Veröffentlicht inRegion

Essener Studentin war auf der „Sea Watch 3“: Verena (25) findet deutliche Worte für Kapitänin Rackete

Essener Studentin war auf der „Sea Watch 3“: Verena (25) findet deutliche Worte für Kapitänin Rackete

verena würz1.jpg
Verena Würz war mehr als vier Wochen auf der „Sea Watch 3“. Foto: privat

Essen/Düsseldorf. 

Vier Wochen war die Essener Medizinstudentin Verena Würz (25) auf der „Sea Watch 3“. Dort behandelte die Düsseldorferin Folteropfer, kümmerte sich um die Versorgung von mehr als 50 Menschen an Bord.

Am Wochenende lenkte Kapitänin Carola Rackete die „Sea Watch 3“ in den Hafen von Lampedusa – trotz Verbots der italienischen Behörden. Die Düsseldorferin Verena Würz erlebte das alles hautnah mit.

„Sea Watch 3“: Düsseldorferin war an Bord des Seenotrettungsschiffs

Als sie in den Hafen von Lampedusa eingelaufen seien, hätten sich die Ereignisse überschlagen, berichtet sie. Etliche Polizisten und eine fremdenfeindliche Parolen brüllende Gruppe empfingen die „Sea Watch 3“ aber auch Unterstützer waren in Samstagnacht um halb 2 vor Ort.

Polizisten kamen an Bord und verhafteten Kapitänin Carola Rackete. >>> hier alle Infos in unserem News-Blog

Trennung nach 17 Tagen auf engstem Raum

„Das anzusehen und das Loch, das durch ihre Abwesenheit in die Crew gerissen wurde, tat weh“, sagt Verena Würz. Nach fast drei Tagen ohne Schlaf und unglaublicher Erschöpfung ging dann alles ganz schnell.

„Wir trennten uns also innerhalb von wenigen Minuten in großer Eile von den Menschen, zu denen wir in den letzten 17 Tagen eine enge Beziehung aufgebaut haben“, erzählt sie.

Angefangen hatte alles am 12. Juni. Da rettete die Crew um die Düsseldorferin 53 Migranten in Seenot. Auf engstem Raum lebte sie mit den Geretteten, versorgte schlimmste Folterverletzungen, hörte sich dramatische Schicksale an.

———————————————

Mehr Themen:

Rebecca Reusch: Experte hat düsteren Verdacht – „Wir wissen, dass es sowas gibt…“

Mann badet im Garten in der Sonne – plötzlich stürzt eine Leiche vom Himmel

Top-Themen des Tages:

Angela Merkel: CDU-Chefin AKK äußert sich zu Zitteranfällen der Kanzlerin

———————————————

Die Situation am Ende sei kritisch gewesen. Die See war zwar ruhig, aber die Temperaturen unglaublich heiß gewesen. Die Crew sorgte sich, dass die traumatisierten und dehydrierten Menschen über Bord springen und den Freitod wählen könnten.

Crew trägt Racketes Entscheidung mit

Daher sei die Entscheidung Racketes, das Schiff trotz Verbots in Lampedusa in den Hafen zu steuern, die richtige und eine gemeinsam getroffene gewesen. „Auch wenn sie jetzt alleine vor Gericht steht, wir alle standen hinter jeder ihrer Entscheidungen und können nur sagen: „’It was us, not you’“, schreibt die 25-Jährige daher auf Facebook.

https://twitter.com/seawatchcrew/status/1146194959910998016?ref_src=twsrc%5Etfw

Nach 17 Tagen endete die Irrfahrt der „Sea Watch 3“, „nicht weil eine politische Lösung gefunden worden wäre, oder sich die Europäische Union zu Menschenrechten bekannt hätte, sondern weil wir mit Caro das Glück hatten, einen Menschen mit unfassbarem Mut und persönlicher Stärke als Kapitänin an Bord gehabt zu haben“, sagt Verena über die Kapitänin.

Zurück in Düsseldorf bleibt die Leere

Verena Würz ist mittlerweile zurück in Düsseldorf. Sie sei sehr dankbar für die Zeit auf dem Schiff, habe unfassbare Geschichten gehört und beeindruckende Menschen innerhalb der Crew und der Geretteten kennengelernt.

„Alles was in den letzten Wochen passiert ist, die riesige Verzweiflung und starken Emotionen hinterlassen nun erst mal eine große Leere. Welche Schlüsse und Erkenntnisse ich persönlich daraus ziehe, dass wir in untragbarer Situation so lange und auch schlussendlich endgültig allein gelassen wurden, weiß ich noch nicht.“ Erstmal heißt es, das Erlebte verarbeiten.

Würz: „Hier sehen wir weg“

Sie sieht sich nicht als politische Aktivistin, sondern betrachtet das Erlebte vor allem aus Sicht einer angehenden Ärztin: „Wie ist es möglich, dass wir als Mediziner in Deutschland schwören das Leben zu achten und Leben zu retten, wo immer es uns möglich ist. Jeder Mensch, der ohne Hilfeleistung an einem Unfall vorbei fährt, macht sich strafbar. Aber hier, im Mittelmeer, sehen wir weg, während Menschen ertrinken.“

Für sie steht daher fest. Wenn es wieder eine „Sea-Watch“-Mission gibt: „Ich bin dabei!“ Die Bewerbung ist schon raus.