Wenn Geschenke einen Lehrer teuer zu stehen kommen
Beamte dürfen keine Präsente annehmen. Abschiedsgruß einer Klasse wurde einer Lehrerin zum Verhängnis. Nur kleine Aufmerksamkeiten werden toleriert.
An Rhein und Ruhr.
Ein Strauß Blumen, ein Büchergutschein und eine Schachtel Pralinen – was als kleine Aufmerksamkeit gedacht ist, kann Lehrern schnell zum Verhängnis werden. Erst recht, wenn das Geschenk mal etwas üppiger wird. Ein Trikot vom Lieblingsverein oder Konzertkarten für den favorisierten Musiker – ist das noch eine nette Geste oder etwa schon Bestechung?
Eine Lehrerin in Berlin kam die Dankbarkeit ihrer Abiturklasse jetzt sogar ganz besonders teuer zu stehen. Weil ihr die Schüler ein Geschenk im Wert von rund 200 Euro machten, schaltete sich die Staatsanwaltschaft ein. 4000 Euro zahlte die Pädagogin, um die Einstellung des Verfahrens zu erwirken.
Laut gesetzlicher und arbeitsrechtlicher Regelungen ist es Beamtinnen und Beamten sowie Tarifbeschäftigten des Landes Nordrhein-Westfalen im Schulbereich grundsätzlich nicht gestattet, Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vorteile anzunehmen. „In vielen Ämtern werden aber kleine Zuwendungen mit einem Wert zwischen 10 und 20 Euro toleriert“, erklärt Oberstudiendirektor Josef Kraus, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbandes. Trotzdem rät er seinen Kollegen: „Sollte man ein Geschenk überreicht bekommen, sollte man es dem Vorgesetzten melden, um direkt Transparenz herzustellen.“
Schulleiter sollten allgemeine Regeln für ihr Kollegium aufstellen
Es gibt allerdings auch sogenannte „stillschweigende Genehmigungen“. Hierzu zählen Geschenke, die von einer „Personengesamtheit“ kommen – also der Klassenpflegschaft oder einer Schülergruppe. Diese müssen aber dem „allgemeinen Empfinden nach als angemessen zu bewerten“ sein. Als Beispiele nennt das Schulministerium Blumen oder Pralinen. Sie seien als Maßstab zu sehen. Einen vorgeschriebenen Höchstbetrag gebe es aber nicht, teilt eine Sprecherin mit. Die Richtlinien sind nicht eindeutig.
Kraus rät daher Schulleitern, fürs Kollegium Regeln abzusprechen. „Wir werden mindestens einmal im Jahr auf einer Konferenz auf das Thema hingewiesen. So entstehen bei uns zum Glück erst gar keine Probleme“, erklärt eine Grundschullehrerin aus dem Ruhrgebiet. Ein generelles Verbot hält sie aber nicht für notwendig. „Es ist doch auch eine nette Geste der Elternschaft und zeugt davon, dass man gute Arbeit geleistet hat.“ Der Rahmen müsse aber immer gewahrt bleiben. „Um nicht in die unangenehme Situation zu kommen, ein Geschenk bei der Abschiedsfeier nicht annehmen zu wollen, kann man den Eltern vorher durchaus zu verstehen geben, dass eine Aufmerksamkeit eben eine kleine bleiben muss und nicht zu groß werden darf“, erklärt sie.
Natürlich liege die Schuld in dem Berliner Fall bei der Lehrerin, die das Geschenk nicht hätte annehmen dürfen, sagt eine junge Gymnasiallehrerin vom Niederrhein. Allerdings könne man von Eltern und auch von Schülern erwarten, dass ihnen bewusst ist, dass solche Aufmerksamkeiten einen gewissen Preisrahmen nicht sprengen dürfen.
Unternehmen geben sich eigene Regeln
Auch Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft haben sich an Regeln zu halten. Diese stellen die Unternehmen selbst auf. „Viele haben so genannte Compliance-Richtlinien. Diese Anständigkeitsregeln geben vor, was die Mitarbeiter annehmen dürfen“, sagt Hans Jürgen Dohmern, Berater zum Thema Strafrecht bei Transparency Deutschland. Die Anerkennung sollte aber in seinen Augen nicht 100 Euro übersteigen. „Das sind dann alles keine Wohltaten mehr, sondern beeinflussen Entscheidungen erheblich.“