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Wie die Karriere von WWE-Superstar Cesaro in einer Essener Disco begann

Wrestling-Star Cesaro teilte einst in Essener Disco aus

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Am 23.05.2014 findet in der Oberhausener Arena ein von der WWE (world wrestling entertainment) veranstalteter Wrestling-Abend statt. WWE vereint die Stars von Smackdown und RAW. Das Beste aus beiden Kadern wird in Oberhausen präsentiert. Im Bild: der Kampf Cesaro (kurze Haare) gegen Sheamus (rote Haare). Foto: Matthias Graben / WAZ-FotoPool Foto: Matthias Graben
Antonio Cesaro (33) ist einer der Top-Stars des Wrestling-Verbandes „WWE“. Der Schweizer stand zuletzt vor 75.000 Fans in New Orleans im Ring. Doch seine Karriere begann an einem Weihnachtsabend in einer kleinen Diskothek in Essen – mit zwölf Zuschauern. Am Freitag kehrte er zurück ins Ruhrgebiet. Ein Interview.

Oberhausen. 

Antonio Cesaro (33) hat gut lachen: Der Mann packt sich mit Vorliebe die Füße seiner Gegner und wirbelt diese wie Windmühlenflügel durch den Ring. Dies hat dem Schweizer den handfesten Beinamen „King of Swing“ gegeben. Auch am Freitagabend durfte er in der König-Pilsener-Arena in Oberhausen vor 7500 Fans wieder wirbeln. Der Hüne löst mit solchen Fisimatenten Jubelstürme aus, obwohl er laut Drehbuch eigentlich der Bösewicht ist. Ein Theaterstück mit fliegenden Männern!

Unerschütterlich in kurzen Hosen

Cesaro (knapp zwei Meter groß, 105 Kilogramm) ist Wrestler, betreibt jene Mischung aus viel Show und sportlicher Athletik, und gehört in den USA zu den ganz großen Namen der Ring-Seifenoper des Marktführers World Wrestling Entertainment (WWE).

Vor einigen Wochen stand der Mann, der bürgerlich Claudio Castagnoli heißt, im Superdome von New Orleans beim Spektakel „Wrestlemania 30“ vor 75.000 Menschen. Doch der Ursprung seiner Karriere liegt im Ruhrgebiet. Im Interview spricht er über die Rolle des „bösen Schweizers“, Entspannung bei einer Döner-Mahlzeit und unerschütterliches Selbstbewusstsein in kurzen Hosen.

Wrestler stehen für klare Ansagen. Wem würden Sie gerne mal die Meinung geigen?
Antonio Cesaro: Eine gute Frage! (überlegt) Die Leute sollten in den sozialen Netzwerke nur das schreiben, was sie dem anderen auch ins Gesicht sagen würden. Es sollte ein besseres Bewusstsein dafür entstehen, was geschrieben wird.

Sie sind in den USA ein Superstar, aber Ihre Wrestling-Karriere begann vor 14 Jahren im Ruhrgebiet. Woran erinnern Sie sich?
Cesaro: Heute sitze ich auf einer schicken Leder-Couch. Meinen ersten Kampf hatte ich aber am Weihnachtsabend in der Diskothek Roxy in Essen. Und zwar vor ziemlich genau zwölf Zuschauern. Wir haben uns auf dem Fußboden umgezogen. Das war alles noch etwas anders. (lacht)

Der kleine Independent-Verband von damals, Westside Xtreme Wrestling (WXW), stammt aus Oberhausen. Nun treten Sie in dieser Stadt für das weltgrößte Wrestling-Unternehmen „WWE“ auf. Schließt sich so ein Kreis?
Cesaro: Das stimmt! Auch die WXW hat mittlerweile bis zu 1000 Zuschauer. Der Verband macht sich sehr gut. Es ist interessant zu sehen, wie im Laufe der Zeit ich mich entwickelt, aber auch sie sich gemausert haben. Ich bin sehr dankbar, dass ich früher vor zwölf Leuten gekämpft habe. Dass ich noch genau weiß, wie es damals war.

Wann haben Sie gemerkt, dass Sie in den Ring gehören?
Cesaro: Ich habe Wrestling regelmäßig im Fernsehen verfolgt. Ich war immer schon sehr sportlich und bekam irgendwann die Möglichkeit, Wrestling selbst zu trainieren. Das alles hat sich immer weiterentwickelt. Und: Heute trainiere ich fünf Mal in der Woche. Man muss eine gute Portion Ehrgeiz und Können besitzen und sollte ein guter Unterhalter sein. Wichtig ist, dass du Selbstbewusst bist, wenn du mit einer so kurzen Hose in den Ring steigst.

Wie haben Ihre Freunde reagiert?
Cesaro: Erst waren einige skeptisch, dann fanden es viele cool. Ich habe mit alten Freunden in der Schweiz immer noch Kontakt. Als ich kürzlich mit Hulk Hogan zu sehen war, kamen direkt die SMS aus der Heimat.

Haben die Amerikaner eigentlich auf einen Schweizer gewartet?
Cesaro: Es ist beim Wrestling wichtig, dass man viele verschiedene Charaktere hat. Man muss anders sein. Also kam ich als der böse Schweizer vorbei. Man ist immer gleich der Bösewicht, wenn man nicht aus Amerika kommt. Das macht aber auch Spaß. Sie haben gesehen, dass ich ehrgeizig bin und dazu bereit, harte Arbeit zu leisten.

War es für Sie ein Kulturschock, aus dem beschaulichen Luzern in die Staaten zu wechseln?
Cesaro: Die Schweiz und USA könnten nicht unterschiedlicher sein. Das fängt schon bei den Entfernungen an. Wenn du hier 15 Minuten mit dem Auto fahren musst, ist das weit. In Amerika ist das eher eine Kurzstrecke. Die Distanzen sind viel größer.

Haben die Europäer Wrestling wirklich verstanden?
Cesaro: Es gibt auch in den Staaten Leute, die nicht unbedingt wissen, was Wrestling ist. Wrestling hat in den USA eine lange Tradition, aber das ist in Deutschland auch so, nur eben anders. Die WWE ist heute Unterhaltung für die ganze Familie. Es gibt immer gewisse Vorbehalte. Man sollte sich die Show anschauen, um zu sehen, was das Spektakel ausmacht.

Sehen die Leute auf der Straße in Ihnen den Privatmann oder den Wrestler?
Cesaro: Es ist das, was uns von Schauspielern unterscheidet. Wenn du Arnold Schwarzenegger auf der Straße triffst, dann triffst du nicht den Terminator. Bei uns trifft man immer den Charakter, die Leute treffen Cesaro. So werde ich auch meistens angesprochen. Da geht die Arbeit über den Ring hinaus.

Haben Sie sich in Ihrem engsten Privatleben schon mal selbst ertappt, dass Sie plötzlich die Züge Ihres Charakters angenommen haben?
Cesaro: Nein, im Ring bin ich die Privatperson mal hundert, mal tausend. Mich musste außerhalb des Rings noch keiner ermahnen. (lacht) Ich kann das gut unterscheiden.

Was haben Sie sich aus Ihrer Heimat mit in die USA gerettet?
Cesaro: Ich höre mir gerne deutschsprachige Musik an. Zur Vorbereitung höre ich Musik von „Eko Fresh“, der ein Freund von mir ist. „Rammstein“ sind auch gut vor einem Match. Aber ich mag auch älteren deutschen Hip-Hop von „Fettes Brot“ oder den „Fantastischen Vier“. Mit dieser Musik bin ich aufgewachsen.

Zuletzt hat man Ihnen Sympathien für Schlagersängerin Helene Fischer angedichtet. Würden Sie sich auch eine Show von Fischers Partner Florian Silbereisen anschauen?
Cesaro: (lacht) Warum nicht! Bei unserem Zeitplan habe ich aber kaum eine Chance, Fernsehen zu gucken. Und in den Staaten bekommen ich leider keine deutschen Sender zu sehen. Aber ich mag das eigentlich – auch gerne Stefan Raab.

Wie wäre Ihr Tag in Oberhausen verlaufen, wenn nicht ein Termin den nächsten gejagt hätte?
Cesaro: Ich hätte mir einen guten Döner Kebab gekauft und wäre durch die Stadt gelaufen. Das habe ich früher schon immer gemacht. Die Sonne und die Umgebung genießen, das ist die beste Entspannung.