2:2 gegen Paderborn und Platz 16 – der Relegationsplatz. Diese Fakten sagen eigentlich schon alles aus. Aber dann ist da auch noch die Verletzung von Marco Reus und der damit verbundene Ausfall, die dem vergangenen Wochenende die Krone aufgesetzt hat, meint Kolumnist Jens Matheuszik.
Dortmund.
Nach dem Unentschieden in Paderborn und der Verletzung von Marco Reus hilft auch das Lamentieren über nicht ganz so starke Schiedsrichterleistungen nicht (ja, das 3:1 von Kevin Großkreutz hätte gegeben werden müssen und ja, Ex-Borusse Marvin Bakalorz hätte die Rote Karte verdient gehabt… hätte, hätte Fahrradkette).
Finanziell geht es dem Ballspielverein aus Dortmund derzeit gut – davon konnte man sich bei der Mitgliederversammlung am Wochenende wie auch heute bei der Aktionärsversammlung überzeugen. Hier stimmen die Bilanzen und natürlich ist es eine tolle und absolut begrüßenswerte Entwicklung, wenn man berücksichtigt, wo der BVB vor einigen Jahren noch stand. Das war bekanntlich nicht die (finanzielle) Intensivstation, das war der Vorraum der Pathologie.
Und seitdem stimmte es ja nicht nur finanziell beim BVB: Mit der Verpflichtung von Jürgen Klopp begann eine für die Fans (und den Verein) tolle Zeit, die zu zwei deutschen Meisterschaften, einem DFB-Pokal und einer Teilnahme am Champions League-Finale führte.
Sportlich ist der Wurm drin
Doch momentan ist sportlich gesehen – zumindest in der Bundesliga – mehr als nur der Wurm drin. Um virtuell noch was ins Phrasenschwein dazuzugeben kann man auch sagen, dass zum fehlenden sportlichen Glück auch noch Pech hinzukommt, denn anders kann man die aktuelle Situation nicht sehen, mit der neuerlichen Verletzung von Marco Reus fällt ein wichtiger Hoffnungsträger in Sachen sportliche Lichtblicke für die letzten Spiele der Hinrunde aus.
Vielleicht sollte man als Fan daher jetzt einfach mal den Fakten ins Auge sehen: Diese Bundesliga-Saison ist für Borussia Dortmund gelaufen. Die Rolle des Bayern-Jägers hat der BVB zumindest auf dem Platz abgegeben, höchstens in den Gazetten misst man sich noch am FC Bayern München.
In der Tabelle vor Herne-West stehen
Man kann zwar felsenfest davon ausgehen, dass die momentan schlechte Platzierung bis zum Ende der Spielzeit deutlich verbessert wird, aber in der Bundesliga selbst wird der BVB jetzt wohl keine Blumentöpfe mehr gewinnen. Die Neujustierung der Ziele dürfte hier sinnvoll sein – dem Autor dieser Zeilen persönlich reicht es beispielsweise, wenn der BVB am Ende der Saison vor dem Nachbarn aus Herne-West steht (alleine schon, damit nicht diverse Wetten verloren werden).
Klar – eine Platzierung für das internationale Fußballgeschäft sollte eigentlich drin sein – für das fußballerische Selbstverständnis. Aber man muss ja mal den Tatsachen ins Auge schauen, denn wer zu diesem Zeitpunkt der Liga-Saison auf dem Relegationsplatz zur 2. Liga steht, der sollte nicht auf die reguläre Qualifikation zur UEFA Champions League hoffen.
Doch trotz der schlechten Ergebnisse in der Bundesliga (von einer schlechten Leistung kann man nur sprechen, wenn man die Spiele rein ergebnisorientiert betrachtet), wurde die Mannschaft bei der Mitgliederversammlung am Sonntag sehr freudig begrüßt – es gibt andere Vereine, da wäre die jetzige Tabellensituation Anlass für andere Reaktionen.
BVB-Anhänger halten zusammen
Die BVB-Anhänger halten (wie im Vereinslied besungen) „fest und treu zusammen“ und stehen zum Verein und zur Mannschaft – der Mannschaft, der man einige sehr tolle Momente in den letzten Jahren zu verdanken hatte. Als Fan kann man da dankbar sein – und wer jetzt meckert, sollte nicht vergessen, wo der BVB vor zehn Jahren stand und dass es eben auch mal sportlich schlechtere Zeiten gibt.
Diese sind aktuell gar nicht insgesamt so schlecht, denn im DFB-Pokal überwintert Borussia Dortmund und darf als nächstes gegen Dynamo Dresden dran. Die Reviernachbarn dürften den sächsischen Verein zwar als Pokalschreck noch in Erinnerung haben, aber Borussia Dortmund II bewies erst unlängst, dass man in Dresden auch als Ruhrgebietsverein punkten kann. Das war zwar „nur“ ein Unentschieden, aber wenigstens keine Niederlage und da BVB II-Coach David Wagner und Cheftrainer Jürgen Klopp sich eng abstimmen, dürfte man bei Schwarz-Gelb (West) wissen, wie man Schwarz-Gelb (Ost) schlagen kann. Da hat man ja auch schon einiges an Erfahrungen gesammelt und hoffentlich können die BVB-Anhänger dann auch schon wieder „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ skandieren.
A propos Berlin:
In dem bekannten Schlachtruf taucht ja der Name der Hauptstadt gleich dreimal auf. Das passt ja recht gut, denn trotz der schlechten Ergebnisse in der Bundesliga kann es für den BVB im kommenden Mai/Juni gleich dreimal nach bzw. um Berlin gehen:
In der Bundesliga trifft der BVB am 32. Spieltag zu Hause auf Berlin, das Finale des DFB-Pokals findet am 30. Mai 2015 im Olympiastadion in Berlin statt und nur eine Woche später findet dann am gleichen Ort das Finale der UEFA Champions League statt.
Man wird als BVB-Fan ja noch träumen können..
Als netter Nebeneffekt wäre man als Titelverteidiger auch automatisch für die Champions League qualifiziert. Und welchem Verein würde man es eher zutrauen in der Bundesliga gegen den Abstieg zu kämpfen (und das auch noch mit weitaus attraktiverem Fußball als man es hier in diesen Tabellenregionen sonst kennt!) und gleichzeitig das Pott-Double zu holen? Na eben! Dann haben auch die Fans wieder etwas um sich zu freuen, nach dem Motto „Schale war gestern“… und dass durch die momentane sportliche Schwächephase in der Fußball-Bundesliga auch eine Art „Selbstreinigung“ in machen Fankreisen eintritt (was besonders die Spezies der sogenannte Erfolgsfans betrifft), ist auch nicht unbedingt verkehrt.
24.11.2014, Jens Matheuszik, Gib mich DIE KIRSCHE