilette gehen. Es sind die absoluten Grundbedürfnisse für jeden von uns. Für Peer aus Dortmund sind es unlösbare Aufgaben. Der 27-Jährige leidet an Arthrogryposis multiplex congenita (AMC). Einer angeborenen Gelenksteife, die es dem Dortmunder unmöglich macht, sich ohne Rollstuhl fortzubewegen.
Seine Mutter Petra Bangel (64) kümmert sich seit seiner Geburt liebevoll um ihren Sohn. Gemeinsam leben die beiden schon seit 15 Jahren in einer 80-Quadratmeter Wohnung in Dortmund-Wickede. Die Familie hält zusammen trotz aller Herausforderungen, die ein Leben mit derartigen Beeinträchtigungen mit sich bringt. Doch jetzt ist den Dortmundern der Boden unter den Füßen weggezogen worden.
Dortmund: Familie droht Obdachlosigkeit
Denn Petra Bangel und ihr Sohn müssen raus aus ihrer Wohnung. Im September vergangenen Jahres hat der Eigentümer das Mehrfamilienhaus in Wickede verkauft. Nach Darstellung der Dortmunderin hätten die neuen Eigentümer den Zuschlag bekommen, weil sie zugesichert hätten, dass alle Mieter weiter in ihren Wohnungen bleiben können. „Einer der Vermieter kannte meinen Sohn sogar“, sagt Petra Bangel im Gespräch mit DER WESTEN. „Er hat vor dem Kauf mit meinen Sohn Zeit verbracht, ihn zum Fußball begleitet.“
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Mit der Zukunftsperspektive hatte die 64-Jährige begonnen, die Küche zu renovieren. Als Nächstes hatte sie sich den Bodenbelag vornehmen wollen, der schon 25 Jahre auf dem Buckel hat. Der elektrische Rollstuhl des Sohnes und einige Wasserschäden hätten ihre Spuren hinterlassen. Als wenige Tage nach dem Eigentümerwechsel plötzlich die Kündigung in den Briefkasten flatterte, fiel die Familie aus allen Wolken. Eigenbedarf, stand da als Begründung. Die Frist: gerade einmal drei Monate. An die mündliche Vereinbarung mit dem Voreigentümer habe man sich nicht mehr erinnern können. Schriftliche Beweise gibt es nicht. Ein gewaltiger Fehler, wie sich jetzt herausgestellt hat. „Aber wer rechnet auch mit sowas?“, fragt Petra Bangel verzweifelt.
Familie soll Hunde loswerden
Die Dortmunder sucht sich Hilfe beim Mieterschutzbund. Wegen einer Härtefallregelung erhält die Familie einen Aufschub bis Juni 2024. Doch die Vermieter lassen offenbar nicht locker. DER WESTEN liegen Dokumente vor, die belegen, mit welchen Mitteln sie Druck auf ihre Mieter ausüben. Anwaltliche Schreiben. Abmahnungen wegen angeblicher Verwahrlosung des Gartens, den Petra Bangel seit Jahren pflegt. Weder die Vermieter noch die eingeschaltete Anwaltskanzlei haben auf eine Anfrage von DER WESTEN reagiert, um die Hintergründe zu erläutern. Und dann ist da ja auch noch die Sache mit den Tieren.
„Ich habe vor Jahren Hunde angeschafft, damit ich überhaupt noch vor die Tür komme und ein paar soziale Kontakte am Tag habe“, erklärt die Dortmunderin. 3 betagte Vierbeiner leben jetzt in der gemeinsamen Wohnung. Ein weiterer Dorn im Auge der neuen Eigentümer. Nach mehrfachen Begehungen des Objekts, seien die Eigentümer laut einem anwaltlichen Schreiben zu dem Schluss gekommen, „dass kein hinreichender Platz für eine artgerechte Haltung der Tiere gegeben ist“. Außerdem seien es die Hunde, die den Boden zerstört hätten. Die Tiere sollten innerhalb von sechs Wochen verschwinden. Sonst würden mietrechtliche Konsequenzen folgen.
Über Ecken hat der Tierschutzverein „Arme Socken“ vom Schicksal der Dortmunder Familie erfahren. Presssprecher Bernd Pyritz hat sich selbst ein Bild vor Ort gemacht. Die Einschätzung der Eigentümer sei aus seiner Sicht nicht nachzuvollziehen. „Den Tieren geht es einfach bestens. Einfach so, wie man es sich wünscht für unsere Vierbeiner.“
Mutter bricht in Tränen aus
Petra Bangel geht all das an die Substanz. Ständig stünden die neuen Eigentümer vor der Tür. Würden nachfragen, wann sie endlich ausziehe. Fotos machen. „Die suchen nur irgendwie was, um mich unter Druck zu setzen, damit ich hier schnell ausziehe“, so die 64-Jährige, die im Gespräch mit DER WESTEN plötzlich in Tränen ausbricht. „Ich traue mich schon gar nicht mehr ohne die Hunde vor die Tür.“ Vor lauter Angst, den Vermietern in die Hände zu laufen. Petra Bangel möchte nur noch raus aus der Wohnung. Doch die Suche nach einer neuen Bleibe läuft mehr als holprig. Denn durch Peers Situation sei eine barrierefreie Wohnung (Erdgeschoss) unerlässlich. Außerdem müssten die Türrahmen mindestens 90 Zentimeter breit sein, damit der elektrische Rollstuhl durch passt.
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Der Tierschutzverein „Arme Socken“ versucht nun, die verzweifelte Familie bei der Wohnungssuche zu unterstützen. Gerne möchte Petra Bangel berufsbedingt im Umfeld Wickedes bleiben. Aber auch auf Unna oder Holzwickede würde die Familie ausweichen. Dazu zählt auch noch ein weiterer Sohn (29) aus erster Ehe, der ebenfalls in dem Mehrfamilienhaus wohnt und eine Kündigung erhalten hat. Du hast geeigneten Wohnraum für die Familie (Warmmiete nicht mehr als 1.400 Euro)? Dann melde dich doch bei Bernd Pyritz unter der Nummer 0157-75759922 oder schau dir die Spendenaktion von „Arme Socken“ an.