Braga – Römische Mauern und portugiesisches Markttreiben
Wer an den Norden Portugals denkt, dem fallen vor allem Porto und sein berühmter Wein ein – doch hat der Norden mit seinen beiden Städten Braga und Barcelos viel mehr bieten. Die Kathedrale, Portugals größte Kirche, ist dabei nur eine von zahlreichen kulturellen Attraktionen, die Touristen in Braga bewundern können.
Braga.
Für den Norden Portugals stehen Porto und sein berühmter Wein, in diesem Jahr auch Guimaraes als Kulturhauptstadt Europas. Aber wer kennt schon Braga oder gar Barcelos? Und doch haben beide Städte viel zu bieten.
Abends in Braga angekommen, nun noch schnell ins Restaurant „Frigideiras do Cantinho“ gegenüber vom Hotel. Ein Platz am Tresen ist noch frei. Der Blick nach unten macht etwas schwindlig, denn er fällt auf einen Glasboden, unter dem sich Mauern abzeichnen. Barkeeper Miguel ist auf die Verwunderung seiner Gäste eingestellt: „Das sind die Reste eines römischen Hauses aus dem dritten Jahrhundert – Wohnräume, Badezimmer. Unsere Stadt ist immerhin etwa 2.000 Jahre alt!“
Dass es eigentlich noch ein paar Jahre mehr sind, zeigt sich beim Stadtrundgang am nächsten Morgen, wenn man einem Hinweis folgt, den Literaturnobelpreisträger José Saramago in seinem Buch „Die portugiesische Reise“ gibt: In Braga solle man sich zuerst die Fonte do Idolo ansehen, die „Quelle des Götzenbildes“. Überdacht vom modernen Besucherzentrum läuft das kleine Rinnsal aus dem Felsen, umgeben von in die Steine geritzten Figuren und Schriftzügen. Offensichtlich befand sich hier schon in vorrömischer Zeit ein Heiligtum der alten Lusitanier.
Das „Rom“ Portugals
Ein paar Straßen weiter erhebt sich, massig wie eine Burg, das Wahrzeichen der Stadt – die Kathedrale, die größte Kirche Portugals, die sich durchaus mit der des etwa 200 Kilometer entfernten spanischen Santiago de Compostela messen kann. Braga ist nicht nur Sitz des Erzbischof-Primas von Portugal, sondern bereits seit römischen Zeiten Bischofsstadt. In einer Seitenkapelle hängen Tafeln mit den Namen der Bischöfe, die weit in frühchristliche Zeiten zurückreichen. Andere Kapellen sind mit überbordender Pracht ausgestattet. Heiligenfiguren aus Elfenbein, Chorgestühl aus brasilianischem Holz, Gerätschaften aus massivem Silber – das kleine Portugal war einst eine Weltmacht mit riesigem Kolonialbesitz.
Im Kirchenschiff thront eine gewaltige Barockorgel, wohl eine der prächtigsten weltweit. Das Museum für sakrale Kunst quillt förmlich über vor Schätzen – Kreuze, Kelche, Madonnenkronen, Monstranzen, Bischofstäbe und -gewänder, vieles verziert mit Smaragden, Rubinen und anderen Edelsteinen. Die Erzbischöfe von Braga wollten ihre Stadt zum „Rom“ Portugals machen.
Der Kopf schwirrt; José Saramago hatte recht: Der im Laufe der Jahrhunderte angesammelte dekorative Reichtum in der Kathedrale von Braga überfordert die Aufnahmefähigkeit der Besucher. Ganz in der Nähe bietet der Garten der Heiligen Barbara das Kontrastprogramm für die Augen: eine verschwenderische Blütenpracht in allen Farben des Spektrums, dahinter recken sich die trutzigen Mauern des alten Bischofspalastes in die Höhe, einer der schönsten Parks Portugals. Der Stadtbummel führt vorbei an einigen der mehr als zwanzig Kirchen und Paläste der Stadt, dann ist es Zeit für ein Café. Aber welches? „Astoria“, „Lusitana“ oder „Vianna“? Der Tipp der netten Dame in der Touristeninformation erweist sich als goldrichtig. Das Café „Brasileira“ ist gemütlich, einfach himmlisch sind die Fruchttörtchen „a la Brazil“ mit diversen tropischen Früchten und Crème Chantilly.
Von Hähnen und Märkten
Wer es etwas beschaulicher mag, dem sei ein Ausflug ins nahe Barcelos empfohlen, für Saramago eine „anmutige Stadt“. Vom jenseitigen Ufer des Rio Cávado eröffnet sich ein wunderschönes Panorama: die alte Wassermühle unten am Fluss, hoch darüber die Stadtmauer, die Ruine des Schlosses und die Stadtkirche. Im Ort selbst stößt man allenthalben auf überdimensionale Figuren von Hähnen. Sie gehen auf eine alte Legende zurück: Ein durchziehender Jakobspilger wurde beschuldigt, gestohlen zu haben, worauf ihn der Richter zum Tode verurteilte. Als der Mann kurz vor dem Galgen noch mal zu ihm geführt wurde, beteuerte er seine Unschuld, so wahr beim Hängen der Hahn krähen würde, den der Richter vor sich gebraten auf dem Teller hatte. Der Hahn krähte, der Pilger kam frei.
Jeden Donnerstag herrscht buntes Treiben in der Stadt. „Hier findet einer der größte Wochenmärkte Portugals statt, eine Tradition, die über 600 Jahre zurückreicht“, erzählt Anabela im Tourismusbüro. Obst, Käse, Wurst, Töpferwaren und Kunsthandwerk – alles aus der Region.
Rund um den Marktbrunnen ist „Hahn-Land“. Hier gibt es das Tier, das inzwischen fast schon zum Markenzeichen des Landes wurde, in allen Varianten, vom Hähnchen aus Metall bis zum großen, krähenden Plastikvogel. Andere Marktareale bieten Gartengeräte, Möbel, Handwerkszeug, Bekleidung – einige Kaufhäuser könnten damit gefüllt werden. Als erste Regentropfen fallen, haben jedoch die Stände mit Regenschirmen Konjunktur. (dapd)