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Warum die Schickeria Neuer ablehnt

Warum die Schickeria Neuer ablehnt

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Schalke-Torwart Manuel Neuer wird in München weiterhin Gegenwind aus der Südkurve um sein womöglich künftiges Tor wehen. Henning Tidelski von der „Schickeria“ erklärt die Ablehnung durch die Fans und was Neuer machen muss, um Akzeptanz zu finden.

Am 32. Spieltag wird Manuel Neuer mit seinen Schalkern in München zu Gast sein. Daran, dass er die darauffolgenden Spiele in der Allianz-Arena im Bayern-Trikot das Tor hüten wird, bestehen kaum noch Zweifel. Zur neuen Saison dürfte Neuer, der in 20 Jahren Vereinszugehörigkeit zur Identifikationsfigur Nummer eins des FC Schalke 04 geworden ist, ein Münchner sein. Doch bis er einer von „ihnen“ wird, von den Fans, bis er in München angekommen sein wird, könnte es noch eine ganze Weile länger dauern.

Der Empfang der Südkurve, als er beim Pokal-Halbfinale mit tausenden von „Koan Neuer“-Plakaten begrüßt wurde, wird Manuel Neuer noch im Kopf sein. Ähnliches droht dem Nationaltorwart auch für das Bundesliga-Spiel am 30. April. Das zumindest kündigt Henning Tidelski vom Münchner Fanclub „Schickeria“ an: „Es wird sicher einen Nachruf aus der Kurve geben. Der wird aber anders ausfallen, als der Protest im Pokalspiel. Konkret ist noch nichts geplant. Ich denke nicht, dass es ein sehr warmes Willkommen für ihn geben wird, sagt Tidelski.

Argumente contra Neuer haben sich geändert

Die Argumentation der Schickeria für ihre Anti-Neuer-Haltung hat sich gewandelt. Bislang wurde der 25-Jährige als „Hardcore-Schalker, der immer in der Kurve stand“ abgelehnt. Eigentlich sei es, so Tidelski, ja „wünschenswert, wenn ein Spieler so intensiv seinen Verein lebt.“ Allerdings müsse man sich dann auch daran messen lassen. Wenn jemand auf seiner Homepage mit Aussagen wie „Heimat ist das, wo man herkommt“ oder „Nationalität: Schalke“ sein Bild zeichne, limitiere er sich natürlich in der Publikumsgunst auf einen, auf „seinen“ Verein. „Hinzu kamen in der Vergangenheit auch diese kleinen Spielchen: Mit der Trinkflasche beim Gang in Richtung Kurve ein bisschen provokant herumspritzen, oder natürlich die Anspielung auf Oliver Kahn beim Jubel an der Eckfahne“, erläutert der Bayern-Fan. Neuer habe sich nicht diplomatisch verhalten.

Seit der Pressekonferenz am Mittwoch, auf der Neuer unter Tränen verkündete, dass er seinen bis 2012 laufenden Vertrag nicht verlängern werde, habe sich das Bild geändert. Jetzt wirft die Schickeria – wie viele Schalker Anhänger auch – dem Keeper vor, Fan-Ideale verraten zu haben. „Wenn er nach so langer Zeit wechselt, hätte er sich einen anderen Verein suchen sollen. Wie Raúl zum Beispiel: Der hat ja bei seinem Weggang von Real Madrid auch gesagt, er könnte niemals bei einem anderen spanischen Verein spielen“, sagt Tidelski.

Kein Zweifel an fußballerischer Qualität

An den fußballerischen Qualitäten, fernab der Vereins- und Fandiskussionen, lässt hingegen auch Tidelski keinen Zweifel: „Wenn man die Fanidentität ausklammert, muss man sagen, er ist natürlich ein Super-Torwart.“ Allerdings sei neuer auch nicht allen anderen Torhütern so meilenweit voraus, wie es oft dargestellt würde. Zudem habe man in Person von Thomas Kraft einen sehr guten eigenen Nachwuchs-Torwart: „Hätten wir ihn so aufgebaut, wie Schalke Neuer, könnten wir uns die 20 Millionen sparen und lieber einen Innenverteidiger kaufen“, so Tidelski. Als sonstige Alternative zu Neuer seien Hugo Lloris (Olympique Lyon) oder auch René Adler von Bayer Leverkusen denkbar gewesen. „Wir wollen in der Transferpolitik nichts bestimmen, aber in krassen Ausnahmefällen sprechen wir uns schon ein moralisches Veto recht zu, sagt Tidelski.

Dass Manuel Neuer am 30. April nicht von allen Fans seines möglichen künftigen Arbeitgebers mit dem roten Teppich empfangen wird, ist klar. Aber auch nach dem wahrscheinlichen Vereinswechsel könnte es für ihn schwierig werden. Für Henning Tidelski ist eines klar: „Er wird nicht direkt einer von uns sein. Akzeptanz muss man sich erarbeiten!“ Nur durch gute Leistungen auf dem Platz und hohes Engagement abseits des Rasens könne Neuer es schaffen, akzeptiert zu werden. Ein paar Tipps vorab hat Tidelski schon: „Er muss sehr viel Fingerspitzengefühl zeigen, respektvoll auftreten, ohne Arroganz. Und vor allem respektvoll mit der Kurve umgehen.“

Doch zunächst muss er noch einmal auswärts bei den Bayern ran. Seine erste Möglichkeit, Fingerspitzengefühl zu zeigen.