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Tour-Skandal um den Mann in Gelb

Tour-Skandal um den Mann in Gelb

Mont Ventoux. 

Das gelbe Trikot läuft den Berg hoch. So etwas hat man bei einer Tour de France noch nicht gesehen. Der Brite, der diese 12. Etappe der Tour de France bis etwa zwei Kilometer vor dem Ziel sportlich dominiert hatte, verschwand plötzlich in einem Pulk von Zuschauern. Mit ihm der Niederländer Bauke Mollema und der Australier Richie Porte.

Fehler der Organisatoren

Als sich der Trubel etwas gelegt hatte, war nur noch Mollema auf dem Rad. Froome und Porte hingegen standen unsicher auf ihren Füßen. Alle drei waren durch ein Begleitmotorrad zu Fall gekommen. Das Motorrad musste wegen einer Menschenmenge anhalten. Tourorganisator ASO hatte die Etappe wegen starker Winde auf dem Mont Ventoux kurzfristig um sechs Kilometer verkürzt. Offenbar reichte die Zeit nicht mehr, genug Absperrungen vom Gipfel herunterzutransportieren.

Während es nach dem Ziel noch mehrere Kilometer Metallzäune gab, fehlten sie auf der aktuellen Tourstrecke, um die wie entfesselt jubelnden Fans im Zaum zu halten. Ein Fehler der Organisatoren.

Während sich Mollema in all diesem Chaos sein Rad nehmen konnte und so schnell wie möglich dem Ziel entgegeneilte, blickte Froome nur auf ein zerbrochenes Arbeitsgerät. „Das Motorrad hinter uns fuhr drüber und zerbrach es dabei. Ich dachte: ,Ich habe kein Rad mehr!’ Und ich wusste, dass der Begleitwagen mit einem Ersatzrad fünf Minuten hinter uns war. Und deshalb fing ich an zu rennen“, beschrieb Froome die Situation.

Wie einst Landsmann Sebastian Coe bewegte sich der Brite nicht fort. Weder so schnell war er noch so elegant. Aber er baute wenigstens etwas Adrenalin ab. Nach einiger Zeit schloss der neutrale Materialwagen zu ihm auf, überreichte ein neues Rad. In schönstem gelb immerhin, aber viel zu klein. Nur einige Meter konnte Froome auf diesem Rad vorwärts kommen. Von hinten nahte nun der Materialwagen von Sky. Ab der 400m-Marke konnte Froome auf seinem Zweitrad die Etappe beenden.

Dort hatte er sechs Minuten und 45 Sekunden Rückstand auf den Tagessieger Thomas de Gendt. Der Belgier hatte sich aus einer Ausreißergruppe heraus durchgesetzt. Froome kam allerdings auch 1:21 Minuten hinter seinem wichtigsten Rivalen Nairo Quintana an. Und den hatte er doch schon abgehängt. Vor dem Sturz. In einem prächtigen Bergduell. Dann passierte der Unfall. „Das ist Pech, aber solche Dinge passieren“, meinte trocken der Spanier Alejandro Valverde, der seinen Kapitän Quintana an der Unfallstelle vorbeiführte.

Sturzregel umstritten

Die Jury allerdings machte sich nicht die Meinung Valverdes zu eigen. Sie entschied, Froome und Porte die Zeit von Mollema zu geben, des Fluchtgefährten also, der noch am besten aus dem Zusammenstoß herausgekommen war.

Eine saubere rechtliche Deckung gibt es für die Entscheidung nicht. Zwar gibt es die Sturzregel, bei der ab drei Kilometer vor dem Ende alle Fahrer mit der Zeit der Gruppe gewertet werden, in der sie zu diesem Zeitpunkt waren. Diese Regel gilt aber nur für Sprintetappen, nicht für den Aufstieg zum Mont Ventoux.

Das Rennen geht heute mit dem Einzelzeitfahren zwischen Bourg-Saint-Andeol und La Caverne du Pont-d’Arc weiter. Froome kann die Tour endgültig entscheiden. Zugunsten der Spannung war die Entscheidung der Jury also nicht.