Tragödie in Krefeld: Die Kinder stürzten aus fast acht Metern Höhe auf den Asphalt. Ihr Zustand ist kritisch.
Krefeld.
Die Fenster im zweiten Stock sind verschlossen. Das Haus im Krefelder Norden ist ein Altbau, von den Fenstern dürften es sieben oder acht Meter bis zum Boden sein – harter Asphalt. Auf den ersten Blick gibt es keine Spuren der furchtbaren Tragödie, die sich vor wenigen Stunden an diesen Fenstern im Dachgeschoss abgespielt hat. Eine alleinerziehende Mutter soll am Montagmorgen um 4.45 Uhr ihre drei kleinen Kinder aus einem der Fenster geworfen haben, bevor sie versuchte, sich selbst umzubringen.
Als ein Radfahrer die drei, fünf und sechs Jahre alten schreienden und weinenden Kinder findet, sind sie in Lebensgefahr. Auch Stunden später ist ihr Zustand kritisch. In der Wohnung stößt die Polizei auf die Mutter: Auch sie befindet sich zunächst in Lebensgefahr, bald darauf geben die Ärzte für die 33-Jährige aber Entwarnung.
Anwohner zeigen sich schockiert: „Das hätten wir der Frau nicht zugetraut“, sagt ein älteres Paar. „Das war so eine nette Familie. Es ist sehr tragisch, was dort passiert ist.“ Eine Nachbarin sagt, sie sei von Schreien wach geworden und habe zunächst gedacht, es seien Katzen. „Bei genauerem Hinhören dachte ich mir: Das können keine Katzen sein“, sagt die Frau. „Das ist ein Kind!“ Die Mutter sei eigentlich immer sehr nett mit ihren Kindern umgegangen.
Was treibt eine Mutter dazu, ihre drei Kinder aus dem Fenster zu werfen? Erklären möchte sich die Frau den Ermittlern nicht, obwohl sie dazu befragt wird. Später unterhält sich ein Psychiater mit der Frau. Ob er sich einer Antwort annähern konnte, ob sich die Frau ihm anvertraut hat, bleibt zunächst ein Geheimnis der Ermittler. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.
Der Vater der Kinder, er lebt woanders, wird informiert. Kann er das Geschehen aufhellen? Mit Hintergründen und möglichen Motiven halten sich die Ermittler zunächst bedeckt. Die Staatsanwaltschaft hat noch bis Dienstag Zeit zu entscheiden, ob sie Untersuchungshaft oder die Einweisung der Frau in eine Psychiatrie beantragen wird. Auf eine von beiden Möglichkeiten wird es hinauslaufen, denn außer ihr war niemand in der Wohnung, sie gilt als dringend tatverdächtig.
Auf der Rückseite des Hauses ist die Eingangstür gleich mehrfach versiegelt. Sie führt zu jener Wohnung im Dachgeschoss. Kurz zuvor haben vier Beamte in Zivil das Haus verlassen und sind wortlos davongefahren. Mitten in der Nacht soll die 33-Jährige das Fenster geöffnet und ein Kind nach dem anderen aus dem Haus an den Bahnschienen geworfen haben. Es sind zwei kleine Jungen im Alter von drei und fünf Jahren sowie ihre ältere Schwester, ein sechsjähriges Mädchen.
Kein Problembezirk
Hüls ist eine bürgerliche Wohngegend, kein sogenannter Problembezirk. Der Ort mit über 900-jähriger Geschichte wurde 1975 als nördlicher Stadtteil der Großstadt Krefeld zugeschlagen. In dem beigefarbenen Haus war früher einmal eine Gaststätte untergebracht.