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Ehemaliges Kanzleramt in Bonn jetzt öffentlich zugänglich

Ehemaliges Kanzleramt in Bonn jetzt öffentlich zugänglich

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Foto: Sygma/Getty Images
Die alte Bundeshauptstadt Bonn ist um eine Attraktion reicher: Ein Rundgang durch Kabinettssaal und Kanzlerbüro – samt Buddelschiff und Aschenbecher.

Bonn. 

Bernhard Felmberg zieht los, um drei Altkanzlern ein Denkmal zu setzen. So will es sein Minister Gerd Müller (CSU), und deswegen ist der Unterabteilungsleiter Felmberg im Bundestagsbüro von Helmut Schmidt und staunt. Es ist alles da, was er aus Fotos vom früheren Kanzleramt in Bonn kennt, „im Prinzip die Vollausstattung“: Schreibtisch, Besprechungstisch, Stühle, Schmidts Buddelschiff, sein Aschenbecher, das Transistorradio, ein Grundig RF420.

An diesem Freitag ist Müller am Ziel seiner Sehnsucht: Ein Rundgang durch Kabinettssaal und Arbeitszimmer des Kanzlers wird eröffnet. „Das Kanzlersamt steht für die Geschichte“, sagt Müller, „die muss dokumentiert werden“. Ab Januar 2017 werden die ersten Besucher durch die historischen Stätten geführt. Es ist der Ort, an dem Schmidt den RAF-Terror durchstand, Helmut Kohls Zehn-Punkte-Plan zur Einheit reifte, es sind die Gitterstäbe, an denen Gerhard Schröder mit Erfolg gerüttelt hat.

Veteranen reden gern von früher: Müller ist 39 Jahre alt, als er 1994, ein Frischling als Abgeordneter, ins Kanzleramt eingeladen wird. Heute ist er Entwicklungshilfeminister und Hausherr. Im Kanzleramt sitzen zwei Drittel seiner 900 Mitarbeiter. Nach seiner Amtseinführung 2013 streift Müller durch das Haus, bleibt am Kabinettssaal stehen, setzt sich auf den cognacfarbenen Chefsessel, fährt mit der Hand über das rissige Leder, für ihn ist es „ein großer Augenblick“. Er fragt, wie man den Raum bisher genutzt habe. Achselzucken, „der Personalrat tagt manchmal hier“.

Kohl war gerührt

Das ist nicht die Antwort, die Müller hören will. Er denkt an ein Museum. Das Haus der Geschichte in Bonn dringt seit Langem darauf, die Räume wieder in den Zustand von 1976 zu versetzen, als Schmidt von Palais Schaumburg ins neue Amt einzog. Das Palais und den Kanzlerbungalow im Park haben die Historiker längst für die Öffentlichkeit geöffnet. Es fehlt das Kanzleramt. Für das Projekt müssen die Altkanzler Schmidt, Kohl und Schröder aber noch gewonnen werden. Gerd Müller macht es.

Zunächst lädt er Kohl ein. „Das war ein sehr emotionaler Tag.“ Der Anlass ist im November 2014 der 25. Jahrestag des Zehn-Punkte-Plans zur Einheit. Der Altkanzler kehrt zum ersten Mal seit seiner Abwahl 1998 an die alte Stätte zurück – und ist gerührt. Schmidt, der im November 2015 verstarb, will sich die Reise an den Rhein nicht antun. Also fährt Müller nach Hamburg. Schmidt ist begeistert. Schon in der Folgewoche verschickt er drei Kisten mit Erinnerungsstücken. Außerdem darf sich Felmberg in Schmidts Büro im Bundestag umschauen. Er wird „ein Gesamtkunstwerk“ vorfinden.

Selbst der Teppich, ein Geschenk des sowjetischen Präsidenten Breschnew, blieb erhalten. Es fehlen nur der Fernseher und das Gemälde von August Bebel, das links hinter Schmidts Schreibtisch hing. Für das neue Museum behilft man sich mit einer Replika.

Schmidt war begeistert

Schmidt hat seinen Frieden mit dem Bau gemacht. Liebe auf Erstbezug war es nicht. Vor 40 Jahren klingt Schmidt so: „Es könnte genauso gut eine rheinische Sparkasse darin residieren.“ Damals macht er sich daran, das Amt mit Kunstwerken zu veredeln. Auf dem Vorplatz lässt der Hanseat eine Skulptur von Henri Moore aufstellen.

Der Kanzler hatte das Bauprojekt von seinem Vorgänger Willy Brandt übernommen, genauer gesagt von Amtschef Horst Ehmke, der einen funktionalen Bau wollte. Nichts Repräsentatives, sondern demonstrativ: eine Arbeitsstätte. Das steingewordene Understatement schützt nicht vor Kritik. Zu kühl, ein „Mausoleum der Macht“ wird es genannt. Und zu teuer. Die Kosten von 110 Millionen Mark sind ein Aufreger. Allein jeder Kabinettssessel schlägt mit 1000 Mark zu Buche. Der lange hellbraune Holztisch ist gut erhalten. Die Glocke, mit der jeder Kanzler die Kabinettssitzungen eröffnete, ist hinter einer Vitrine zu besichtigen. Die kleine vierseitige Uhr ging nach Berlin. Sie steht auf Angela Merkels Kabinettstisch.

Touristen können bereits den Kanzlerbungalow besuchen, nun schließt sich ein Rundgang durch das Kanzleramt an. „Das soll ein offenes Haus sein“, sagt Müller. Auch der Bungalow wurde anfangs gering geschätzt. Das einstöckige Gebäude vom Münchner Architekten Sep Ruf galt als Wohlstandspavillon, Brandt und Schröder haben ihn zur Repräsentation genutzt, aber nicht darin gewohnt. Beide Kanzler hatten Kinder, an Familien hatte man beim Bau nicht gedacht.

Infos zu Öffnungszeiten und Anmeldung zu Besuch des Kanzlerbungalows in Bonn stehen hier.