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Wandern im Rhein-Taunus: Durch Feld und Wald im Wispertal

Wandern im Rhein-Taunus: Durch Feld und Wald im Wispertal

Vom Rundweg Rhein-Wisper-Glück fällt der Blick auf Lorch am Rhein.
Vom Rundweg Rhein-Wisper-Glück fällt der Blick auf Lorch am Rhein. Foto: dpa
Keine 50 Kilometer entfernt von Frankfurt liegt eine der unbekannten Wanderlandschaften Deutschlands: das Wispertal. Premium-Wanderwege ziehen dort seit kurzem mehr und mehr Urlauber an.

Lorch. 

Robert Carrera ist sich sicher: Der Wisper-Fluss spricht seine eigene Sprache. „Hören sie das – dieses Murmeln und Wispern des Wassers?“, fragt der Wanderführer.

Wisper-Geflüster hat Carrera den Rundweg in der Rhein-Taunus-Region genannt. Die stille und scheinbar unspektakuläre Landschaft erstreckt sich entlang des Flüsschens Wisper von Lorch am Rhein bis hinauf nach Heidenrod. Unaufgeregt könnte man diese Gegend auch nennen.

Kornfelder, Pferdekoppeln und tiefe Wälder mit Buchen, Eichen und Ahorn prägen das Mittelgebirge links und rechts der Wisper. Ein paar verschlafene Dörfer finden sich hier abseits der pulsierenden Metropolregion Rhein-Main. Die Zeit schien lange still zu stehen.

Wie eine neue Wanderregion entstand

Seit Oktober 2019 zieht es mehr und mehr Wanderer zu den sogenannten Wisper Trails. Das sind 15 vom Deutschen Wanderinstitut zertifizierte Premiumwege. In diesem Sommer soll noch ein weiterer eröffnet werden.

„Wir dachten uns: Die Dörfer an der Wisper sollten belebt werden. Wanderer können für neues Leben sorgen“, erinnert sich Robert Carrera. Nach dem Vorbild des beliebten Fernwanderweges Rheinsteig entstand zunächst der Wispertaunussteig.

Die Strecke führt über 44 Kilometer durch die zwei Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hessen. Sie passiert drei Gipfel, vier Dörfer und fünf Täler. Sportliche Wanderer gehen den Steig in zwei Tagen. Am Ziel im Winzerstädtchen Lorch am Rhein haben sie 1230 Meter bergauf und 1695 Meter bergab geschafft.

Klinken putzen und Widerstand von Naturschützern

„Wir wollten darüber hinaus ein breites Angebot schaffen für Wanderer, die lieber Rundwege gehen möchten und nicht einen Fernwanderweg nach dem anderen in Deutschland ablaufen“, sagt Carrera. „Als ich einige Ideen gesammelt hatte, ging’s ans Klinken putzen“, erzählt Carrera. Mit anderen Wanderfreuden sprach er vor – in Rathäusern und Kreisverwaltungen, bei Politikern, Jägern, Förstern und Naturschützern. Ein Planungsbüro wurde beauftragt.

Einheimische unterstützten die Routenplanung. Doch es regte sich auch Widerstand: Warum braucht es neue Wege in unserem beschaulichen Landstrich? Manch ein Naturschützer sah bei dieser Frage rot. Daraufhin musste der Verlauf einiger Routen geändert werden.

Am Ende gelang es Robert Carrera, die Gemeinden Lorch, Heidenrod, Bad Schwalbach, Schlangenbad und Rüdesheim von dem wegweisenden Wanderprojekt zu überzeugen. Zusätzlich gab es finanzielle Unterstützung aus europäischen Förderprogrammen für die Trassierung und Kennzeichnung der Wisper Trails .

Routen für Einsteiger und Profis

Anfänger und Fortgeschrittene haben eine breite Auswahl an Wegen. Nur 5,2 Kilometer misst etwa der Premium-Spazierwanderweg Wispertaler Krönchen. Die leichte Route mit gut 105 Höhenmetern ist in 90 Minuten ab Lorch-Espenschied zu begehen. Fit und ausdauernd sollten Wanderer für den Glaabacher Almauftrieb sein. Dessen knapp 19 Kilometer enthalten 500 Höhenmeter bergauf und bergab. Über fünf Stunden reine Gehzeit sind vorgesehen, eine anspruchsvolle Tagestour.

„Durch Corona hat Wandern auf den Wisper Trails einen großen Schub bekommen“, sagt Susanne Röntgen-Müsel vom Lorcher Hotel „Im Schulhaus“. Das Gebäude im Bauhausstil steht unter Denkmalschutz, wurde 2013 zum stylischen Hotel umgebaut und bietet Wanderern ein Nachtquartier. Nach Beobachtung der Hoteldirektorin reisen gegenwärtig mehr und mehr jüngere Gäste zum Wandern an.

„Damit erleben wir hier den Wandel“, sagt Röntgen-Müsel. Bereits in der Vergangenheit war das Wispertal einmal Ferienregion. „In den 1960er und 1970er Jahren brachten Busunternehmen Urlauber zur Sommerfrische nach Espenschied.“ Robert Carreras Vision hat dazu beigetragen, dass die Region zu neuem Leben erwacht ist. (dpa)