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BVB: Mit Trecker, Ganzkörperkrampf und Legenden-Grätsche ins Pokalfinale

BVB: Mit Trecker, Ganzkörperkrampf und Legenden-Grätsche ins Pokalfinale

Berlin. 

Diese Bilder, sagt Thomas Tuchel, „haben wir in dieser Woche immer wieder gesehen“. Bilder, die erzählen, wie Borussia Dortmund dorthin gelangte, wo es sich am Samstagabend (20 Uhr / ARD live) aufhalten wird.

Berlin, Olympiastadion, Schauplatz des DFB-Pokalfinals. Fünf Spiele, fünf Siege waren nötig. Es begann mit einem 3:0 beim Regionalligisten Eintracht Trier (3:0). Und dann? Ab da ging es richtig turbulent zu. Wir erinnern an die erstaunlichsten fünf Momente der Dortmunder Pokalsaison.

26. Oktober, 2. Runde, Heimspiel gegen Union Berlin (4:1 n.E.): Die personelle Not zwingt Tuchel zu ein paar Veränderungen in seiner Mannschaft. Unter anderem deswegen beruft er Jacob Bruun Larsen in die Startformation. Der Däne ist gerade eben erst 18 Jahre alt geworden und hat noch kein Pflichtspiel für den BVB bestritten. Doch er besorgt das bis zum Elfmeterschießen einzige Dortmunder Tor an diesem Abend. Fast zumindest.

Seine Flankentorschusshereingabe fälschte der Berlin Michael Parensen ins eigen Tor ab. Doch dem auffälligen Youngster machte ein Routinier später am Abend noch Konkurrenz bei der Frage nach dem Mann des Spiels. Torwart Roman Weidenfeller hält die ersten beiden Elfmeter des Gegners und lenkt den dritten mit bloßem Blick an die Latte. Ohne Gegentreffer im Elfmeterschießen. Eine Seltenheit.

8. Februar 2017, Achtelfinale, Heimspiel gegen Hertha BSC (4:3 n.E.): Auch gegen die zweite Berliner Mannschaft tut sich Dortmund im Pokal sehr schwer. Gegen Ende der ersten Halbzeit der Verlängerung muss der Offensivkünstler Ousmane Dembélé mit Krämpfen vom Platz getragen werden. An der Seitenlinie rollt er sich auf den Bauch, eine Decke wärmt ihn, während Menschen aus der medizinischen Abteilung von Borussia Dortmund versuchen, den Franzosen wieder fit zu bekommen für die letzten Minuten eines hin und her wankenden Spiels, in dem er einer der besten Akteure ist. Fünf Minuten lang schaut er nur zu, ehe er sich überhaupt wieder bewegen kann.

„Er hatte einen Ganzkörperkrampf und musste gewissermaßen reanimiert werden von unseren Ärzten und Physiotherapeuten“, lacht Trainer Thomas Tuchel später. Zur zweiten Halbzeit humpelt der Profi dann wieder aufs Feld, um als Stürmer „wenigstens noch irgendwie einen Gegenspieler zu binden“, wie Tuchel vage hofft. Und dann, als die 120 Minuten vorbei sind und es an Elfmeterschießen geht, da traut sich der Trainer sogar, seinen Jüngling zu fragen, ob er nicht schießen wolle.

„Er hat gesagt, er möchte als erster schießen“, lacht Tuchel, „und nachdem er es bis zum Punkt geschafft hatte, waren wir zuversichtlich, dass er eventuell auch schießen kann.“ Kann er. Zielen auch. Ball drin. Dembélé feiert. So gut er eben kann mit seinem Ganzkörperkrampf.

28. Februar 2017, Viertelfinale, Auswärtsspiel beim Drittligisten Sportfreunde Lotte (3:0): Seit Tagen werden in den Zeitungen der Republik lustige Geschichten über das kleine Lotte am berühmten Autobahnkreuz geschrieben und erzählt. Dass es dort wirklich manchmal ganz amüsant zugeht, merkt der BVB schnell, ohne das selber wirklich witzig zu finden. Bei dem Versuch, die ersten Utensilien zum Stadion zu bringen, fährt sich der BVB-Mannschaftsbus auf einem nahe gelegenen Acker fest und muss von einem Trecker aus der misslichen Lage befreit werden. Guter Auftakt.

Am Abend dann ist alles vorbereitet: Die Zuschauer sind im Stadion, die beiden Mannschaften sind bereit und das Fernsehen sendet bereits live, als ein erstaunlich ergiebiger Schneeschauer alles durcheinander bringt. Aus der Rasenfläche wird Morast. Gut eine halbe Sunde vor dem geplanten Anpfiff entscheidet Schiedsrichter Felix Brych, dass die Partie nicht stattfinden kann: „Ich kann auf diesem Platz nicht garantieren, dass die Spieler gesund bleiben. Der Platz ist völlig durchweicht vom Schneeschauer.“ Eine Seltenheit.

Die Fans im Stadion sind nicht amüsiert und auch so mancher Sportfreund hoffte, dass das Spiel stattfinden können würde. Hintergrund: Je schlechter der Platz, desto schlechter für den Bundesligisten und sein dominantes Spiel. Doch den Rasen als taktisches Element gibt es nicht. Zwei Wochen später wird die Partie nachgeholt – in Osnabrück.

26. April 2017, Halbfinale, Auswärtsspiel beim FC Bayern München (3:2): Das Dortmunder Meisterstück. Erst hoffnungslos unterlegen, dann doch der glückliche Sieger. Vor allem einer: Sven Bender. 63. Minute: Dortmunds Torwart Roman Bürki hat sich aus seinem Tor bewegt, produziert einen Fehler. Bayern führt mit 2:1 – und Arjen Robben hat die große Chance auf die Entscheidung. Nur er, der Ball und dieser Sven Bender noch vor ihm. Ein Schuss. Doch dann passiert das Unvorhersehbare: In voller Streckung lenkt der Dortmunder Abwehrspieler den Ball mit der Fußspitze an den Innenpfosten. Von dort springt er zurück ins Feld. Eine Rettungsaktion mit Legendenpotenzial.

Wie der Mann, den alle nur Manni nennen, die Aktion erlebt hat? „Gar nicht“, sagt er damals und lacht: „Ich habe darauf spekuliert, dass Arjen Robben in diese Ecke schießt. Dann habe ich allerdings, ehrlich gesagt, den Überblick verloren. Ich habe zwar noch gesehen, dass er an den Pfosten gegangen ist, aber nicht ob er von da raus- oder reingesprungen ist. Das habe ich erst an der Reaktion der anderen gemerkt. Genau das sind die Situationen, die du in so einem Pokalspiel brauchst.“

Diese setzt neue Emotionen und Gedanken frei: negative bei den Bayern, die nur Zentimeter von der Entscheidung entfernt gewesen waren. Positive beim BVB, der wieder glaubte, dass alles noch möglich sei. Pierre-Emerick Aubameyang und Ousmae Dembélé drehen mit ihren Toren die Partie, doch Benders Aktion brennt sich ins allgemeine Bewusstsein weil Aktionen wie diese seltener, besonderer sind, weil sie im Gewand des Heroischen daherkommen. Benders Grätsche wird nun in einem Atemzug mit Jürgen Kohlers Rettungsaktion auf der Torlinie gegen den Schuss von Eric Cantona im Champions-League-Viertelfinale 1997 gegen Manchester United genannt.

Am Samstag in Berlin gibt es für die BVB-Spieler wieder die Möglichkeit, Besonderes zu erreichen. Vielleicht reicht dafür auch eine Grätsche.

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