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Tierheim soll Tiere aus Kostengründen getötet haben

Tierheim soll Tiere aus Kostengründen getötet haben

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Adoptieren statt kaufen: Einem Tier ein neues Zuhause schenken Foto: dpa
Zwei ehemalige Mitarbeiterinnen haben Anzeige gegen ein Krefelder Tierheim erstattet. Tiere wurden aus Wirtschaftlichkeit eingeschläfert, sagen sie.

Krefeld. 

Die Anschuldigungen wiegen schwer: In 30 bis 40 Fällen soll das Tierheim des „Tierschutzvereins Krefeld und Umgebung von 1877“ in den vergangenen Jahren Tiere eingeschläfert haben, die noch zu behandeln gewesen wären. Zwei ehemalige Mitarbeiter zeigten die Tierheimleitung, Mitglieder des Vereins, die für das Tierheim verantwortlichen Tierärzte und das Veterinäramt Krefeld bei der Staatsanwaltschaft an. Ihr Vorwurf: Wirtschaftlichkeit sei über das Wohl der Tiere gestellt worden.

Elisabeth Schüller und Melanie Pütz wollten im Juli 2014 nicht länger zusehen. Die Tierpflegerinnen kündigten ihre Jobs im Krefelder Tierheim. „Wir haben bei vielen Fällen versucht zu intervenieren, haben mit dem Tierheimleiter diskutiert“, sagt die 29-jährige Schüller, die von 2011 an als Tierpflegerin im Tierheim gearbeitet hat. Vergebens: „Wir sollten es wirtschaftlich sehen.“ Vor allem Katzen, die von einer Pilzerkrankung befallen waren, seien voreilig und zu Unrecht eingeschläfert worden.

Fernsehsendung bringt Stein ins Rollen

Nach ihrer Kündigung suchten die beiden Frauen Rat bei Anwältin Susan Beaucamp, die auf Tierschutzrecht spezialisiert ist. „Frau Beaucamp hat uns geraten zuerst den Weg in die Öffentlichkeit zu suchen, bevor wir die Vorgänge anzeigen“, sagt Schüller. Im Frühjahr 2015 nahm sich Vox der Geschichte an. In der vergangen Woche brachte die Ausstrahlung der Sendung „hundkatzemaus“ den Stein ins Rollen.

„Die Idee war, die Anzeige etwa zeitgleich mit der Ausstrahlung einzureichen.“ Auf Nachfrage bestätigte die Krefelder Staatsanwaltschaft die Anzeige. „Wir prüfen momentan ob es eine gesetzliche Grundlage für eine Strafverfolgung gibt“, sagte ein Sprecher. Das die Anzeige jedoch zu einer Verurteilung führt, glaubt Elisabeth Schüller nicht. Ihre Anwältin nimmt an, dass „alle versuchen werden, sich die Schuld zuzuschieben“, sagt Schüller. Sie hofft aber, dass der öffentliche Druck dazu führt, dass „der Tierschutzverein Tierschutz auch ernst nimmt und nicht nur wirtschaftlich denkt.“

Landestierschutzverband ist alarmiert

Vorwurf Die behandelnde Tierärztin wie auch der Vorsitzende des Vereins Thomas Sprünken beziehen momentan keine Stellung zu den Vorwürfen, da es sich um ein schwebenes Verfahren handelt. Auf ihrer Facebookseite wehrt sich der Verein aber gegen die Vorwürfe: „Sollte nach Abwägung aller uns bekannten Umstände und Ausschöpfung aller medizinischer Therapien keine andere Möglichkeit als die Euthanasie eines Tieres bleiben, dann wird sie durch das Tierärzteteam, die Ethikkommission bzw. die Tierklinik durchgeführt. Platzprobleme sind nie der Grund für eine Euthanasie!“ Außerdem habe der Tierschutzverein eine Stellungnahme an den Landestierschutzverband NRW abgegeben.

Dort ist man alarmiert. Der Vizepräsident und Tierarzt Dr. Ralf Unna sieht genügend Indizien, die ein Fehlverhalten nahelegen. „Das, was ich in Akten und auf Fotos gesehen habe, erfordert, dass man der Sache nachgeht“, sagt Unna. Die Behandlung von Katzen mit Pilzkrankheiten sei zwar in manchen Fällen aufwendig, zeitintensiv und kostspielig, aber möglich.

Einen weiteren Vorwurf richtet Dr. Unna an das Krefelder Veterinäramt und den verantwortlichen Amtstierarzt. „Der hat eine Garantenpflicht, dass in seinem Gebiet die Tierschutzgesetzte durchgesetzt werden.“ Wenn nötig müsse er ein Tierheim schließen lassen, bis ein Pilzinfektion erfolgreich behandelt ist.

Stadt sieht keinen Straftatbestand

Der Tierschutzverein ist vertraglich verpflichtet, jedes Fundtier anzunehmen. Kostenpunkt für die Stadt 2015: 290.000 Euro. Das geht aus einer Pressemitteilung der Stadt hervor. „Problem ist natürlich, dass sich die Stadt als Auftraggeber und Kontrollinstanz in einem Zwiespalt befindet. Wohin mit den Tieren, wenn ein Tierheim eine Zeit lang keine Tiere mehr aufnehmen kann?“, fragt Dr. Unna. Aber: „Der Amtstierarzt hat eine starke Rechtsposition und muss diese auch nutzen.“

Die Stadt Krefeld gibt zu Protokoll, dass es „wegen der Vorwürfe im Sommer eine Überprüfung gab. Dabei wurden keine ahndbaren Ordnungswidrigkeiten festgestellt. Ebenso wenig gab es tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat.“ Und weiter: „Über eine möglicherweise notwendige Euthanasie eines Tieres entscheidet übrigens der behandelnde Tierarzt aufgrund einer medizinischen Indikation. Der Amtstierarzt ist nicht in die Entscheidungsfindung der Ethikkommission des Tierschutzvereins eingebunden.“

Ob gegen Paragraph 1 des Tierschutzgesetz („Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“) verstoßen wurde und wer dafür verantwortlich wäre, muss nun die Staatsanwaltschaft klären.