Biosphärenreservat ist tiefster See Norddeutschlands
Mecklenburg-Vorpommern ist eines der beliebtesten Urlaubsziele in Deutschland. Das Bundesland kann dabei mit Ostseeküste und Seenplatte aufwarten. Doch auch das Biosphärenreservat Schaalsee zieht Besucher an. Unter Hamburgern gilt die Region um Gallin, Zarrentin und Rehna bereits als Geheimtipp.
Essen.
Ernst Schönherr ist ein Original. Eine halbe Autostunde von Schwerin entfernt, hat der frühere Fliesenleger auf seinem Grundstück in Bestenrode eine Miniaturwelt aus Sperrmüll, Milchkannen und Fahrradfelgen erbaut, die es bereits zwei Mal ins Guinness Buch der Rekorde geschafft hat. Brandenburger Tor, Eiffelturm und andere bekannte Wahrzeichen – umgeben von Rapsfeldern und alten Bauernhäusern. Alles etwa vier Meter hoch, ein wenig schief, dafür aber mit jeder Menge Herzblut gezimmert.
Wenn Schönherr von seiner Arbeit erzählt, spricht er dabei gleichzeitig über die gesamte Region. „Ich hatte auch mal die sinkende Titanic, aber die habe ich im Winter verfeuert“, lacht der 74-Jährige, der an diesem Morgen im Schlafanzug über den Hof wandert. Kurz darauf trägt er Cowboyhut, Jeans und Stiefel, zeigt seine aus Stoffresten gebastelte Angela Merkel und spricht über die Besuchergruppen, die hier fast täglich vorfahren.
Nicht zuletzt wegen der Landschaft ist Mecklenburg-Vorpommern eines der beliebtesten Urlaubsziele Deutschlands. Im Fokus stehen dabei oft die Ostseeküste und die Seenplatte. Das Biosphärenreservat Schaalsee liegt aus Sicht der meisten Touristen fast schon etwas abseits an der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein. Gerade unter Hamburgern gilt die Region um Gallin, Zarrentin und Rehna schon lange als Geheimtipp – zur Naherholung, zum Radfahren, Schwimmen und Ausspannen. Wer einen Schlafplatz sucht, wird unter anderem auf dem Storchenhof Cicoania fündig. Nach Ernst Schönherr trifft man hier gleich auf zwei weitere Exoten. Aus Köln. Die beiden Frauen betreiben einen Bauernhof, vermieten Zimmer, backen Kuchen oder leben ihre Leidenschaft für alte VW-Busse aus. „Manche Kinder weinen, wenn sie abreisen müssen. Die verlieben sich in die Tiere“, berichtet Monika Kröbler-Reh.
Schaalsee ist 24 Quadratkilometer groß
Der Schaalsee ist 24 Quadratkilometer groß und mit bis zu 71,5 Metern der tiefste See Norddeutschlands. Um einen alten Wachturm herum hat man einen Fallgraben angelegt, Stacheldraht gespannt und die Atmosphäre des so genannten Niemandslandes nachgestellt, das das Grenzgebiet hier einst war. Einige Kilometer weiter informiert das Grenzhaus mit einer Dauerausstellung über das Leben an der Grenze. Von hier aus startet auch eine der Radtouren, die einmal ganz um den See führt. „Im Biosphärenreservat leben mindestens 250 Vogelarten, dazu zahlreiche Fische und rund 500 Käfersorten“, erzählt Bodo Schömer. Der 63-Jährige führt durch das Kalkmoor. Wenn Schömer spricht, dann hört man ihn vermutlich noch in Lübeck. „Schauen wir doch mal, was ich in meinem Beutel habe“, brüllt er. Wie ein Zauberer zieht er dann ganz langsam eine lebende Ringelnatter aus einem Stoffsack. Später kramt er noch ein ausgestopftes Mauswiesel hervor. Es folgen präparierte Fledermaus und Mauersegler.
Anreise, Veranstalter, Kontakt
Essen.
Anreise:Mit der Bahn ( 01806/99 66 33, www.bahn.de) nach Niendorf am Schaalsee. Mit dem Auto: A43 Münster, A1 Bremen, A24 Berlin/Schwerin, Ausfahrt Zarrentin
Veranstalter: Pauschalangebote bietet das Biosphärenreservat Schaalsee ( 038851/30 20, www.schaalsee.de) an.
Mario Axel ist einer von zwölf Rangern im Biosphärenreservat. „Mit etwas Glück sehen wir sogar ein Nandu“, sagt er und zeigt auf die Hügel, die sich steil zu beiden Seiten erheben. Mit dem Nandu hat die Region um den Schaalsee seit einigen Jahren einen neuen Bewohner. Der flugunfähige Vogel kommt eigentlich aus Südamerika, ist aber offenbar recht anpassungsfähig und lebt nun vor allem auf Stilllegungsflächen und Rapsfeldern. Die Tiere gehörten ursprünglich zu einer Privatsammlung, liefen ihrem Besitzer allerdings davon und 80 haben sich seit dem Jahr 2000 bei Utecht angesiedelt.
Blick in alte Dorfschule von Rosenow wagen
Wer nach all den Begegnungen mit eigensinnigen Mecklenburgern noch immer nicht genug hat, kann einen Blick in die alte Dorfschule von Rosenow wagen. Offiziell heißt das Restaurant von Ute Alm-Linke „De oll Doerpschaul“. Während der Kräutergarten schon auf das Speisenangebot schließen lässt, präsentiert sich der Innenraum als Klassensaal, dekoriert mit allerhand Nippes, Kuscheltieren, Büchern, Tafeln und frischen Blumen. Nein, den Schaalsee vergisst man tatsächlich nicht so schnell.