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14.000 Menschen fiebern bei deutschen Rollhockey-Spielen mit

14.000 Menschen fiebern bei deutschen Rollhockey-Spielen mit

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Duisburg, RESG Walsum Foto: WAZ FotoPool
Bundestrainer Mike Neubauer spielt mit der deutschen Nationalmannschaft die Rollhockey-WM im Angola. In dem afrikanischen Land sind die Menschen verrückt nach dem Exotensport. In Angola steht die mit 14.000 Plätzen größte Rollhockey-Arena der Welt. Alle Spiele der WM laufen im Fernsehen.

Namibe. 

Das Telefon klingelt in Namibe, einer Küstenstadt in Angola. „Hello“, sagt der Mann an der Hotel-Rezeption und legt auf. Zweiter Versuch: „Hello!“ Der Mann antwortet freundlich: „Hello! Goodbye!“ Im vierten Versuch klappt es dann doch: Mike Neubauer (45) ist am Apparat. Der Rollhockey-Bundestrainer, der mit der Nationalmannschaft bei der WM in Angola ist, lacht: „Afrika, herrlich!“

Zumindest lustig. Wie ist denn das Wetter in Afrika?

Mike Neubauer:

Wenn die Sonne untergeht, kommt Wind auf. Aber der Wind ist gut, er vertreibt die Malaria-Mücken. Leider wird es dann auch kühl.

So wie bei uns im Herbst?

Neubauer: Nein, so auch wieder nicht. Man zieht einfach einen Pullover über. Tagsüber laufen wir nur in kurzer Hose durch die Gegend, und von meinem Hotelfenster habe ich den Blick aufs Meer. Wir können uns nicht beschweren.

Wie ist das Hotel? Eher rustikal?

Neubauer:

Überhaupt nicht. In Afrika wird nur viel improvisiert. Wir sind am Samstag angekommen, und wahrscheinlich hat am Samstagmorgen noch jemand mit dem Pinsel irgendwas gestrichen. Wir wohnen mit acht Mannschaften in dem Hotel, und abends wird ein Buffet aufgefahren, das alle zusammen nicht leer kriegen. Ich bin schon oft in Afrika gewesen, und daher habe ich damit natürlich ein Problem.

Welches?

Neubauer: Draußen im Land gibt es viele Menschen, die nicht genug zu essen haben, und bei uns springen gleich 18 Kellner durch den Saal. Schwierig. Auch sonst gibt es Dinge, die nicht so richtig toll sind.

Zum Beispiel?

Neubauer: Das Hotelgelände ist eingezäunt, am Eingang steht ein Wachposten. Wir haben einen eigenen Bus mit 50 Plätzen. Wenn wir zum Training oder zum Spiel fahren, haben wir vor uns ein Polizei-Motorrad, hinter uns einen Jeep mit zehn bewaffneten Soldaten. An jeder Straßenecke steht ein Polizist und hält den Gegenverkehr an, wenn wir kommen. Ich mag es nicht, wenn sich das Leben im Land für uns ändert.

Ist es gefährlich in Angola?

Neubauer: Nach dem Bürgerkrieg wäre es fatal für Angola, wenn einem WM-Teilnehmer etwas zustoßen sollte. Angola will mit der WM schließlich auch Tourismus-Werbung betreiben.

Was sagen die Menschen im Land?

Neubauer: Erst muss man an sie rankommen. Letztens wollten wir mit dem Bus an einem Cafe anhalten, das hat die Polizei verboten. Am nächsten Tag haben wir dem Busfahrer gesagt: So, jetzt halten wir an! Die Polizei hat dumm geguckt, aber die Leute waren begeistert. Da rauscht ein Bus nicht vorbei, sondern stoppt. Wir waren die Attraktion. In dem Cafe haben sie extra Tischdecken auf die Tische gelegt. Die Menschen sind so gastfreundlich und herzlich, das liebe ich an Afrika.

Ist Angola denn eine Rollhockey-Hochburg?

Neubauer: Na ja, Angola war eine Kolonie von Portugal, und Portugal ist verrückt nach Rollhockey. Habe ich in meiner Zeit als Profi dort selbst erlebt.

Funktioniert die WM-Organisation?

Neubauer: Und wie. Das Land hat zwei neue Hallen gebaut. Eine hat sogar eine Präsidenten-Suite, es ist alles wie in den Fußball-Stadien bei uns. Die Halle in der Hauptstadt Luanda hat 14 000 Plätze, damit ist sie die größte Rollhockey-Arena der Welt.

Sind die Hallen voll?

Neubauer:

Knallvoll. Die WM ist in Angola ein Renner wie es es bei uns die Fußball-WM im Jahr 2006 war. Alle Spiele laufen live im Fernsehen. Die Leute vom Fernsehen haben auch schnell gemerkt, dass ich Portugiesisch spreche, jetzt muss ich jeden Tag Interviews geben.

Sportlich läuft es allerdings nicht so gut. Ihr Team hat das Viertelfinale durch eine 0:1-Niederlage gegen Frankreich verpasst.

Neubauer:

Das ärgert mich maßlos. Es war ein knappes Spiel. Aber es war wie verhext. Wir hätten zehn Stunden spielen können, und wir hätten den Ball immer noch nicht ins Tor gekriegt.

Wie spielt Angola?

Neubauer: Die haben einige Profis aus Portugal mit angolanischen Wurzeln eingebürgert. Die Jungs machen seit vier Jahren nichts anderes, als sich auf die WM vorzubereiten. Entsprechend gut sind sie. Wir haben dagegen das jüngste Team von allen 16 WM-Teilnehmern. Sieben der zehn Jungs sind zum ersten Mal bei einer WM, dafür machen sie das als Mannschaft richtig gut.

Aber Ihr WM-Ziel, der fünfte Platz, war doch etwas zu hoch?

Neubauer:

Wir hätten es mit etwas Glück schaffen können. Aber in Deutschland ist Rollhockey kein Vollprofi-Sport, die Jungs arbeiten neben dem Sport. Manche kommen von der Nachtschicht zum Training.

Zur Belohnung bleiben Sie jetzt ein paar Tage länger am Strand?

Neubauer:

Können wir nicht, wir fliegen Sonntag zurück. Die Jungs haben für die WM alle Urlaubstage verbraten. Einige müssen Montag wieder arbeiten.