Lüftlmalerei – alte Motive als 3D-Bilder an Hauswänden
Prächtige Farben und täuschend echte Figuren – in manchen Orten in Bayern sind damit Häuser außen bemalt. Vor allem in dem Örtchen Mittenwald.
Mittenwald.
Auf jeder Seite eines Bilderbuchs kann man etwas Neues entdecken. Doch wie wäre es, wenn man nicht nur die Seiten in einem Buch umblättern könnte, sondern von einem Bild zum anderen geht? Wenn in einer Stadt die Häuser mit Bildern bemalt wären, die Geschichten erzählen? Im Ort Mittenwald ist das so!
„Es können ganz unterschiedliche Szenen sein, die wir sehen“, sagt Regine Ronge. „Etwas aus Geschichte und Religion – oder auch Tiere.“ Regine Ronge lebt in Mittenwald. Oft führt sie Touristen durch die Straßen. Denn sie ist eine Spezialistin für die Lüftlmalerei. So heißen die alten Bilder an den Häusern. Es gibt aber auch neue.
Von Italien kam die Lüftlmalerei nach Deutschland
Die Kunst entstand vor vielen Jahrhunderten im Land Italien. Künstler malten Säulen an die Wände, die täuschend echt aussahen. Reiche Reisende aus Deutschland sahen diese Wandbilder, fanden sie schön und nahmen die Idee mit nach Deutschland.
Wer solche Bilder an sein Haus malen ließ, konnte den Vorbeigehenden viel zeigen. Manche Bewohner ließen Schutzheilige an ihre Wand malen. Den tierlieben Franz von Assisi etwa, der an einem Haus inmitten vieler Schafe und Ziegen sitzt. Kinder entdecken oft kleine Sachen, auf die Erwachsene gar nicht achten, erzählt Regine Ronge. Etwa ein kleines Nest mit jungen Vögeln neben dem heiligen Franz von Assisi.
Die Kunst hat einen 3D-Effekt
Auf einem anderen Bild sieht man, wie viele Menschen auf einem Markt Waren in großen Paketen anschleppen. Wie Männer vor einem Zelt Karten spielen und eine Magd ein Fass auf dem Kopf trägt. Das alles hat einen ziemlich guten 3D-Effekt: Es sieht fast aus, als würden echte Menschen und ein echtes Zelt dastehen.
Das so aussehen zu lassen, ist eine sehr anstrengende Arbeit. Die Maler müssen in luftiger Höhe auf Gerüsten ganz genau malen. Heißt es wegen der luftigen Höhe Lüftlmalerei? Vielleicht kommt der Name auch von einem „Haus zum Lüftl“ im Ort Oberammergau oder von einem Herrn Lüftl, der die ersten Malereien dieser Art geschaffen haben soll. Es gibt einige Erklärungen. Doch was genau stimmt, können auch Fachleute nicht sagen.
Auch in anderen Orten findet man Lüftlmalerei. Angeblich nannte der Dichter Johann Wolfgang von Goethe die Bilder von Lüftlmalern ein „lebendes Bilderbuch“. Bewiesen ist das zwar nicht, aber Mittenwald macht damit fleißig Werbung. Eines stimmt jedenfalls: Hier macht ein Spaziergang Spaß. Die farbenprächtigen Bilder an den Häusern haben schließlich viel zu erzählen.