Lothar Matuschak ist der Torwarttrainer der Schalker Nachwuchsmannschaften. Er hat nicht nur Manuel Neuer entdeckt, sondern auch andere Bundesligakeeper wie Christian Wetklo, Ralf Fährmann und Lars Unnerstall. Schalke profitiert immer noch von Matuschaks Spezialausbildung.
Gelsenkirchen.
Neulich kam auf Lothar Matuschaks Handy eine SMS aus München an. Manuel Neuer hatte mal wieder etwas mitzuteilen, es passiert nicht selten, dass der Nationaltorhüter Kontakt zu seinem Förderer aus Jugendzeiten hält. Neuer hat nicht vergessen, wer den Sockel zementiert hatte, auf den er seine Karriere stellen konnte.
„Manu ist einfach der Beste,“ schwärmt der Torwarttrainer der Schalker Nachwuchsmannschaften. „Er hat alle Voraussetzungen mitgebracht und alle Ideen aufgesaugt.“ Seit 16 Jahren kümmert sich Lothar Matuschak um die jungen Handwerker, er registriert mit Stolz, dass „die Jungs auch menschlich Niveau haben“.
Nicht nur Manuel Neuer spielt in der Bundesliga
Er hat ja nicht nur Manuel Neuer die Tür zur Bundesliga geöffnet. „Die Jungs“, das sind auch der Mainzer Christian Wetklo, der Mönchengladbacher Christofer Heimeroth, der Augsburger Mohamed Amsif, der Nürnberger Patrick Rakovsky und natürlich die aktuellen königsblauen Keeper Ralf Fährmann und Lars Unnerstall: Sie alle erwarben sich ihr Gütesiegel in der Schalker Torwartschule. Und äußern sich dermaßen begeistert über Lothar Matuschak, dass es ihm fast peinlich ist.
„Ich habe das moderne Torwartspiel ja nicht erfunden“, sagt der 63-Jährige, er sieht sich nur als Teil eines Ausbilderteams: „Es ist schön, wenn wir dazu beitragen können, die Jungs in die richtige Richtung zu schieben.“ Seine Arbeit mit den Talenten ist stark beeinflusst von ständigem Streben nach Perfektion. „Ich betrachte das Torwartspiel als einen Kreis, der nie ganz zusammenkommt“, erklärt der Lehrmeister. „Bei Manuel Neuer ist er allerdings fast davor, sich zu schließen.“
In den 70er-Jahren, als Lothar Matuschak noch selbst durch das Tor des Zweitligisten Westfalia Herne hechtete, da reichte es noch, nach einer Parade den Applaus abzuwarten. Der Schlussmann hatte Zeit genug, um eine Pyramide errichten zu können. „Heute wird sofort umgeschaltet“, sagt der Experte. „Sekundenschnell ist der Ball am gegnerischen Sechzehner.“ Der Torwart bestimme mittlerweile das Spiel, sein Wert für die Mannschaft sei enorm gestiegen. Er müsse fußballerische Klasse mitbringen, gedankenschnell Gegenangriffe einleiten, wie ein Libero Brände löschen. „Aber eines wird immer Priorität haben“, betont Lothar Matuschak. „Wichtigstes Ziel bleibt, keinen Ball reinzulassen. Alles andere sind zusätzliche Qualitäten.“
Deren Notwendigkeit aber hat er früh, vermutlich eher als andere, erkannt und umgesetzt. Die Rückpass-Regel, das schnellere Spiel, die Verfeinerung technischer Raffinessen – auf solche Veränderungen muss ein Torwart vorbereitet sein, und dafür sorgt Lothar Matuschak.
Es fällt natürlich auf, dass derzeit außergewöhnlich viele junge Torhüter Stammkräfte in ihren Bundesligateams sind. Gerade erst hat sich Lars Unnerstall auf Schalke erstaunlich schnell freigeschwommen. Und das, obwohl doch jahrelang gepredigt wurde, dass Erfahrung auf dieser Position unverzichtbar sei. „Natürlich ist es immer noch von Vorteil, wenn einen so schnell nichts umhauen kann, weil man schon vieles erlebt hat“, meint Lothar Matuschak. „Aber die Jungen sind heute schon sehr früh mental stark, sie haben gelernt, mit Druck umzugehen.“ Nervenstränge im Umfang von Torpfosten werden heute vorausgesetzt. Wer sich schon eine Erkältung zuzieht, wenn er im Fernsehen Eiskunstlaufen schaut, der wird in Extremsituationen nicht bestehen.
Für Lothar Matuschak endet die Förderung aber nicht an den Linien des Fußballfeldes. Er hört den Jugendlichen zu, wenn sie von privaten Sorgen erzählen, er gibt ihnen Ratschläge, ist ihr Vertrauter.
Ein kleiner Kerl mit piepsiger Stimme
Als Manuel Neuer noch ein kleiner Kerl mit piepsiger Stimme war, der allein wegen seiner Statur unterschätzt wurde, versprach ihm Lothar Matuschak, ihn weiterzubringen. Der Torwarttrainer spürte, dass „der Junge einer wird“. Nur ein Machtwort des überzeugten Talent-Entwicklers verhinderte, dass der schmächtige Junge als C-Jugendlicher aussortiert wurde.
Der Entdecker freut sich heute still, wenn er wieder eine SMS aus München erhält. Wundern muss er sich darüber natürlich nicht.