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Auf den Spuren von Schalke-Star Huntelaar

Auf den Spuren von Schalke-Star Huntelaar

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Foto: WAZ FotoPool

Hummelo. 

Wie Stürmer Klaas-Jan Huntelaar vom Dorfplatz-Kicker in der holländischen Provinz Gelderland zum teuersten Einkauf in der Schalker Geschichte wurde.

Das holländische Städtchen Doetinchen, knapp 20 Kilometer nördlich von Emmerich, fasert hinter der Ringstraat aus. Die Vorgärten verwandeln sich in Felder, man kommt langsam aufs Land. Gegen die Trecker auf den Wegen sind alle holländischen Wohnwagen Raketen, dann das Ortsschild des Dorfes Hummelo, 1500 Einwohner, schmucke Häuschen mit Faller-Fassaden. Ein Fußball-Platz ist nicht zu sehen. Dabei ist Klaas-Jan Huntelaar, mit 14 Millionen Euro teuerster Einkauf in der Vereinsgeschichte des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04, doch aus diesem Idyll in die Welt gezogen.

Eine Spurensuche vor dem heutigen Champions-League-Heimspiel der Schalker gegen Hapoel Tel Aviv.

Die Kellnerin. Das Hotel „De Goude Karper“ wirft einen Schatten auf die Dorp-straat – „Der Gute Karpfen“, das erste Haus am Platze. Auf den Tischen Decken, die aussehen wie Teppiche. „Fußballplatz?“ Die Kellnerin schüttelt den Kopf. „Weiß ich nicht, ob wir überhaupt einen haben.“ Aber Klaas-Jan Huntelaar kennt sie doch? „Wen?“

Es ist diese Unaufgeregtheit, die der Torjäger mit hinaus in die Welt genommen hat. Der holländische Nationalspieler, der zuletzt in Mailand wohnte, isst immer noch am liebsten Winterstamppotten, den Eintopf aus Kartoffeln, Gemüse und Fleisch. Eine Portion davon kostet im „Guten Karpfen“ zwölf Euro.

Wer die wenigen Straßen von Hummelo durchfahren hat, der merkt: Es gibt tatsächlich keinen Fußballplatz. Weiter nach Drempt. Auf der Landstraße kämpfen Fahrradfahrer mit dem Wind, mit dem Auto dauert es nur zwei Minuten. Hinter der Kirche bohren sich Flutlichtmasten, dünn wie Bleistifte, in den Himmel. Vier Rasenplätze, wer hier spielt, der muss ein Herz für Rinder haben. Das Tor steht vor einer Kuhweide, jeder Schuss daneben landet zwischen den grasenden Tieren.

Der Nachbar. „Huntelaar, ja sicher kenne ich den“, sagt Gerd-Jan Engelbarts. Er arbeitet im Steakhaus „Toro Toro“, von dem der Blick auf den Eingang zum Sportplatz fällt. „Ich bin der frühere Nachbar von ihm.“ Vor ein paar Tagen war der Stürmer zuletzt in Drempt. „Er hat sich ein Spiel seiner alten Jungs angesehen“, sagt Engelbarts. „Er ist ein ganz normaler Junge, einer von uns. Keiner, der den Star spielt.“

Diese Bodenständigkeit hat der Profi sich in der großen Fußballwelt bewahrt Er gehe nie nach 22.30 Uhr ins Bett, hat er erzählt. Und nebenan, im Örtchen Angerlo, hat er nach seinem Wechsel zum FC Schalke ein Haus gekauft. Schließlich dauert es im Auto nur eine gute Stunde vom Trainingsgelände bis nach Hause. „Ob sie es glauben, oder nicht“ sagt Engelbarts. „Er wird jetzt wieder mein Nachbar, denn meine Freundin wohnt in Angerlo genau gegenüber.“

Huntelaars Brüder Jelle und Niek spielen noch heute auf dem Platz in Drempt. Jelle in der dritten Mannschaft, Niek in der Vierten. Auf dem Mannschaftsfoto der Vierten sind alle Spieler nackt, sie tragen grün-weiße Schals, wo sonst die Hose sitzt. Ein paar der Jungs halten Bierflaschen in den Händen. „Wir waren immer der geselligste Verein der Welt“, hat Klaas-Jan seinen alten Klub beschrieben. Manchmal habe er „mitgesoffen bis in den Morgen“.

Das Trikot hinter Glas

Doch den alten Klub, den HK Hummelo, gibt es gar nicht mehr. „Zu wenige Kinder wollten noch spielen“, sagt Engelbarts. Der HK fusionierte mit den Klubs von Drempt und Keppel. Als Hessencombinatie HC 03 ist das Team heute Tabellen-Zweiter in der 4. Klasse, einer Art Kreisliga.

Doch in Drempt hat es für Huntelaar gar nicht richtig angefangen. Als er fünf war, schoss der heute 27-Jährige sein erstes Tor auf dem Platz in Hoog-Keppel. Wieder ein paar Kilometer Landstraße, wieder vier Rasenplätze, im Vereinsheim hängt ein Trikot von ihm mit der Nummer 25 aus seiner Zeit bei Ajax Amsterdam. Sie haben es hinter Glas gerahmt wie einen Schatz.

Der Trainer. „Ich habe Klaas-Jan trainiert, bis er acht war“, erinnert sich Erik Dreteler. Der Bass des Jugendtrainers brummt gleichmäßig wie ein Schiefsdiesel. „Er hatte außergewöhnliches Talent. Ob es dann auch zu einer großen Karriere reicht, weiß zu diesem Zeitpunkt niemand, es hängt von vielen Faktoren ab.“ Bei Huntelaar hat es gereicht.

Beim Champions-League-Spiel gegen Benfica Lissabon war Dretelar im Stadion. Schalke hat 2:0 gewonnen, Huntelaar hat das zweite Tor geschossen. „Ich bin stolz auf ihn“, sagt Dreteler.