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Preußen Münster ist wieder salonfähig

Preußen Münster ist wieder salonfähig

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Münster. 

Die dritte Fußball-Liga? Auf den ersten Blick scheint es weitaus attraktivere Klassen zu geben. Oder welchen Reiz bitteschön sollen Gegner wie der 1. FC Heidenheim, der SV Sandhausen oder der VfR Aalen ausüben? Diese Namen, für Carsten Gockel Schall und Rauch. Er freut sich auf die Liga. Nicht nur er – ganz Münster freut sich.

Freuen ist vermutlich sogar das falsche Wort. Es drückt diesen famosen Gemütszustand, der die Studentenstadt spätestens am Freitagabend vollkommen vereinnahmte, gar nicht korrekt aus. Freuen – na ja, wenn’s mehr nicht ist.

Aber Gockel und Münster erwischte es richtig. Sie jauchzen, sie jubilieren, sie berauschen sich an den zwei Worten. Dritte Liga. Urheber dieses Zustandes ist der SC Preußen. Jener glorreiche Klub, der 1963 zu den Gründungsmitgliedern der Fußball-Bundesliga gehörte, einst vor 100 000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion spielte – und kurz davor stand, in der Versenkung, in der Diaspora des Ballsports zu verschwinden.

Aus diesem Grund machte speziell Gockel als Sportlicher Leiter nach der feststehenden Meisterschaft in der Regionalliga West auch eins: tief durchatmen. So weit das im Freudentaumel mit tausenden Fans nach dem 3:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach II überhaupt möglich war.

„Der Aufstieg war für den Verein überlebenswichtig“, sagt der 38-Jährige einige Tage nach diesem denkwürdigen Freitagabend, der der Regionalliga mit 18 500 Zuschauern einen neuen Besucherrekord bescherte, erleichtert. 2006 waren die Preußen in die Oberliga West abgestiegen und spielten erstmals in ihrer damals 100-jährigen Vereinsgeschichte nur noch viertklassig. Seitdem arbeitete der gebürtige Soester mit einer Vehemenz an der Rückkehr zum bezahlten Fußball, die ihresgleichen suchte.

„In den vergangenen fünf Jahren war alles auf Profitum ausgelegt“, erzählt Gockel. Zwar wurden die Preußen in dieser Zeit Meister der Oberliga, verbunden mit der Qualifikation für die just in diesem Jahr neu geschaffene, viertklassige Regionalliga, erreichten dreimal die Hauptrunde des DFB-Pokals und minimierten ihre Verbindlichkeiten von über eine Million Euro auf knapp 500 000 – der große Wurf ließ jedoch auf sich warten. „Wir wollten unbedingt aus dieser Klasse raus“, sagt Carsten Gockel. Denn: Im Zuge der Regionalliga-Reform wird die vierte deutsche Spielklasse in Zukunft ein noch engeres Nadelöhr werden. „Diese Regionalliga ist der Sargnagel für etliche Traditionsvereine im Westen“, schimpft der Preußen-Manager, der mal monierte, der Profi-Fußball schotte sich ab. Während Drittligisten zum Beispiel allein aus der Fernsehvermarktung 800 000 Euro zustehen, bekommt ein Regionalligist gerade einmal 90 000 Euro aus der Grundlagenfinanzierung des DFB.

Vergangenheit. Für die Preußen. Sie müssen für die kommende Serie nur noch ein Problemchen lösen und bis zum 1. Juli eine stärkere Flutlichtanlage installieren. Die Gespräche laufen. Ein Hindernis auf dem Weg zu neuen Zielen? Mitnichten.

Gleiches gilt für die Personalfrage. „Das Gerüst der Mannschaft steht“, sagt Gockel, „15 Spieler besitzen einen Anschlussvertrag.“ Mit potenziellen Verstärkungen sprechen er und Trainer Marc Fascher in diesen Tagen. „Wir sind ein attraktiver Partner geworden“, erzählt der dreifache Familienvater stolz.

Und nicht nur das. Die in der Vergangenheit selbst in Münster oft belächelten Preußen sind wieder der Planet, um den sich in der Stadt sowie deren Umfeld alles dreht. Über den gesprochen wird. „Jedes Kind rennt stolz mit dem Adler auf der Brust herum“, hat Gockel beobachtet. Der Verein – wie früher eine Herzensangelegenheit für Ungezählte.

Heidenheim, Sandhausen oder Aalen? „Wir freuen uns auf diese Gegner“, sagt Gockel. Nach Jahren des vor sich hin Darbens eine verständliche Reaktion. Dritte Liga eben – nur das zählt.