Schalkes Ex-Profi Tom Dooley weiß, wie der Amerikaner über Fußball und Schalke denkt. Königsblau ist in den Vereinigten Staaten noch nicht so präsent.
Gelsenkirchen.
Wenn Tom Dooley nicht auf dem Fußballplatz steht, dann sitzt er die meiste Zeit in Meetings. Als Nationaltrainer der Philippinen ist der ehemalige Abwehrspieler des FC Schalke 04 nicht nur Coach, sondern auch Entwicklungshelfer. „In Deutschland hat jeder Ahnung von Fußball, in den USA glaubt jeder, dass er Ahnung hat und auf den Philippinen haben wenige eine Ahnung “, sagt der 54 Jahre alte Amerikaner, der von 2011 bis 2012 zum Trainerteam des US-Nationalteams von Jürgen Klinsmann gehörte.
Spiele seines Ex-Klubs Schalke, für den er von 1997 bis 1999 spielte, sieht Dooley nur noch selten. Das philippinische Fernsehen zeigt zwar ab und zu ein Spiel aus Bundesliga, aber mitten in der Nacht. Dass die Schalker ins Wintertrainingslager in die USA gereist sind, hat Dooley aber mitbekommen. Eine Reise, auf der der Schalker Vorstand das Praktische mit dem Nützlichen verbinden will. Auf der einen Seite soll sich die Mannschaft konzentriert auf die Rückrunde vorbereiten, auf der anderen Seite will Schalke sich auf dem amerikanischen Markt positionieren.
Noch sind die Kenntnisse über Schalke im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ziemlich begrenzt. Tom Dooley kann sich jedenfalls nicht erinnern, während seiner Zeit in Amerika ein Kind mit einem Schalke-Trikot gesehen zu haben. Nicht mal zu der Zeit, als US-Nationalspieler Jermaine Jones bei den Königsblauen kickte.
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Dass Tom Dooley 28-mal für Schalke in der Bundesliga und siebenmal im Uefa-Cup auflief, er zum Team gehörte, das 1997 den Uefa-Cup nach Gelsenkirchen holte, macht den 54-Jährigen stolz.
Tom Dooley erzählt gerne und überzeugend, dass er als Kind Fan von vier Vereinen war: FK Pirmasens, FC Homburg und der 1. FC Kaiserslautern wegen der Nähe zu seinem Wohnort Bechhofen in der Pfalz. Und dann habe jeder Junge in seinem Klub noch einen Verein gehabt, der eben etwas weiter weg war – Dooleys Verein war Schalke. Die Kremers-Zwillinge, Klaus Fischer, Klaus Fichtel und Norbert Nigbur hingen als lebensgroßes Poster in seinem Zimmer, die Autogrammkarte von Fichtel war seine erste. „Ich habe also das große Glück gehabt, für alle Vereine spielen zu dürfen, deren Fan ich war“, sagt Dooley und lacht.
Der 81-fache amerikanische Nationalspieler erinnert sich gerne an seinen ersten Auftritt bei einem Schalker Fanclub-Treffen im Sommer 1995. Die Fans wollten von ihm wissen, was denn in der Saison 1995/96 möglich ist. Intern hatte die Mannschaft Rang neun als Ziel ausgeben. „Ich habe gesagt, dass wir Fünfter werden können, wenn wir eine Mannschaft bilden, wie wir sie in Kaiserslautern hatten, wenn sich jeder für den anderen den Arsch aufreißt. Die Fans haben mich angeschaut, als ob ich bekloppt wäre“, sagt Dooley.
Am 33. Spieltag köpfte Andreas Möller gegen Bayern München ein und Schalke war Dritter, die Uefa-Cup-Teilnahme gesichert. Der Rest ist Geschichte. Dooley: „Die Zeit auf Schalke war einfach geil!“
Nur eine Sache bereut Dooley. Als er 1995 von Bayer Leverkusen nach Schalke wechselte, verzichtete er auf einen erneuten Umzug. „Mein Sohn ging gerade zur Schule, er wollte seine Freunde nicht schon wieder verlassen“, sagt Dooley. Also ging es nach dem Training gleich wieder zurück nach Leverkusen. „Ich habe die Nähe, diese einzigartige Beziehung zwischen den Fans und Schalke 04 nicht ganz so intensiv erleben dürfen, das bedauere ich schon“, sagt er.
Heute ist sein Arbeitsplatz knapp 15 Flugstunden von Gelsenkirchen entfernt. Und Tom Dooley ist mindestens genauso glücklich wie damals auf Schalke.
Mit Hochachtung spricht Dooley über das Marketing der Premier League. Vereine wie Arsenal London und Manchester United seien schon vor Jahrzehnten in die USA gereist und deshalb enorm präsent. In jeder Shopping-Mall gäbe es Trikots von englischen Klubs zu kaufen, sogar ein vergleichsweise kleiner Klub wie der FC Everton sei im Bereich der Westküste sehr populär. Sogar populärer als Deutschlands Fußball-Flaggschiff FC Bayern München. Die Bayern haben reagiert und vor anderthalb Jahren ein Büro mitten in New York eröffnet. „Die englischen Vereine nehmen an Turnieren teil, treten zu Freundschaftsspielen gegen amerikanische Klubs an, oder sie gehen Kooperationen ein“, berichtet Dooley, der sicher ist: „Viele Amerikaner kennen außer Bayern oder die Schwarz-Gelben keine andere Mannschaft. Aber über die Zweite Liga in England sind sie informiert.“
Irgendwann ist aber immer das erste Mal. Und deshalb hält Dooley diese Reise seines Ex-Klubs Schalke nach Orlando für richtig und wichtig: „Wenn du was verkaufen willst, müssen die Leute dich sehen und erleben. Die Teilnahme am Florida Cup ist ein erster Schritt.“
Zwar werde der Fußball den „Big Four“, also American Football, Basketball, Baseball und Eishockey nie den Rang ablaufen, dennoch spricht Dooley von großer Euphorie. Als die Major League Soccer schon fast tot war, sich zwei Investoren quasi den Besitz der zehn Klubs teilten, hätten Altstars der Liga neues Leben eingehaucht. Einer wie David Beckham, der 2007 von Real Madrid zu Los Angeles Galaxy wechselte. „Wenn Beckham kam, waren die Stadien voll“, sagt Dooley. Im Sommer beendete auch Raúl seine Karriere in den USA, mit New York Cosmos gewann er die Meisterschaft in der 2. Liga.
Große Fußball-Feste in den Städten
Tom Dooley beschäftigt sich zwar nicht mehr tagtäglich mit dem amerikanischen Fußball, er kann sich aber vorstellen, dass die Major League Soccer es in ein paar Jahren mit den europäischen Topligen aufnehmen kann. „Warum sollte ein Leroy Sané dann nicht in die USA wechseln, wenn ein gutes Angebot vorliegt?“
Spielt die amerikanische Nationalmannschaft heute bei einer Weltmeisterschaft, werden in vielen Städten große Feste veranstaltet. Die Straßen sind mit Flaggen übersät, die Amerikaner tragen das Fußball-Trikot ihres Landes. Das sei vor knapp 25 Jahren unvorstellbar gewesen. 1994, als die USA Austragungsort der Weltmeisterschaft war, habe der Fußball die Menschen kaum interessiert. Thomas Dooley kann das beurteilen, er war der Abwehrchef des Teams. „Unser Mannschaftsbus ist mit Polizeieskorte zum Stadion gefahren worden. Als wir irgendwo an einem Basketball-Court vorbeigefahren sind, haben die Kinder nicht mal aufgehört zu spielen. Die Fußball-Nationalmannschaft hat sie nicht interessiert“, berichtet Dooley. Genauso wenig wie heute den FC Schalke 04. Zumindest noch.