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Prozesstag vier im Fall des Uni-Vergewaltigers – Sachverständiger: Das Opfer hätte sterben können

Prozesstag vier im Fall des Uni-Vergewaltigers – Sachverständiger: Das Opfer hätte sterben können

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Volker Talarowski verhandelt als Vorsitzender Richter den Prozess gegen Ziyad K., der angeklagt ist, in Bochum zwei Studentinnen vergewaltigt zu haben. Foto: Jürgen von Polier
  • Am vierten Prozesstag hat der Sachverständige Dr. Andreas Freislederer ausgesagt
  • Er erklärt, dass die vergewaltigte 21-Jährige hätte sterben können
  • Sie wurde unter anderem offenbar mit einem Schnürsenkel gewürgt, der am Tatort gefunden worden ist

Bochum. 

„Komm‘ sofort zu mir. Kannst du mich hören? Ich war unterwegs. Kannst du mich suchen? Kannst du sofort kommen? Es ist etwas passiert. Kannst du sofort kommen, ich war unterwegs. Mir wurde etwas von einem Menschen angetan. Komm‘ schnell zu mir.“

So lauten aus dem Chinesischen übersetzt die Sprachnachrichten, die die 21-jährige Studentin ihrer Freundin schickte, kurz nachdem sie zum ersten Opfer des Bochumer Uni-Vergewaltigers wurde. Sie wurden am vierten Prozesstag am Bochumer Landgericht vom Dolmetscher der jungen Frau übersetzt.

Die schrecklichen Erinnerungen blockieren sie – aber Richter Talarowski bleibt warmherzig

Noch einmal muss die junge Frau Fragen zum Ablauf der Tat beantworten, die Richter Volker Talarowski ihr stellt. Sie schweigt plötzlich über einen Zeitraum von etwa zehn Sekungen – wirkt emotional blockiert. Aber Talarowski ist geduldig. Er redet sehr warmherzig mit ihr. Gibt ihr jede Zeit, die sie braucht, um die nötige Kraft aufzubringen, diese Erinnerungen abrufen zu können.

Und so stark, wie sie sich vorher schon gezeigt hat, zeigt sie sich erneut. Sie überwindet die Blockade und beantwortet alle Fragen. Dann verlassen sie und ihre Freundin den Saal – verabschieden sich von ihrem Dolmetscher, der sich tief vor der 21-Jährigen verbeugt.

Während ein Sachverständiger sagt, dass das Opfer hätte sterben können, schläft der Sohn des Angeklagten im Saal

Zum ersten Mal nach der Hauptverhandlung ist auch die Ehefrau des Angeklagten Ziyad K. wieder zum Prozess gekommen. Sie hat ihre Söhne (5 und 9) mitgebracht, die sie mit dem Angeklagten Ziyad K. hat. Sie werden nicht wissen, was hier gerade passiert. Während der Verhandlung schläft der jüngere der beiden. Kuschelt sich schnarchend in den Arm der Mutter.

Während der Junge tief schläft, erklärt der Sachverständige Dr. Andreas Freislederer, dass die 21-Jährige hätte sterben können, als sie mit Schwitzkasten und Schlinge gewürgt wurde. „Komprimierende Gewalteinwirkung“ nennt er das. Ein potenziell lebensgefährlicher Angriff. Denn das Blut kann nicht ausreichend aus dem Kopf abfließen. Die Folge kann Herzstillstand sein.

„Es hätte auch anders ausgehen können“

Der Rechtsmediziner von der Universität Duisburg-Essen sagt: „In dieser ganz massiven Form ist es ein Glücksfall, dass es so ausgegangen ist. Es hätte auch anders ausgehen können.“

„Was hätte hinzutreten müssen, dass Sie sagen, es hätte ganz konkret lebensbedrohlich werden können?“, lautet die Frage von Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann jetzt. „Bewusstlosigkeit“, antwortet Freislederer. Bachmann: „Sie hat ja gesagt, dass ihr schwarz vor Augen geworden ist.“ Darauf sagt Freislederer: „Man muss das als dynamisches Geschehen sehen. Schwarz vor Augen und dann kam wieder Blut ins Gehirn. Das ist ein Anfangspunkt des Bewusstloswerdens. Aber das konnte noch abgewendet werden.“

Nach dieser Aussage werden Polizisten gehört, die die Spuren am Tatort gesichert haben. Sie berichten, dass nicht nur ein in drei Teile zerbrochener Stock gefunden wurde, mit dem die Studentin offenbar geschlagen worden war. Sondern auch ein 1,05 Meter langer Schnürsenkel, durch den sie hätte sterben können.

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