Torsten Schild will das Wir-Gefühl der BVB-Fans stärken
Vor knapp zwei Wochen hat die Fan- und Förderabteilung von Borussia Dortmund einen neuen Vorstand gewählt. Ihr neuer Vorsitzender heißt Torsten Schild, ist 39 Jahre alt und kommt aus Schwerte. Sein erstes Wahlversprechen kann er bereits Samstag einlösen.
Dortmund.
Im Wirtshaus „Zum Wildschütz“ unweit des Dortmunder Borsigplatzes wurde 1909 der BVB gegründet. Dass Torsten Schild (39) am Tisch dessen Nachbildung im Borusseum, dem Ort der Dortmunder Heiligtümer, Platz genommen hat, ist symbolisch. Auch für ihn beginnt ein neues Kapitel. Borussia Dortmund schlängelt sich durch sein Leben wie ein schwarz-gelber Faden.
Sein Herz verlor er am 10. April 1992 an den Ballspielverein. Damals sah er einen 3:0-Heimsieg gegen den FC Bayern München. Michael Rummenigge, Thomas Franck und Stéphane Chapuisat trafen für den BVB.
„Von einem Kumpel hatte ich eine Karte für die Nordtribüne bekommen. Ich war sofort infiziert – von dem Spiel und der Südtribüne.“ Eine Saison später besaß er eine Dauerkarte, sammelt seit 1992 alle Trikots. 2003 wurde er Vereinsmitglied und wechselte kurz nach ihrer Gründung 2004 in die Fan- und Förderabteilung (FA). Neben dem regelmäßigen Stadionbesuch – „ich bin sogar während eines Auslandssemesters in Dublin zu den Spielen nach Dortmund gereist“ – engagierte er sich aktiv in der Projektgruppe „Basisarbeit“.
Schild blieb BVB-Fan mit Gartenzwerg und Sitzplatzkarte
Als Torsten Schild sein Herz ein zweites Mal an den BVB verlor, stand die Borussia auf dem vorletzten Tabellenplatz. Eine 0:1-Niederlage im Kellerduell mit Arminia Bielefeld brachte Borussia Dortmund 2007 an den Rand des Abstiegs. Doch die Dortmunder Fans gaben ihren Verein nicht auf. Die Fanabteilung initiierte die Plakataktion „Wir sind Borussia“. Die ganze Stadt wurde mit dieser Botschaft tapeziert.
Auch Schild klebte Plakate, verteilte sie in Taxen. Ein Fahrer sprach ihn an: ,Bitte seht zu, dass die drin bleiben. Wir brauchen die Stadion-Fahrten und die Borussia ist so wichtig für die Region.‘ „Das war ein ganz tolles, ein Wir-Gefühl. Die Basis war in schlechten Zeiten noch enger zusammengerückt. Seitdem glaube ich, dass die Borussia im Kern sehr gesund ist“, sagt Schild. Am Ende sicherte sich Borussia Dortmund den neunten Platz und damit die Klasse.
Bis 2009 blieb Schild aktiver Borussia-Unterstützer, stand in Jeans-Kutte auf der Südtribüne. „Dann habe ich mich selbstständig gemacht, bin Vater geworden, hab‘ ein Haus gebaut und einen Baum gepflanzt – das volle Programm“, sagt er und lacht.
Fan blieb er trotzdem – auch „wenn viele Ultras das wahrscheinlich spießig fänden“. Das „1909“ im Kennzeichen ist Pflicht, seine drei Kinder haben bereits eine Mitgliedschaft auf Lebenszeit, in seinem Garten in Schwerte weht eine große schwarz-gelbe Fahne und ein BVB-Gartenzwerg steht im Vorgarten. Ins Stadion geht er immer noch – allerdings sitzt er jetzt im Südwesten.
Mit 221 von 277 Stimmen zum Vorsitzenden gewählt
Im vergangenen Herbst fragten Vertreter der Fanabteilung ihn dann, ob er nicht Interesse hätte, den scheidenden Vorsitzenden, Marco Blumberg, zu beerben. „Vom Herzen her habe ich sofort „ja“ gesagt. Es musste jedoch durchgeplant werden“, sagt der Unternehmensberater. Als auch seine Frau „Daumen hoch“ signalisierte, war die Sache klar.
Auf der Mitgliederversammlung am 3. Februar wählten die 277 anwesenden Mitglieder den Schwerter mit 221 Ja-Stimmen zum neuen Vorsitzenden, auch sein fünfköpfiges „Wunschteam“ um Stellvertreterin Christina Gassner wurde bestätigt.
Vorgänger Marco Blumberg, der nach zwei Amtszeiten aus beruflichen Gründen aufhörte, wünschte der Abteilung auch unter neuer Führung viel Erfolg. Mit Blumberg an der Spitze war die FA von 4000 auf rund 13000 Mitglieder gewachsen, er hatte großen Wert auf das Engagement gegen Rechts und die Professionalisierung der Strukturen gelegt.
„Da ist hervorragende Arbeit geleistet worden. Das Tagesgeschäft läuft quasi von alleine“, sagt Schild. Dennoch waren die ersten zwei Wochen im Amt stressig. „Wir haben uns dann als Vorstand knapp 20 Stunden in meinem Keller verschanzt und überlegt, was wir wie angehen wollen“, sagt Schild. Am Ende stehen vor allem zwei große Begriffe auf der Tafel: Transparenz und Basisarbeit.
Großen Plänen müssen Taten folgen
Schild kann dabei von seiner Erfahrung aus der Unternehmensberatung profitieren. „Die analytische Sicht, Abläufe und Kommunikation zu optimieren, bringe ich mit“, sagt er. Ein weiterer Vorteil: „Ich kenne sowohl einige Ultras, als auch TV-Fans. Ich will bei Entscheidungen die Schnittmenge finden, mit der am Ende alle Seiten leben können. Das geht aber nur, wenn man transparent macht, warum man wie handelt, miteinander spricht. Dann wird das Miteinander im Verein auch noch besser.“
Weitere Ideen sind die Installation eines Fanrates, in dem alle Fan-Gruppen diskutieren können, oder von Regionalvertretern, die zum Beispiel die Anliegen ausländischer Fanklubs widergeben. Anknüpfen wolle er an das Engagement gegen Rechts und den Austausch „über den Vereinsrand hinaus“. Zudem feiert die Fanabteilung in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum – auch das will geplant werden. Doch Schild ist zuversichtlich, weiß, dass nun Taten folgen müssen, um die Interessen der Mitglieder langfristig vertreten zu können.
Ein Wahlversprechen wird dabei schon am Samstag beim Spiel der Borussia gegen Eintracht Frankfurt (ab 15.30 Uhr live in unserem Ticker)geprüft: „Ein Mitglied sagte vor der Wahl zu mir: ,Ich wähle dich nur, wenn wir mit dir wieder zu Hause gewinnen.‘ Ich hoffe, ich kann das gegen Frankfurt halten“, sagt Schild vor seiner Heimpremiere. Die Chancen stehen gut.Seitdem er im Amt ist hat der BVB nur gewonnen.