In den eigenen vier Wänden fühlt man sich doch am wohlsten. Für die meisten Mieter ist das auch das Normalste von der Welt, doch Burhan Kandemir hat in seiner Wohnung in Düsseldorf (NRW) seit über einem Jahr nicht mehr geschlafen.
Alles fing damit an, dass sein Vermieter Bauarbeiten in der Wohnung über ihm in Auftrag gegeben hatte. Doch das hatte fatale Folgen für Kandemir, denn plötzlich bröselte es von der Decke. Dann klaffte ein gewaltiges Loch über ihm. Der 55-Jährige musste sofort seine Wohnung verlassen und das bis heute. Kandemir hat nun einen bösen Verdacht und erhebt schlimme Vorwürfe gegen seinen Vermieter.
NRW: Plötzlich bricht die Decke ein
„Ich saß im Wohnzimmer am Esstisch am Laptop, dann wollte ich Richtung Wintergarten, um eine Zigarette zu rauchen. Auf dem Weg dahin, knackte es auf einmal hinter mir und ich hörte ein krachendes Geräusch. Als ich im Wohnzimmer wieder ankam, kam mir eine leichte Staubwolke entgegen und kurze Zeit später kam die Decke runter“, erinnert sich Burhan Kandemir im Interview mit DER WESTEN.
Das war am 18. November 2021 und seitdem kann der 55-Jährige nicht mehr in seine Wohnung zurück. Der WDR berichtete zuerst darüber.
Zwei Tage zuvor sei schon der Putz und der Beton im Schlafzimmer von der Decke gebröckelt. Der Düsseldorfer Kandemir schaltete die Bauaufsicht ein, die Stadt versiegelte das Gebäude und verhing ein Verweilverbot wegen Einsturzgefahr. Die Arbeiten seien nicht genehmigt gewesen, heißt es in dem Schreiben. Der 55-Jährige durfte noch das Wichtigste zusammenpacken und musste dann sofort raus. Zuerst kam er auf Kosten seines Vermieters in einem Hotel unter. Später zog er in ein Appartement, was der Eigentümer des sanierungsbedürftigen Gebäudes für ein halbes Jahr lang ebenfalls bezahlt habe.
„Danach ging es richtig los. Im Juni 2022 hat mein Vermieter gemeint, mein jetziges Appartement nicht mehr zu zahlen, wenn ich knapp 6.000 Euro für die alte Wohnung nicht nachzahlen würde. Sie haben festgestellt, dass ich seit Dezember 2021 keine Miete mehr gezahlt habe – aber wofür auch, schließlich habe ich da nicht mehr gewohnt“, erklärt der Angestellte der Bundespolizei, der am Flughafen Düsseldorf arbeitet. Seitdem müsse er für das 35-Quadratmeter große Appartement fast vollkommen selbst aufkommen. Lediglich 70 Euro Differenz würden vom Vermieter noch gezahlt. Und dabei sei die Miete fast genauso hoch wie die für seine Wohnung mit 90 Quadratmetern.
„Einfach nur der Horror“
„In einem Raum muss ich essen, trinken und schlafen – das ist für mich einfach nur der Horror. Ich vermisse einfach die Empathie meines Vermieters. Er hat sich bei mir bis heute nicht einmal entschuldigt. Er hat nicht gesagt, dass es ihm leidtut, was er mir angetan hat“, erzählt Kandemir geknickt. Dabei wolle er einfach nur in seine Wohnung, in der er elf schöne Jahre bereits verbracht habe, zurück. Miteinander kommunizieren würden die beiden Parteien überwiegend nur noch über ihre Anwälte.
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Kandemir vermutet, dass sein Vermieter eine eiskalte Strategie verfolge, um ihn loszuwerden. Denn wie sich herausstellte wurde das Gebäude bereits im Mai 2022 entsiegelt. Doch der Vermieter habe den 55-Jährigen erst sieben Monate später darüber informiert. Inzwischen habe er auch die Schlösser an der Haustür ausgetauscht. Als der Eigentümer wechselte, kündigte er große Sanierungspläne bereits an. Drei von vier Bewohnern seien aus Sorge vor heftigen Mieterhöhungen bereits ausgezogen, nur Kandemir ist noch übrig. Der Düsseldorfer glaubt, dass der Vermieter ihn mürbe machen möchte, damit auch er noch kündigt. DER WESTEN hat den Vermieter über seine Anwälte mit einigen dieser Vorwürfe konfrontiert und um Stellungnahme gebeten – doch die Gegenseite will sich nicht äußern.
SPD-Politikerin schaltet sich ein
Inzwischen hat sich auch die SPD-Bundestagsabgeordnete und Berichterstatterin für Mietrecht, Zanda Martens, eingeschaltet. Sie kommt aus der direkten Nachbarschaft von Burhan Kandemir und will dem verzweifelten Mann helfen. Im Gespräch mit DER WESTEN sagte die Politikerin, dass sein Erlebnis leider kein Einzelfall sei. Auch sie glaubt, dass der Vermieter ihn gezielt raushaben wolle: „Noch bevor die Decke runtergekommen ist, wurde die Heizung im ganzen Haus abgedreht. Somit musste Herr Kandemir im Winter ohne Heizung leben, obwohl es technisch möglich gewesen wäre, seine Wohnung zu beheizen.“ All diese Vorfälle seien eine übliche Vorgehensweise bei „Entmietungshaien“.
Mittlerweile gibt es jedoch frohe Kunde. Herr Kandemir hat Bescheid bekommen, dass die Sanierungsarbeiten in seiner Wohnung bis Ende März abgeschlossen sein sollen. Am 1. Mai 2023 könne er dann wieder einziehen. Doch die Miet-Expertin hat ihre Zweifel: „Der tatsächliche Baubeginn ist der Düsseldorfer Bauaufsicht noch nicht angezeigt worden. Im Haus finden aber offensichtlich wieder Bauarbeiten statt, es muss jedoch bezweifelt werden, dass sie jetzt legal sind. Deshalb habe ich leider nicht die Hoffnung, dass bis Mai wirklich alles instandgesetzt ist.“ Die Bundestagsabgeordnete will nun einen Marathon durch die zuständigen städtischen Behörden starten, um den Prozess voranzutreiben und Kandemir zu seinem Recht zu verhelfen. Laut Burhan Kandemir wurde inzwischen vom Amtsgericht ein Termin für ein Vergleichsverfahren im April angesetzt.