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Der Sportmäzen Klaus Steilmann ist tot

Der Sportmäzen Klaus Steilmann ist tot

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Wattenscheid. Der Unternehmer Klaus Steilmann ist tot. Er starb in der Nacht zu Samstag, wie der Sportverein SG Wattenscheid 09 mitteilte. Steilmann wurde 80 Jahre alt. Er war langjähriger Präsident und Mäzen des Vereins, der unter seiner Führung bis in die Fußball-Bundesliga aufstieg.

Aus einer kleinen Näherei in Wattenscheid formte er den zeitweise größten europäischen Bekleidungskonzern: Der Familienunternehmer und Sportmäzen Klaus Steilmann, der in der Nacht zum Samstag im Alter von 80 Jahren gestorben ist, war weit über die Grenzen des Ruhrgebiets bekannt. In seinen letzten Lebensjahren musste der als Patriarch und Legende der Wirtschaftswunderzeit beschriebene Steilmann aber mit ansehen, wie seine Firma immer stärker in Bedrängnis geriet und schließlich vom italienischen Modekonzern Miro Radici komplett übernommen wurde.

Mit 40.000 Mark ins Unternehmerleben gestartet

Der 1929 im mecklenburgischen Neustrelitz geborene Steilmann war auf der Insel Rügen aufgewachsen und 1946 nach den Wirrungen des Krieges ins Sauerland zu Verwandten gekommen. Bei C&A in Berlin absolvierte er eine Lehre als Einzelhandelskaufmann und holte in Abendkursen das Abitur nach. 1956 wechselte als leitender Angestellter zum Essener Konfektionskleiderfabrikanten Josef Mayer.

Doch mit diesem überwarf er sich und wagte 1958 den Schritt ins Unternehmertum. In einer Kleinanzeige hieß es: «Kleine Näherei in Essen oder Umgebung gesucht.» Mit einem Startkapital von 40.000 Mark und 40 Näherinnen ging es im selben Jahr in Wattenscheid los mit der Produktion von Damenmänteln. Das junge Unternehmen fuhr bereits im ersten Jahr einen Umsatz von 7,8 Millionen Mark ein und gehörte gleich zu Beginn der Firmengeschichte zu den größten deutschen Mantelherstellern.

Bereits früh an der Spitze der deutschen Hersteller

In der Wirtschaftswunderzeit wird auch das Erfolgsmotto geboren: «Mode für Millionen». Fünf Jahre nach der Gründung des Unternehmens rangiert Steilmann bereits an die Spitze der deutsche Mäntel- und Kostümhersteller Deutschlands. Im Laufe der Jahre produzierte die Firma Kleider, Röcke, Blusen, Hosen und Kindermode für Handelsketten wie C&A, Peek & Cloppenburg, Karstadt, Kaufhof und Marks & Spencer. Anders als die Konkurrenz verzichtete Klaus Steilmann von Anfang an auf die eine eigene Modemarke und setzte vielmehr auf eine flexible und zugleich kostengünstige Produktion in seinem Unternehmen. Mit seinem Konzept war auch schnell in anderen Ländern erfolgreich.

1960 lag der Umsatz bereits bei 15,4 Millionen Mark, zehn Jahre später waren es schon 111 Millionen. Das beste Ergebnis der Firmengeschichte wurde 1991 mit 1,8 Milliarden Mark bei damals 18.000 Beschäftigten erzielt.

In den 90er Jahren bekam das Lebenswerk Steilmanns aber auch erste Kratzer: Zwar reüssierte seine ebenfalls im Unternehmen arbeitende Tochter Britta mit «Öko-Kollektionen». Sie wurde 1993 sogar als «Öko-Managerin des Jahres» ausgezeichnet und 1997 gemeinsam mit ihrer Schwester in die Geschäftsführung berufen. Ihre Ideen – vor allem die Schaffung firmeneigener Modemarken – konnten sich aber nicht durchsetzen. Obwohl sie eigentlich als Nachfolgerin ihres Vaters an der Firmenspitze gehandelt worden war, verließ sie das Unternehmen.

„Für mich ist das Kapitel Textil abgeschlossen“

Dieser berief daraufhin den früheren Hugo-Boss-Chef Joachim Vogt, und zog sich in den Beirat des Unternehmens zurück. Doch die goldenen Zeiten waren vorbei. Seit 1992 machte der Firma der immer stärker werdende Preisdruck der Textilbranche zu schaffen, so dass die kostenintensive Konfektionsproduktion zu großen Teilen in Billiglohnländer verlagert wurde. So wurden im Jahr 2000 fünf Produktionsstätten in Deutschland geschlossen. Wegen Meinungsverschiedenheiten musste Vogt aber bereits 2001 das Unternehmen verlassen, und Britta Steilmann kehrte nach Wattenscheid zurück.

Die Tochter des Firmengründers hatte fortan mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen. Als absehbar war, dass das Unternehmen sogar rote Zahlen schreiben würde, trat sie 2003 zurück. Im Anschluss verkaufte die neue Führung erste Teile und baute Arbeitsplätze auch am Stammsitz in Wattenscheid ab. Das letzte deutsche Werk in Cottbus wurde ebenfalls geschlossen.

Klaus Steilmann sagte 2006, als sein Unternehmen mit der Übernahme durch die italienische Miro-Radici-Gruppe der drohenden Insolvenz entronnen war, in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung»: «Ich sehe da nichts, worüber ich mich freuen könnte. Für mich ist das Kapitel Textil abgeschlossen.»

Wattenscheid und Steilmann

Zu seinem Leben gehört auch das Kapitel Fußball: Als Präsident, Aufsichtsratsvorsitzender und Mäzen leitete er über lange Jahre die Geschicke der SG Wattenscheid 09 und führte den Club in die 1. Bundesliga. Er hat auch eine Fußballschule mit seinem Namen ins Leben gerufen. Seine Verwurzelung mit dem heutigen Bochumer Stadtteil Wattenscheid belegt eine Geschichte, die man sich über ihn erzählt: So soll er sich aus Ärger über die Eingemeindung Wattenscheids zu Bochum in den 70er Jahren geweigert haben, das Kennzeichen seines Wagen von «WAT» auf «BO» umschreiben zu lassen und fuhr stattdessen lieber mit einem Essener Kennzeichnen. (afp/ap)