Freiherr Robert von Süsskind hat im Fränkischen Seenland in Bayern einen Landschaftspark geschaffen, der die Besucher in seinen Bann zieht.
Unterschwaningen.
Ist dieser Mann verrückt? Wer Robert von Süsskind nicht kennt, ist beim ersten Kennenlernen erstmal verdattert. Der Freiherr spricht schneller, als Unkraut wächst.
Dazu hat er Augen, die so hellblau sind, dass der bayerische weiß-blaue Sommerhimmel dagegen wie eine dunkle Gewitterwolke wirkt. Bekannt ist Freiherr Robert von Süsskind auch als grüner Baron. Denn auf seinem Anwesen Schloss Dennenlohe in Mittelfranken hat er einen Landschaftspark kreiert, der seines gleichen sucht.
Abends, die Ankunft nach langer Fahrt in einem unspektakulären Dorf. Unterschwaningen liegt völlig abgelegen in der fränkischen Pampa. Doch da taucht plötzlich ein Weiher auf, ein Gutshof und ein Schloss: Dennenlohe. Der symmetrische Barockbau befindet sich bereits in achter Generation im Besitz der Familie von Süsskind.
Parcours durch die Gartenwelt
„Möchten Sie vor dem Abendessen schon mal kurz einen Blick in den Garten werfen?“, fragt der Hausherr zur Begrüßung. Und schon geht es los: ein rasender Parcours durch die Süsskind’sche Gartenwelt, gefühlt wie ein Galopp durch eine Traumlandschaft im Abendlicht.
Los geht es mit einem Labyrinth und einem angrenzenden Irrgarten aus Thuja. „Der Irrgarten hat viele Fehlwege, während das Labyrinth ein durchgehender Weg ist“, erklärt der Baron rasch im Vorbeigehen. Sich verirren, sich verlieren, sich wiederfinden – damit spielte man in der großen Zeit der Gartenkunst im Barock.
Doch Dennenlohe präsentiert keinen Barockgarten wie im 17. Jahrhundert, sondern einen Landschaftspark des 21. Jahrhunderts – mit vielen verschiedenen Einzelbereichen. Sie spiegeln die teils verrückten Ideen des Gartenmachers wider. Da sind zum Beispiel vier riesige Hinkelsteine auf einer Mini-Halbinsel in einem kleinen Teich, der „Ochsensuhle“, so aufgestellt, dass sie eine Parkbank umrahmen. Stonehenge à la Dennenlohe.
Früher ein plattes Feld
Schon geht es einen Hügel hinauf. Der Hausherr schreitet flott voran. „Den Schlossgarten nahe am Haus, unseren Privatgarten, gab es schon lange“, sagt von Süsskind und zeigt auf das Gelände, „doch unser 26 Hektar großer Landschaftspark war bis vor wenigen Jahren noch Acker.“
Seit 1990 gräbt, schaufelt, baggert er auf diesem schweren Boden. Er verwandelte das platte Feld in eine gestaltete Landschaft. Dafür legte er sogar künstlich Hügel an.
Am Anfang gab es keinen fixen Plan, alles entwickelte sich nach und nach. Begonnen hat der Franke mit dem Rhododendronpark, für den Schloss Dennenlohe bekannt ist. „Wir haben inzwischen 500 Rhododendron- und Azaleensorten“, zählt der Freiherr auf. Rot, rosa, violett leuchten ihre Blüten.
Inzwischen ist der asiatische Teil der Dennenloher Parkwelt erreicht. Ein Fußpfad führt am Rande des Schlossweihers über mehrere Mini-Eilande. Seltene Pflanzen säumen den verschlungenen Weg über kleine Inseln. Dann geht es über mehrere Brücken. Die eine schwimmt, die andere schwingt. Die Hängebrücke mündet in einem dichten Bambuswald. Tief drinnen weilt ein großer Buddha, als hätte er auf einen gewartet. Magie oder Wirklichkeit?
Von Chrysanthemen-Aster bis Akanthus
Robert von Süsskind eilt weiter durch sein Gartenreich. Da und dort wirft er kurz Pflanzennamen in die Abendluft. „Das ist eine schwarzblühende Königkerze, hier wächst eine seltene Chrysanthemen-Aster, dort Akanthus.“
Auch mit den lateinischen Pflanzennamen kennt er sich aus. Der 63-jährige Adlige hat selbst eine Gärtnerlehre absolviert. Nachdem er in Sankt Gallen Wirtschaft studierte, zunächst als Makler sein Geld verdiente, schließlich mit dem Park anfing, entschied er sich mit 52 Jahren noch eine Lehre zu machen. „Ich war der älteste Lehrling von allen.“ Höhepunkt im Park ist der Bhutanberg. Bunte buddhistische Gebetsfahnen wehen im Wind. Erhaben thront auf dem Hügel ein echter Tempel aus Bhutan. Den hat der Gartengestalter aus dem Himalaya in die fränkische Landschaft im tiefsten Bayern verpflanzt.
Privatgarten des Schlosses
Zeit zum Sundowner mit Blick auf die weite Garten-, Park- und Waldlandschaft. Es eröffnet sich eine Prärieebene voller Lupinen, mit Wiesen, einem Wollgrastümpel und einem Hang mit Kakteen und Agaven.
Im Kino kommt beim Anblick einer Prärie eigentlich immer jemand angaloppiert. Und tatsächlich – wie im Film – reitet Frau Baronin auf einem spanischen Andalusier heran. Ohne sie geht auf Dennenlohe gar nichts. Während der Baron als Nobel-Gärtner in Gummistiefeln eigenhändig mäht, säht und pflanzt, kümmert Sabine von Süsskind sich um das Marketing und die Veranstaltungen im privaten Schlosspark.
Durch das runde und feuerrote, typisch chinesische Mondtor geht es in den Privatgarten des Schlosses. Der Pfau des Anwesens schreit und schlägt ein Rad. Schnell bückt sich der Adlige und hebt ein Papierfitzelchen auf.
Dinner im Speisesalon
Zuletzt führt eine eingewachsene Treppe steil zum Schloss hinauf. Und flugs verschwindet der Baron. „Ich bringe noch rasch die Gänse in den Stall“, sagt’s, biegt um die Ecke und lockt ein Gänsepaar auf Französisch mit „Allez! Allez!“
Zum Schuhe-Wechseln blieb für die rasende Gartentour ja keine Zeit. Und so erinnern sich auch die Abendschühchen an den unvergesslich klebenden Lehmboden vom Landschaftspark Schloss Dennenlohe. Der Obergärtner des Hauses erscheint zum Dinner im Speisesalon im Jackett mit Krawatte. (dpa)