Das wäre in der Tat ein Paukenschlag, gerade für die Tafeln in NRW. Jahr für Jahr landen laut Bundeslandwirtschaftsministerium elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Um diese gigantische Zahl zu reduzieren, fordert jetzt Baden-Württembergs Ernährungsminister Peter Hauk (62, CDU): „Das Mindesthaltbarkeitsdatum muss in seiner bestehenden Form abgeschafft werden, denn es ist noch immer ein Grund dafür, dass zu viele Lebensmittel weggeschmissen werden.“
Hauk schlägt in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vor: Das Mindesthaltbarkeitsdatum könne durch das Produktionsdatum oder einen anderen Begriff (zum Beispiel „Qualität garantiert bis“) ersetzt werden. In Deutschland würden Verbraucher nämlich häufig davon ausgehen, dass die Produkte „abgelaufen“ und somit ungenießbar seien, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten würde.
Tafel in NRW: Idee könnte alles ändern – sind dann Spenden in Gefahr?
Das Bundeslandwirtschaftsministerium von Minister Cem Özdemir (57, Grüne) zeigt sich für diese Idee offen. Doch welche Auswirkung hätte das auf die Tafeln in NRW, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum bundesweit abgeschafft würde? Schließlich werden etliche Lebensmittel kurz vor Ablauf des Datums an die vielen Tafeln gespendet, die sie dann wiederum an die Kunden weiterreichen.
DER WESTEN hat mit Petra Jung von Tafel NRW gesprochen. Sie ist ehrenamtliche Sprecherin des Landesverbands der Tafeln in Nordrhein-Westfalen, kennt die Situation vor Ort wie kaum eine andere Person. Sie sagt: „‚Mindestens haltbar bis‘ heißt nicht ‚tödlich ab‘! Das Thema beschäftigt die Lebensmittelretter der Tafeln natürlich. ‚Ganz ohne‘ können wir uns das aus organisatorischer Sicht weder für den Lebensmittelhandel noch für die Tafeln vorstellen. Wie unterscheidet man ältere Ware von neuerer?“
Haltbarkeitsdatum wichtig für Tafeln
Sie verweist auf Werbemaßnahmen der Tafeln, nimmt die Konsumenten in die Pflicht: „Die allermeisten Lebensmittel werden in privaten Haushalten in die Tonne gehauen. Man sollte nicht blind an ein Stichtag-Datum glauben, sondern mit allen Sinnen prüfen, ob das Lebensmittel gut ist. Sieht es gut aus? Riecht es gut? Schmeckt es noch gut?“
Die Tafeln würden vor Ort die Lebensmittel prüfen, vor allem die Ware, die bei einem örtlichen Supermarkt abgeholt wird. Generell sei aber ein Zeitfenster für die Haltbarkeit für die Tafel NRW von großem Nutzen. Jung: „Unsere ehrenamtlichen Helfer in der Logistik koordinieren aus der Ferne Warenlieferungen direkt von Herstellern. Da ist die Abfrage eines Datums als Anhalt für die Haltbarkeit mehr als hilfreich.“
Begriffsänderung? „Sagt mehr aus“
Sie plädiert dafür, dass man den Begriff ändere: „Aufklärung der Öffentlichkeit tut Not. Im Englischen heißt es ‚best before‘. Ein „am besten verzehren bis…“ sagt mehr aus, hat weniger von Verderblichkeit an einem Stichtag und ist umgangssprachlicher, vielleicht sogar verständlicher.“
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Und weiter: „Tatsache ist: Sofern Ware über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus ist, wird riskiert, dass Tafel-Kunden misstrauisch die noch genießbare Ware schlimmstenfalls wegwerfen.“