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Der portugiesische Jakobsweg – Pilgern auf den Spuren der Römer

Portugals Jakobsweg – Auf den Spuren der Römer

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Themendienst Reisen: Portugiesischer Jakobsweg Foto: TDP/Regiao de Turismo do Alto Minho
Das Pilgern auf dem Jakobsweg erfreut sich wachsender Beliebtheit in Europa. Unterwegs kann man über sich und das Leben nachdenken, aber auch Kontakte knüpfen und einiges erleben. Ein besonders reizvoller Weg ist der Caminho português in Portugal.

Lissabon. 

Martin schwingt seinen Pilgerstab und eilt voran, die mitunter ziemlich steilen Anstiege machen ihm kaum zu schaffen. Ringsum eine reizvolle Landschaft: Wälder, Wiesen, Weinberge. Endlich entschließt er sich zu einem Halt. Auf der Treppe einer kleinen Kapelle, idyllisch gelegen zwischen großen Wein- und Obstplantagen, schmeckt die wohlverdiente Wegzehrung. Martin aus Vitoria, der Hauptstadt des spanischen Baskenlandes, ist ein gestandener Pilger, lief bereits alle Jakobswege auf der Iberischen Halbinsel, nur der portugiesische fehlte ihm noch. Er hatte sich in Lissabon aufgemacht, bis Porto allerdings kaum Pilger getroffen. Es ging meist an sehr befahrenen Straßen entlang. Zünftige Pilgerunterkünfte fand er nur bei der Feuerwehr.

Warum mutet er sich diese Strapazen zu? „Ich möchte in Ruhe über mich und mein Leben nachdenken, aber auch die physischen Anstrengungen des Weges bewältigen. Und natürlich freue ich mich über die Möglichkeit, andere Pilger zu treffen.“ Immerhin pilgerten im Heiligen Jahr 2010 mehr als 270.000 Menschen aus aller Welt nach Santiago de Compostela, bedeutend mehr als in anderen Jahren. So erhielten 2009 etwa 150.000 und im vorigen Heiligen Jahr 2004 über 180.000 Pilger ihre Urkunde, die so genannte „Compostela“.

Martins Erfahrungen bestätigen die Empfehlung der einschlägigen Reiseliteratur, den Caminho português am besten erst hinter Porto zu beginnen. Mit dem Städtchen Barcelos hat man bald einen der schönsten Orte im portugiesischen Teil erreicht. Bereits vom jenseitigen Ufer des Rio Cávado eröffnet sich ein wunderschöner Blick auf die Stadt gegenüber: die alte Wassermühle unten am Fluss, hoch darüber die Stadtmauer, die Ruine des Grafenschlosses und die Stadtkirche. Im Ort selbst fallen überdimensionale bunte Figuren von Hähnen ins Auge. Anabela Gaspar vom Touristenbüro verweist auf eine alte Legende: Ein Jakobspilger wurde beschuldigt, gestohlen zu haben, worauf ihn der Richter zum Tode verurteilte. Als der Mann kurz vor dem Galgen noch mal zu ihm geführt wurde, beteuerte er seine Unschuld, so wahr der Hahn krähen würde, den der Richter vor sich gebraten auf dem Teller hatte. Tatsächlich – der Hahn krähte, als der Pilger gehängt wurde. Zum Glück griff aber der heilige Jakobus ein und rettete ihn.

Jakobsweg entlang der römischen Via XIX

Eine solche Geschichte wird übrigens auch im spanischen Santo Domingo de la Calzada erzählt. „Aber wir machen den bekanntesten Hahn der Welt!“, entgegnet Anabela. Das ist nicht zu übersehen, denn in der Stadt wird der Hahn in allen möglichen Formen, Farben und Größen vermarktet, ob aus Metall, Ton, Holz oder Plastik. Mehr als 6.000 Pilger würden nun schon jährlich in ihrem Büro vorbeischauen, erklärt die Tourismusdame stolz. Auch der gut ausgeschilderte Pfad und neue Pilgerherbergen sprechen für die zunehmende Popularität des portugiesischen Jakobsweges.

Über Ponte de Lima, gegründet von den Römern und einer der ältesten Orte Portugals, führt der Weg zum Grenzort Valenca. Mitunter geht es über uralte Brücken und an Meilensteinen vorbei, der Pfad folgt teilweise der römischen Via XIX, auf der vor zwei Jahrtausenden Legionen und Händler zogen.

In aller Frühe überqueren wir den Minho, den Grenzfluss zwischen Portugal und Spanien. Von der Internationalen Brücke bietet sich ein malerisches Panorama. Über Valenca erhebt sich eine riesige Festung, mit der das kleine Portugal Jahrhunderte lang seine Freiheit gegen den mächtigen Nachbarn verteidigte. Vor uns reckt sich auf einem Hügel der burgartige Klotz der Kathedrale des spanischen Tui, das mit dem gleichnamigen Reiseunternehmen aber nichts zu tun hat. Die Kirche ist sehenswert. Natürlich darf hier die obligatorische Jakobusfigur nicht fehlen, dieses Mal martialisch hoch zu Ross als „Santiago Matamouros“ – Jakobus der Maurentöter.

Thermalquellen für die müden Füße

Viel Geschichte und Architektur bietet dann auch Pontevedra: mit der Kirche der jungfräulichen Pilgerin – Virxe Peregrina -, deren Grundriss die Form einer Jakobsmuschel hat, oder mit dem Kloster San Domingos. Den nötigen Komfort für die Nacht findet der Pilger in der modernen Herberge am Stadtrand. Abends trifft sich in der Bar gegenüber eine bunte Runde zum Pilgermenü: Iren, Engländer, Kanadier, Polen, Esten, Ungarn, Österreicher, dabei auch mehrere Deutsche, die man nun häufiger auf dem Caminho português antrifft.

Das nächste Tagesziel Caldas de Reis hält für den müden Wanderer eine ganz besondere Überraschung bereit – die schon von den alten Römern geschätzten Thermalquellen. Das Fußbad tut gut und erleichtert den Weg über die nur noch etwa 40 Kilometer bis Santiago. Dort musste man im Heiligen Jahr allerdings etwas mehr Zeit mitbringen angesichts einer ständig überfüllten Stadt und langer Schlangen vor Kathedrale und Pilgerbüro, wo es die ersehnte „Compostela“ gibt. Im „normalen“ Pilgerjahr geht es natürlich bedeutend ruhiger zu. (dapd)