- Massenweise Besucher verlassen Musical „Les Misérables“ im Ruhrcongress Bochum
- Viele fordern ihr Geld zurück, Medien werden informiert, Anwälte eingeschaltet
- Was ist da passiert?
Bochum.
Gäste wütend, Mitarbeiter angeschrien, eine Gruppe voller enttäuschter Besucher bei Facebook. Was war da los im Bochumer Ruhrcongress?
Eigentlich hat alles ganz normal begonnen.
Original? Fehlanzeige.
Es ist Dienstagabend und etwa 1800 Besucher warten im Ruhrcongress auf die Vorführung des bekannten Erfolgsmusicals „Les Misérables“.
Was offensichtlich viele von ihnen zu diesem Zeitpunkt nicht wissen – hier wird an diesem Abend nicht das bekannte Stück von Claude-Michel Schönberg gespielt, das in London große Erfolge feiert.
Besucher verlassen den Saal – während der Vorstellung
Hier wird eine Neuinszenierung aufgeführt. Gespielt von der Deutschen Musical Company aus Köln. Sie ähnelt grob dem Original und spielt auch zur Zeit der französischen Revolution – Zuschauer sagen aber, es fühle sich an, als seien die Teile des Originals wild neu zusammengefügt worden.
Im Laufe des Abends verlassen dann immer mehr Besucher den Saal. Viele fordern ihr Geld zurück.
Facebook-Gruppe für Enttäuschte
Auch eine Facebook-Gruppe namens „Forum für enttäuschte Besucher der sogenannten „Les Miserables“ Tour“ wird gegründet.
Ein Blick in die Gruppe und es wird klar: Hier fühlen sich nicht nur Besucher der Bochumer Veranstaltung betrogen. Unter anderem betroffen: Zuschauer der Shows in Frankfurt und Hamburg. Nutzer schreiben, sie hätten Anzeige wegen arglistiger Täuschung erstattet.
Ruhrcongress will nichts damit zu tun haben
Der Ruhrcongress in Bochum will mit dieser Situation nichts zu tun haben. Die Mitarbeiterin am Telefon will nicht genannt werden. Sie wirkt aber erschöpft und genervt von dem Thema. Ja, Besucher hätten die Veranstaltung verlassen, zur Pause sei das auch gehäufter der Fall gewesen.
Aber insgesamt möchte man mit der Diskussion wirklich nichts zu tun haben. Auch eine Erstattung des Geldes sei nicht Sache des Ruhrcongress, sondern des Veranstalters. Gleichwohl wolle man mit dem Veranstalter des Musicals aber weiter zusammenarbeiten.
Veranstalter fühlt sich „schuldfrei“
Veranstalter des Musicals ist die „Highlight Concerts GmbH“ mit Sitz in Kiel. Dort sieht man die Schuld nicht bei sich. „Ich fühle mich schuldfrei“, sagt Ulrich Gerhartz, Generalbevollmächtigter der Firma.
„Die Leute haben eine falsche Erwartungshaltung“, sagt er. „Die lesen nur Les Misérables, gehen davon aus, dass es das Original ist und dann passiert es, dass sie enttäuscht sind.“
„Verantwortung bei den Besuchern“
Gerhartz sagt, es tue ihm zwar leid, er habe nicht mit solchen Reaktionen gerechnet. Eine Mitarbeiterin sei sogar von Gästen in Bochum angeschrien worden.
Er sieht die Verantwortung aber bei den Besuchern und macht auch keine Hoffnung auf eine Erstattung des Geldes: „Warum soll ich Geld zurückzahlen, wenn die Leute sich nicht informieren? Es gab reichlich Gelegenheit, herauszufinden, ob es das Original ist oder nicht“. Durchschnittlich kosten die Karten etwa 50 Euro.
„Ich hätte mich auf der Homepage erkundigt“
Außerdem stehe auf fast jeder Eintrittskarte M / B Hilsberg, Potocki. M / B stehe dabei für Musik und Buch. „Wer das sieht, sollte sich mindestens mal fragen, was das heißt. Ich hätte mich zumindest auf der Homepage der Halle erkundigt“, sagt Veranstalter Gerhartz.
Er fragt außerdem: „Welches weltbekannte Musical macht denn Tagestourneen? Da würde ich mich schon fragen, wie kann das sein?“ Jedem Musicalfan sei das klar.
„Das raucht einmal und dann kommt gar nichts“
In Bochum hätten zwischen 300 und 400 Besucher den Saal verlassen, sagt er. Über Anzeigen mache er sich aber keine Gedanken. „Das raucht einmal und dann kommt gar nichts.“
Von den „200 Leuten, die in Frankfurt den Saal verlassen haben“, hätten sich schließlich auch nur acht per E-Mail gemeldet. „Ich habe keine Probleme. Mal ist man Hund, mal ist man Baum“, sagt er.
Das sagt ein Besucher zur Veranstaltung in Bochum
Diese Art des Umgangs mit der Thematik kann Dr. Uwe Rehwald nicht nachvollziehen. Der in Bochum niedergelassene Radiologe hat die Vorstellung mit Frau, Tochter und deren Freund besucht. Er fühlt sich betrogen. „Ich fand’s schlimm. Was da gemacht wurde, war eine Katastrophe.“
Nicht, weil die Musik schlecht gewesen wäre, „technisch war das ok“, sagt er. Aber weil er für die Original-Musik gekommen sei – die dann nicht gespielt wurde. Auch er und seine Familie hätten die Vorstellung in der Pause verlassen.
„Dann hätte ich die Karten nicht gekauft“
Das Argument, dass weltbekannte Musicals nicht jeden Tag einen anderen Standort hätten, lässt er nicht gelten. „Über eine Aufführung pro Tag habe ich gar nicht nachgedacht. Ich wusste nicht, dass es vorher in Frankfurt war.
Rehwald findet, dass das Stück nicht unter dem Titel „Les Misérables“ hätte laufen dürfen. Denn eigentlich heißt ein Namenszusatz des Stückes „Barricade“. Es habe heißen müssen „Barricade – in Anlehnung an Les Misérables“. „Dann hätte ich die Karten auch nicht gekauft.
Auch Rehwald überlegt, rechtliche Schritte einzuleiten.
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