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Corona-Style Urlaub: Tausende Plätze dank Pop-up-Camping?

Corona-Style Urlaub: Tausende Plätze dank Pop-up-Camping?

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Ein Urlauber steht in Ferropolis mit einem Standup-Paddel-Board (SUP) vor ausgedienter Bergbautechnik. Wegen Corona finden dort in diesem Jahr keine großen Festivals statt. Mit sogenanntem Pop-up-Camping sollen Urlauber in das Areal gelockt werden. 50.000 Standplätze für Campingfans stehen auf dem Areal zur Verfügung. Foto: Sebastian Willnow/dpa
Ein Hamburger Unternehmer will bis zu 50 000 Standplätze für Wohnmobile schaffen – quasi aus dem Nichts. Vor allem auf Festivalgeländen sollen sogenannte Pop-up-Campingplätze entstehen und hygienisch sicheren Urlaub gewährleisten.

Gräfenhainichen. 

Camping am Kohlebagger: Das ist von nun an in Sachsen-Anhalt möglich. Auf das Veranstaltungsgelände Ferropolis bei Gräfenhainichen (Landkreis Wittenberg) in Sachsen-Anhalt strömen normalerweise Zehntausende Musikfans wegen des „Melt!“- und „Splash“-Festivals – die fallen dieses Jahr aber wegen Corona aus.

Jetzt entsteht dort ein sogenannter Pop-up-Campingplatz. „Mit diesem Experiment wollen wir auch Teile des ausgefallenen Festival-Geschäfts kompensieren“, sagt Ferropolis-Geschäftsführer Thies Schröder. Damit beteiligen sich die Verantwortlichen an einem bundesweiten Projekt, des Hamburger Unternehmens „Pop-Up Camps“ um den Geschäftsführer Jobst von Paepcke. Unter anderem können bereits in Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen Stellplätze gebucht werden.

Schnell Platz schaffen

Ziel sei es, auf die Schnelle mehr innerdeutsche Plätze zu schaffen, auf denen coronasicher Urlaub gemacht werden kann. Anfang März ist von Paepcke selbst an Corona erkrankt, wie er erzählt. Eigentlich arbeite er als Filmproduzent etwa auf Festivals. Das Geschäft sei durch Corona jedoch nahezu komplett eingebrochen. „Wir haben uns im April darauf eingestellt einen arbeitsarmen, aber dafür umso schöneren Sommer zu haben“, sagt er. Eigentlich wollte er mit seiner Familie campen und surfen, habe jedoch gemerkt, dass die Campingplätze sehr gefragt gewesen sind.

Zum Start des Projekts sollen Unternehmensangaben zufolge insgesamt 3000 bis 4000 Stellplätze an den verschiedenen Orten zur Verfügung stehen. Bliebe es dabei, wäre das im bundesweiten Vergleich eine überschaubare Anzahl, doch das Vorhaben soll wachsen: „Wenn wir es uns wünschen dürfen, auf 30 000 bis 50 000“, sagt von Paepcke. Laut Statistischem Bundesamt gibt es deutschlandweit rund 3000 Campingplätze mit 230 000 touristischen Standplätzen. Hinzu kämen geschätzt 3600 Wohnmobilstellplätze mit 60 000 Standplätzen, teilt der Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD) mit.

Erfahrung mit dem schnellen Aufbau

Durch seine Arbeit auf Festivals wisse von Paepcke, dass die Veranstalter in der Lage sind, schnell eine temporäre Infrastruktur für Camper aufzubauen. „Wenn man denen ein Konzept gibt und zeigt, so geht es coronasicher, dann können die in sehr kurzer Zeit sehr viel Kapazität schaffen und sie haben die Flächen.“ Er habe Veranstalter angesprochen und Ferropolis habe sofort zugesagt.

Bei vielen großen Festivalbetreibern stößt das Vorhaben jedoch nicht auf offene Ohren: „Wir beteiligen uns nicht an Gimmicks. Das sind lediglich Beschäftigungstherapien“, teilen etwa die Veranstalter von „Rock am Ring“ und „Rock im Park“ auf Anfrage mit. Es brauche ein baldiges Wiedereinstiegsszenario, damit Veranstaltungen, die ins nächste Jahr verschoben wurden, auch tatsächlich so stattfinden könnten.

Die Organisatoren des „Wacken Open Air“ lassen mitteilen, dass sie „bisher keinerlei Überlegungen in dieser Richtung angestellt haben“. Für die Konzertproduktion FKP Scorpio – die unter anderem die Festivals „Hurricane“, „Southside“, „Highfield“ und „Deichbrand“ organisiert – komme die Idee „aus unterschiedlichsten Gründen“ nicht in Frage.

Airbnb für Camping?

Bislang sei das Konzept des Pop-up-Campings vor allem auf Wohnwagen und Wohnmobile ausgelegt, da es für Zelte mehr Genehmigungsprobleme gebe, erklärt von Paepcke. Vorgesehen seien drei Kategorien: Zur Ersten gehörten Anbieter wie Ferropolis, die Festival-Gelände zur Verfügung stellen können. Zur zweiten Kategorie zählten bereits bestehende Stellplätze, die in das Angebot mit aufgenommen werden. Zudem können sich online auch private Anbieter wie Landwirte melden, die über das Unternehmen ihre Flächen zur Verfügung stellen – eine Art Airbnb für Camping.

Ob es im Sommer aber tatsächlich zu überfüllten Campingplätzen kommt, bezweifelt der BVCD. „Ein enormes Problem mit den Kapazitäten sehe ich bundesweit nicht“, betont der Geschäftsführer des Verbands, Christian Günther. Er sagt jedoch auch: „Regional kann es schon mal voll werden.“ An ihn sei aber noch kein Fall von Überfüllung herangetragen worden. (dpa)