Erste Kreuzfahrtschiffe kommen wieder nach Bremerhaven
Die Kreuzfahrtbranche kommt nach der langen Corona-Pause nur schleppend wieder in Gang. Das hat auch Auswirkungen auf den Hafen Bremerhaven.
Bremerhaven.
Darauf hatten Touristiker und maritime Fans in Bremerhaven lange gewartet: Vor einer Woche legte nach monatelanger Corona-Pause mit der MS „Artania“ das erste Kreuzfahrtschiff mit 650 Passagieren wieder von der Columbuskaje ab.
Am Samstag (17. Juli) kehrt es von der Reise nach Göteborg und Stockholm wieder zurück, um mit neuen Gästen erneut nach Schweden aufzubrechen. Welche und wie viele Schiffe in dieser Saison folgen werden, ist pandemiebedingt noch unklar. „Es ist erfreulich, dass es wieder losgeht“, sagt Ralf Meyer, Geschäftsführer von „Erlebnis Bremerhaven“, „aber wir sind bei weitem noch nicht da, wo wir mal waren.“
Viertgrößter Kreuzfahrthafen in Deutschland
Nach Hamburg, Warnemünde und Kiel ist Bremerhaven der viertgrößte Kreuzfahrthafen in Deutschland. 2019 hatte Bremerhaven mit 246.000 Passagieren wieder mal einen Rekord erzielt. So schnell wie das Columbus Cruise Center wuchs kein anderer deutscher Kreuzfahrthafen. So sollte es weitergehen, doch dann kam das Virus. 2020 registrierte der Terminalbetreiber gerade mal fünf Abfahrten mit 2600 Passagieren.
Dieses Jahr hätte nach ursprünglichen Planungen die Marke von 300.000 Passagieren mit 110 Abfahrten geknackt werden sollen. „Möglicherweise werden wir davon noch circa 45 Abfahrten realisieren“, sagt Veit Hürdler, Geschäftsführer des Columbus Cruise Centers Bremerhaven. Alle elf Mitarbeitenden seien nach wie vor in Kurzarbeit, immerhin habe niemand entlassen werden müssen.
Von Bremerhaven starten die Kreuzfahrtschiffe normalerweise nach Norwegen oder auch Großbritannien. Da diese Destinationen zurzeit wegen der Corona-Beschränkungen nicht möglich seien, werde über den Nord-Ostsee-Kanal die Ostsee angefahren, sagt Hürdler. Die MS „Artania“ des Bonner Veranstalters Phoenix Reisen sollte ursprünglich statt nach Schweden nach Norwegen reisen. Auch die MS „Amera“, die im Angust erwartet wird, steuert die Ostsee an. Trotzdem sei an Bremerhaven als Ausgangshafen festgehalten worden, sagt Benjamin Krumpen, Geschäftsführer von Phoenix Reisen. Die Phoenix-Schiffe fahren die Seestadt seit Anfang der 1990er Jahre an.
Kunden stellen sich auf kurzfristige Fahrtänderungen ein
Die Reisen seien wegen der Pandemie kurzfristig umorganisiert worden, sagt Krumpen: „Die Coronakrise zeigt, wie flexibel die Branche ist.“ Das liege aber auch an den Kunden, die kurzfristige Fahrtänderungen mitmachten. „Sie vertrauen uns“, sagt er. Krumpen rechnet damit, dass die Kreuzfahrtbranche spätestens 2023 wieder unter Volldampf fährt: „Die Leute wollen.“ Die Buchungen für den Winter 2022/23 seien sehr gut. „Und für Sommer 2022 sowieso.“
Auch der Kreuzfahrtexperte und Rektor der Hochschule Bremerhaven, Alexis Papathanassis, ist optimistisch für die Branche: „Wie sich bei den so genannten Blauen Reisen im letzten Jahr gezeigt hat, gibt es immer noch einen Kernmarkt und eine starke Nachfrage. Nach und nach wird sich die Branche erholen.“ So wie Krumpen rechnet er damit, dass 2023, spätestens 2024, wieder das Niveau vor Corona erreicht werde. „Die Reedereien haben immer wieder bewiesen, dass sie in Krisenzeiten sehr innovativ und zudem wirtschaftlich gut aufgestellt sind“, sagt der Professor.
Terminal in Bremerhaven soll vergrößert werden
Bremens Kreuzfahrtstandort sieht Papathanassis in Corona-Zeiten gut aufgestellt: „Hier ist es nicht so busy wie in anderen Städten. Und es gibt ein großes, modernes Terminal, von dem man direkt vom Parkplatz schnell und hygienisch sicher an Bord kommen kann.“ Das Terminal soll in den nächsten Jahren sogar noch größer werden. Der Hafenausschuss der Bremischen Bürgerschaft gab im Februar grünes Licht für entsprechende Planungskosten. Zunächst aber wird voraussichtlich ab Herbst erst einmal die marode Kaje bei laufendem Betrieb erneuert.
Die Kreuzfahrtbranche ist für Bremerhaven ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Nach einer Studie des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik bescherte er den örtlichen Unternehmen 2018 einen Umsatz von knapp 15 Millionen Euro. Pro Jahr verzeichnet Bremerhaven allein 26.000 Übernachtungen, die Passagiere buchen, bevor sie an Bord eines Kreuzfahrtschiffes gehen. „Die sind nun komplett weggebrochen“, sagt Tourismuschef Ralf Meyer.
Flusskreuzfahrtschiffe erweitern das Angebot
Meyer will künftig Bremerhavens Angebote breiter aufstellen und neben den Hochsee-Kreuzern zusätzlich auf kleinere Flusskreuzfahrtschiffe setzen. „Der Markt ist auch interessant, weil viele Kreuzfahrtfans sagen, ich möchte doch lieber erst mal mit einem kleinen Schiff wieder starten“, ist er überzeugt.
Die Idee sei schon vor Corona da gewesen, aber dadurch noch mal verstärkt worden. Am Freitag (16. Juli) sollte erstmals die „Excellence Pearl“ mit 40 Kabinen im Neuen Hafen für einen Zwischenstopp im Deutschen Auswandererhaus festmachen. Sein Team werde jetzt langsam damit beginnen, bei den Reedereien den Standort an der Außenweser zu bewerben. Der Vorteil für die Anbieter liegt laut Meyer auf der Hand: Flussschiffe hätten die Möglichkeit, quasi in der City anzulegen. „Sie können mitten in die Stadt reinfahren“, betont der Chef-Touristiker. (dpa)