Schloss Blankenhain: So lebte es sich als Rittergutsbesitzer
Seit 40 Jahren können Besucher rund um Schloss Blankenhain in das Landleben früherer Zeiten eintauchen. Experten loben die Arbeit.
Blankenhain.
Die Tafel im Speisezimmer ist für ein Festessen gedeckt, die massiven, dunklen Möbel zeugen vom Wohlstand vergangener Zeiten. Das Mahl zu besonderen Anlässen wurde in der Schlossküche im Erdgeschoss zubereitet, per Aufzug in die Wohnetage befördert, vom Personal angerichtet und serviert.
Das Deutsche Landwirtschaftsmuseum Schloss Blankenhain setzt das Leben der einstigen Rittergutsbesitzer mit einer neu arrangierten Ausstellung in Szene: Vom Jagdzimmer mit Offizierskiste und Trophäen, übers Musikzimmer mit Grammophon, dem Damen- und dem Herrensalon bis zum großen Badezimmer. „Schon ab 1880 war das Schloss topmodern ausgestattet – mit Zentralheizung, fließend warmen und kalten Wasser sowie WC“, sagt Direktor Jürgen Knauss.
1976 gegründet
Eigentlich hatte das weitläufige Freilichtmuseum in der Nähe von Zwickau dieser Tage eine Jubiläumswoche feiern wollen. Als Höhepunkt war die Wiedereröffnung des sanierten Schlosses mit neu gestalteten Ausstellungen gedacht. Doch coronabedingt ist das Museum seit Monaten für Besucher tabu. Die Präsentation erfolgt deswegen an diesem Freitag (21. Mai) nur in kleinem Kreis. Nach Pfingsten soll dann auf der Homepage ein Video-Rundgang zur Verfügung stehen.
Die Einrichtung war 1976 als „Museum der agraren Produktionskräfte und der sozialistischen Landeskultur“ gegründet und fünf Jahre später eröffnet worden. Heute firmiert es mit dem Museum der Universität Hohenheim in Stuttgart als Deutsches Landwirtschaftsmuseum und wird als solches vom Bund gefördert. Träger ist der Landkreis Zwickau.
„Es ist in den neuen Bundesländern ein ganz wichtiges Museum und ein Leuchtturm der Szene“, konstatiert der Sprecher der Fachgruppe Freilichtmuseen beim Deutschen Museumsbund, Michael Happe. Seit Anfang der 90er Jahre sei es kontinuierlich ausgebaut worden. Weitere Gebäude wurden nach und nach musealisiert und neben der Ausstellungsarbeit für Besucher viel geforscht und publiziert. Ein großes Pfund sei die hohe Authentizität der eingebundenen Gebäude.
Geschichte reicht bis ins 12. Jahrhundert
Zuletzt wurden rund 2,5 Millionen Euro in die Sanierung des Schlosses investiert. Dabei wurden unter anderem Elektrik, Sicherheitsanlagen und Brandschutz auf Vordermann gebracht sowie die Ausstellungen neu gestaltet. Darin sind nun zahlreiche Originalmöbel des letzten Rittergutverwalters erstmals zu sehen. Dessen Familie hat sie dem Museum überlassen; 2018 wurden sie aus Baden-Württemberg nach Sachsen geholt.
Die Geschichte des Gutes reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück; nach einem verheerenden Feuer 1661 war es allerdings neu aufgebaut worden. Waren die Besitzer zunächst Landadelige, übernahmen später zu Geld gekommene Bürger das Anwesen. Dazu gehörten 365 Hektar Land. „Das war für die Gegend hier viel, für Mecklenburg, Pommern oder Ostpreußen war das ein Witz“, erklärt Knauss.
Hauptsächlich sei Rinderhaltung betrieben worden – mit Milcherzeugung und eigener Käserei. Aber auch eine Forstwirtschaft sowie Brauerei und Brennerei gehörten dazu. „Es wurde Industriealkohol hergestellt, etwa für die chemische Industrie und Druckereien.“ Zuletzt seien hier noch mehr als 40 Menschen angestellt gewesen sowie rund 30 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter.
Museum wächst weiter
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die damaligen Besitzer enteignet und Heimatvertriebene einquartiert. Auch deren Lebensverhältnisse werden in der Ausstellung dargestellt. Weitere Räume im Schloss sind etwa der Imkerei gewidmet. In der Orangerie wird über den Gartenbau informiert und neben historischen Geräten und Dokumenten werden dort auch verschiedene Veredlungstechniken im Obstbau vorgestellt.
Es ist die große thematische Breite am authentischen Ort, die dieses Museum mit einer Fläche von mehr als 13 Hektar ausmacht. Das Schloss und das Leben der einstigen Bewohner ist nur ein Kapitel. Erkundet werden kann auch ein Fundus historischer Landmaschinen und in einem Umgebindehaus von 1770 werden die damaligen Lebensverhältnisse von Landbewohnern vor Augen geführt. Auch die DDR-Alltagskultur mit SERO-Annahmestelle, Konsum und Wohnräumen wird in Erinnerung gerufen. „Der Renner bei vielen Besuchern ist die Dorfschule“, sagt Knauss. Hier können sie in die Zeit eintauchen, als noch der Rohrstock zum Inventar gehörte und auf Schiefertafeln geschrieben wurde.
Und das Museum wächst weiter. Nicht nur einzelne Exponate werden dem Haus immer wieder angeboten, die auf Dachböden oder Scheunen entdeckt werden, wie Knauss berichtet. Auch eine Schrotmühle im Ort hat es neu übernommen. Sie war in den 1960er Jahren von der LPG im Ort errichtet worden – dort, wo einst die Rossmühle des Rittergutes stand. Wann allerdings wieder Besucher das Museumsgelände erkunden können, ist ungewiss. Das hängt vom weiteren Infektionsgeschehen in der Region ab. Knauss: „Das wird vielleicht ab Mitte Juni oder Anfang Juli wieder möglich sein.“ (dpa)