Ein Mann aus NRW hatte sich vorgenommen, den „normalen“ Alltag hinter sich zu lassen und nur mit dem Fahrrad die Welt zu entdecken. Der 39-Jährige schnappte sich 2021 einen Reisepartner und fuhr über Osteuropa nach Asien.
Ein Traum sollte in Erfüllung gehen. Frei sein und fremde Kulturen kennenlernen. Dass es anstrengend werden würde, war dem Fahrrad-Reisenden klar. Aber eine Sache hatte er nicht kommen sehen. Im Gespräch mit DER WESTEN erzählt Moritz Heller, wie er auf einmal im Gefängnis landete.
NRW: Hier steckten sie den Fahrrad-Touristen in den Knast
Wenn Moritz Heller nicht gerade mit dem Fahrrad die Welt bereist, lebt der 39-Jährige in Düsseldorf und arbeitet an der Heinrich-Heine-Universität als selbständiger Videoeditor. Vor einigen Jahren habe der 39-Jährige aber die Fahrrad-Doku „Berlin2Shanghai“ der Hoepner-Zwillinge gesehen und war wie elektrisiert. „Für mich die beste Fahrrad-Doku bis heute. Von da an war für mich klar: Das will ich auch machen“, erzählt Heller gegenüber DER WESTEN.
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Dass er aber so schnell im Gefängnis landen würde, damit hat Heller 2021 nicht gerechnet. „Es war an der polnisch/ukrainischen Grenze, Bodomir. Unsere Offline-Route führte uns durch ein Waldgebiet, entlang der Grenze, wo wir den Checkpoint ansteuerten. Bei Ankunft erfuhren wir, dass wir die Grenze bereits überschritten haben. Uns wurde eine illegale Einreise vorgeworfen“, erinnert sich Heller.
NRW: „Unsere Meinung wurde nicht erhört – Einzelhaft“
Heller und sein Reisepartner hatten das Pech, dass ihnen der Kontakt zur deutschen Botschaft und auch ein Übersetzer verwehrt wurde. Mühselig versuchten sie das Missverständnis aus der Welt zu schaffen. „Unsere Meinung wurde nicht erhört. ‚Grenzwertige‘ Englisch-Kenntnisse der Beamten führten uns schließlich in die Zelle. Einzelhaft. 24 Stunden Gewahrsam. Ich denke daran, wie Johnny Cashs Vater einmal sagte, jetzt musst du den Leuten nicht mehr ,’vormachen‘ im Gefängnis gewesen zu sein“, sagt Heller gegenüber DER WESTEN.
Im Gefängnis ging es für den 39-Jährigen dann zum medizinischen Check. „Ein 16-Jähriger hat unseren Puls gemessen und die Werte eingetragen. Ich erinnere mich, wie ich als Kind diese Doktorspiele gemacht habe. Ein absoluter Zirkus“, so Heller. Scheinbar waren die Fahrrad-Touristen ein gefundenes Fressen für die nicht sehr beschäftigten Beamten. „Noch am nächsten Morgen schreiben die ukrainischen Zeitungen und die Deutsche Presse-Agentur in allen Blättern von einer Beabsichtigten illegalen Einreise. Immerhin wiesen manche Online-Magazine auf unseren Social-Media-Kanal ‚Kettegeben‘ hin. Danach stieg unsere Reichweite“, erzählt Heller.
NRW: „Die Beamten dachten, dass wir russische Spione sind“
In der Nachbetrachtung spricht Moritz Heller über Ängste und über den Kontakt zur Deutschen Bundesregierung. „Ich habe selten Angst. Ich wusste, dass wir wieder freikommen. Die Beamten hatten viel mehr Angst, da sie dachten, wir seien russische Spione. Das haben sie uns extra drei mal gefragt!“. Der 39-Jährige versuchte in der brenzligen Situation immer ruhig und besonnen zu bleiben. „Ich wusste ja, dass wir unschuldig hinter Gittern waren“, so Heller gegenüber DER WESTEN.
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Auch der Kontakt zur deutschen Botschaft haben den 39-Jährigen etwas beruhigt. „Die deutsche Botschaft aus Kiew hat uns zwischen den Zeilen mitgeteilt, dass wir nach 24 Stunden wieder freikommen. Es lohne sich nicht, anwaltliche Schritte vorzunehmen.“ Und so kam es dann am Ende auch.