Bei den aktuellen Wahlen zum Studierendenparlament ist der Andrang der Wähler wie immer gering
Weidenau.
Die Siegener Studierendenschaft darf wieder wählen. In dieser Woche werden das Studierendenparlament und die Fachschaftsräte via Stimmzettel bestimmt. Obwohl die Campus überquellen vor Wahlplakaten, scheint sich dennoch nur ein kleiner Teil wirklich für die Wahlen zu interessieren. Und das, obwohl die Studierenden die Chance haben, direkten demokratischen Einfluss auf die studentische Selbstverwaltung auszuüben. Das ist kein kleiner Verein von Politiknerds, immerhin setzt sich aus dem Studierendenparlament der AStA zusammen, der in der nächsten Legislatur die Verwaltung von rund 380 000 Euro übernimmt. Dieses Geld kommt aus der Tasche der Studierenden der Uni Siegen. Jede Studentin und jeder Student zahlt pro Semester 10 Euro mit seinen Studienbeiträgen, um die studentische Selbstverwaltung zu ermöglichen.
Ein System, das keiner versteht
Trotzdem ist die Wahlbeteiligung in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen und stagniert bei zuletzt 7,35 Prozent. Zu wenig, um ein klares Mandat an die Abgeordneten im StuPa zu übermitteln. Das führt zu einer – zumindest subjektiv wahrgenommen – schwachen Stellung der Studierendenschaft gegenüber der Hochschulverwaltung. Man möchte meinen, dass dieser Umstand die hochschulpolitischen Listen dazu animiert, mehr für die politische Grundlagenarbeit zu leisten und vor allem den Nichtwählern das zugegebenermaßen komplizierte Netz der Hochschulpolitik näher zu bringen.
Bei all dem reicht es nicht aus, eine höhere Wahlbeteiligung herbeizuwünschen, um mehr Gehör bei der Verwaltung der Uni Siegen zu finden. Und auch die oft gehörte Erklärung, die Bologna Reform und das dadurch entstandene Durchlaufstudium sei schuld, zieht nicht. Plausibler erscheint es, dass die Studierendenschaft nicht versteht, wen oder was sie wählen. Dabei kann gerade das so einfach sein.
Wenn die Uni Siegen die BRD wäre, dann sind die Fachschaftsräte die Landesregierungen und das Studierendenparlament der Bundestag. Entsprechend wäre der AStA die Regierung. Nun mag dem ein oder anderen Hochschulpolitiker diese Erklärung zu vage sein und man vermisst beispielsweise den Senat in diesem Gleichnis, doch diese simple Erklärung verdeutlicht zumindest die Reichweite der Stimmzettel. Nach einer solchen Idee sucht man in den Wahlprogrammen der Listen jedoch vergeblich.
Kreative Wahlversprechen
Stattdessen sind die Wahlprogramme, wie in jedem Jahr, eine Mischung aus altbewährten plakativen Forderungen, wie etwa der Einführung einer All-in-One-Card für Studierende, deren Einführung schon seit einiger Zeit von der Verwaltung geprüft wird. Das ganze geschieht übrigens unter Ausschluss des Studierendenparlaments, das bereits seit Jahren diese Karte fordert. Innovation sucht man in den Wahlprogrammen vergeblich und findet sie nur da, wo ein Studierendenparlament wenig Einfluss hat. Zum Beispiel bei der Forderung die Nachtbusse bereits ab Mittwoch fahren zu lassen.
Ein weiterer zentraler Punkt der Forderungen vieler hochschulpolitischer Listen ist das Thema der Barrierefreiheit an der Uni. Hier müssen sich aber vor allem die den AStA stellenden Listen den Vorwurf gefallen lassen, nicht rechtzeitig an die Verwaltung herangetreten zu sein und nicht durch Druck und Penetranz der Verwaltung über die Schulter geschaut zu haben. Bei der Planung des Campus Siegen wäre die Möglichkeit gegeben gewesen. Schlechte Voraussetzungen für die geplante Kernsanierung des Adolf-Reichwein-Campus im nächsten Jahr.
Keine Lösung in Sicht
Und doch wird der Ball wieder fortgespielt. Statt sich um Analyse und Lösung des geringen Interesses der Studierenden zu bemühen, wünscht man sich eine „starke Verfasste Studierendenschaft“, so wie die Gesamtlinke Liste und ihr Kandidat Mark Szau. Doch kann diese nicht aus dem Nichts geschaffen werden. Es gilt, ähnlich wie in der großen Politik, das Vertrauen der Wähler wiederherzustellen und mit diesem Vertrauen im Hintergrund eine starke Vertretung der Studierendenschaft zu formieren.
Etwas anders sieht das jedoch die Junge Union. Ihr ist schon seit einiger Zeit die Aufwandsentschädigung der AStA-Referenten ein Dorn im Auge. Um diese Belastung des Haushaltes von mehr als 30 Prozent der Gesamtausgaben zu senken, fordern sie unter anderem, das Referat für politische Bildung abzuschaffen, da es „seinem Gesamtpolitischen Bildungsauftrag nicht nachkommt.“ So sieht es Jedenfalls Mike Brach, der für die Junge Union antritt.
Fehlende Wahlbeteiligung
Zumindest in diesem Punkt wird deutlich, dass es trotz aller Gleichheit bei vielen Themen eine politische Auseinandersetzung der Listen gibt. Und so kann auch diese Wahl eine richtungsgebende werden. Die Frage lautet nur, wie viele Studierende sich an dieser beteiligen. Dabei ist doch politische Aktivität der Grundgedanke des Studiums. Dazu gehört auch, die Möglichkeit zur politischen Mitgestaltung der eigenen Umwelt wahrzunehmen. Der einfachste Weg dies zu tun, ist noch in dieser Woche mit dem Wählen anzufangen und die Menschen kennenzulernen, die uns Studenten im nächsten Jahr vertreten wollen.
Satire-Partei ohne Wahlprogramm: Interview mit Jacob Pfeifer, „Siegen Asozial“
1. Siegen Asozial hat kein Wahlprogramm und keine einsehbaren Ziele. Seht ihr euch als Satiregruppe oder als ernsthafte politische Liste?
Wir sind beides. Wir versuchen satirisch Wahlkampf zu machen, damit die ganzen Idioten uns wählen und machen dann die ernsthafteste Arbeit im StuPa. Wir haben in der Vergangenheit auch immer darauf verzichtet ein Wahlprogramm zu verfassen, weil es langweilig ist und es keine Sau liest. In diesem Jahr haben wir aber zumindest mal aufgeschrieben, warum die anderen Listen doof sind. Die benutzen ja auch nur Plattitüden in ihren Programmen.
2. Wenn ihr gezwungen wärt ein Programm zu entwerfen: Was wäre euch wichtig?
Das Studierendenparlament und vor allem der AStA müssen sich wieder vermehrt um die Basis kümmern. Die Studierendeninitiativen und Autonomen Referate müssen gezielt angesprochen werden und man muss in Erfahrung bringen, wo diese Hilfe und Unterstützung brauchen können. Die verfasste Studierendenschaft ist auf eine starke Basis angewiesen und die wurde bislang einfach ignoriert. Das in der letzten Legislatur gegründete Referat für interne Kommunikation sollte genau das leisten, war aber auch eher eine Totgeburt.
3. Ihr habt bereits zu erkennen gegeben, dass ihr die Wahl anfechten wollt. Was sind die Gründe dafür?
Es gibt gleich mehrere Gründe dafür. Was uns am meisten aufstößt, ist, dass der Wahlzettel doppelseitig bedruckt ist. Auf der zweiten Seite sind die Listen der LHG und von Siegen Asozial abgedruckt. Dadurch sehen wir uns und auch die LHG im Nachteil. Auch wenn die Wahlhelfer auf diesen Umstand hinweisen wollen, bleibt die Frage, ob das auch so gemacht wird. Auf dem Wahlzettel selbst fehlt der Hinweis, dass man diesen wenden kann. Außerdem gibt es keine Möglichkeit, den Wahlzettel so zu falten, dass man seine Stimmabgabe verdecken kann. Hätte man eine geringere Schriftgröße gewählt, dann hätten alle Listen problemlos auf eine Seite gepasst. Das hat bisher zumindest immer funktioniert.