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Der Koffer ohne Besitzer: ein Job für Gepäckermittler

Der Koffer ohne Besitzer: ein Job für Gepäckermittler

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Father and daughter walking at the airport model released Symbolfoto property released PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY LOF001160 Father and Daughter Walking AT The Airport Model released Symbolic image Property released PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY LOF001160 Foto: imago/Westend61
Mit detektivischem Spürsinn und Einfühlungsvermögen: Gepäckermittler kümmern sich am Flughafen um fehlende Koffer und herrenlose Gepäckstücke.

Frankfurt/Main. 

Gleich soll das Gepäck eines Ferienfliegers aus Gran Canaria aus dem Schacht auf das Rollband im Frankfurter Flughafen purzeln. Die ersten Urlauber sammeln sich, bugsieren Kofferwagen in die beste Ausgangsposition, um ihre Koffer und Taschen zügig herüber hieven zu können. Doch noch immer dreht ein einsamer Rollkoffer auf dem Band seine Runden, übrig von der vorangegangenen Gepäcklieferung und offenbar ohne dazugehörigen Besitzer.

Das ist ein typischer Fall für Matthias Schulz, Gepäckermittler des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport. Ein herrenloser Koffer in der Endlosschleife – das gebe es eigentlich fast jeden Tag, erzählt er.

Problem manchmal schnell gelöst

Ebenso gibt es regelmäßig ratlose Reisende, die am Gepäckband stehen, bis es sich nicht mehr dreht. Schulz und seine etwa 40 Kollegen warten nicht jedes Mal ab, bis gepäcklose Fluggäste an ihrem Schalter auflaufen. „Wir gehen dann zu den Leuten und fragen, worauf sie warten“, sagt er.

Manchmal ist das Problem ganz schnell gelöst. Surfbretter oder Fahrräder etwa werden am Sonderschalter für sperriges Gepäck ausgegeben, ebenso Kinderwagen. Mitunter verzögert ein Problem bei der Gepäckförderanlage die Entladung eines Gepäckcontainers und die Habe der verbliebenen Passagiere landet erst 15 Minuten später als der Rest des Fluggepäcks auf dem Band.

Detektivarbeit mit oft unwissenden Reisenden

Doch manchmal fehlt er eben doch, der Koffer oder Rucksack, die Reisetasche oder der Kleidersack. Die Gepäckermittler nehmen dann die Verlustmeldung auf – die Daten des Passagiers, aber auch die Informationen zu dem Gepäckstück: Um was handelt es sich, wie groß ist das vermisste Stück, welche Farbe?

Manche Reisenden zeigen dabei verblüffende Wissensmängel über die eigenen Gepäckstücke. „Die Marke ist oft nicht bekannt“, sagt Gruppenleiterin Heike Friske, die seit 2000 bei der Gepäckermittlung arbeitet. „Und einige können noch nicht einmal sagen, welche Farbe ihr Koffer hat.“

Strichcode und „BagTag“ helfen

Dank des Strichcode-Systems auf dem Gepäck und dem entsprechenden „Bag Tag“ auf der Bordkarte der Reisenden lässt sich in der Regel immerhin schnell feststellen, ob das Gepäckstück am Abflugort im richtigen Flugzeug landete. Über ein weltweites Suchsystem kann dann international „gefahndet“ werden – vielleicht blieb ein Koffer ja doch in Las Palmas stehen.

Komplizierter wird es bei Transitgepäck. Immerhin ist Frankfurt nicht nur der größte Verkehrsflughafen in Deutschland, sondern ein wichtiger Umsteige-Flughafen. Wenn etwa ein Reisender von New York über Frankfurt nach Singapur fliegt oder das Gepäck beim Anschlussflug mit einer anderen Fluglinie nicht ans Endziel durchgecheckt wurde, kann eine fehlerhafte Kennzeichnung dafür sorgen, dass der Koffer in Frankfurt landet, der Passagier aber bereits wieder unterwegs ist und noch gar nichts von dem Verlust weiß.

Empfehlung: Koffer markieren

Umgekehrt erhalten die Gepäckermittler Anfragen anderer Flughäfen zur Suche nach vermissten Gepäckstücken. „Da gucken wir dann, ob ein besitzloser Koffer passen könnte“, sagt Schulz.

Die Gepäckermittler stützen sich bei der Wiedervereinigung von Gepäck und Passagier erst einmal auf die Angaben des Strichcodes, die Hinweise auf Abflug- und Landeflughafen geben und Gepäckanhänger, die Aufschluss auf die Identität des Besitzers geben können.

Verwechslung kommt oft vor

„Ich weiß, dass viele Leute Angst haben, einen Anhänger mit Namen und persönlichen Daten wie Adresse und Telefonnummer an den Koffer zu hängen“, räumt Friske ein. Doch für den Fall eines Verlustes empfehle sich, dann wenigsten im Koffer einen Zettel mit Kontaktdaten zu haben.

„Bei der Gepäckermittlung gibt es tatsächlich nichts, was es nicht gibt“, sagt Schulz. Die Bandbreite reiche von falschen Kofferanhängern beim Check-In über Reisende, die die falschen Gepäckstücke vom Band runterziehen. Vor allem dann, wenn der eigene Koffer farblich und größenmäßig viele ähnliche Gegenstücke auf dem Gepäckband hat, kommt so eine Verwechslung leicht vor.

Geduld, Einfühlungsvermögen und gute Nerven

Wer nach einem langen Flug einfach zugreift und nicht noch einmal genau hinsieht, merkt manchmal erst zu Hause beim Auspacken, dass es sich um ein fremdes Gepäckstück handelt. „Meist wissen wir das dann schon, weil der eigentliche Eigentümer schon den Verlust gemeldet hat“, sagt Friske. Ärgerlich sei die zusätzliche Wartezeit vor allem dann, wenn der Reisende mit dem falschen Gepäckstück womöglich von Frankfurt nach Stuttgart oder Hamburg weiter gereist sei.

Neben detektivischem Spürsinn brauchen die Gepäckermittler häufig auch Geduld, Einfühlungsvermögen und gute Nerven. „Viele Gäste verstehen, dass wir nicht diejenigen sind, die das verursacht haben, sondern da sind, um ihnen zu helfen und das Gepäck schnellstmöglich wieder an den Mann zu bringen“, sagt Schulz.

Anzug, Unterlagen, Kuscheltier

„Die menschliche Komponente ist hier schon sehr ausgeprägt“, meint Friske zu Situationen, wenn die Nerven blank liegen. Am Schalter der Gepäckermittler offenbaren sich dann die kleinen Dramen – wenn etwa der Koffer des Geschäftsmanns mit dem Anzug für das wichtige Meeting unterwegs verschollen ging oder bei der Landung aus dem Urlaub das Lieblingskuscheltier eines Kleinkinds fehlt. Aber das, sagt Friske, „macht die Arbeit auch so interessant“. (dpa/lhe)