Kreis Wesel.
Das gehört zum Job: Als Landrat muss man auch Dinge tun, von denen man selbst nicht unbedingt überzeugt ist. Ansgar Müller (SPD) lässt gegenüber der NRZ keinen Zweifel daran: „Der Kreistagsbeschluss ist für mich maßgebend.“ Also wird der Weseler Landrat mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) Verhandlungen über einen möglichen Austritt des Kreises im Jahr 2020 aus dem Verband führen. Müller selbst ist hingegen der Meinung, dass der Kreis von der RVR-Mitgliedschaft unterm Strich sehr wohl profitiert.
Frühestens Ende März können die Verhandlungen über einen Abschied vom Ruhrgebiet beginnen. Halden, Wälder und Wege, das Naturforum auf der Bislicher Insel, das Freizeitzentrum Xanten (FZX), Veranstaltungen wie „Extraschicht“ und „Lange Nacht der Wissenschaft“: Alles, was der RVR im Kreisgebiet unterhält, wird in diesen Gesprächen auf den Tisch kommen. Es wird darüber geredet werden, wer Aufgaben und RVR-Besitz wie übernehmen könnte. Einige Zahlen aus dem Jahr 2008 liegen noch vor, schon damals war in Wesel intensiv über einen RVR-Abschied diskutiert worden.
Kommunen zufriedenmit RVR-Betreuung
Klar scheint: Ein Abschied könnte schon allein durch die Übernahme des Grundbesitzes teuer werden. Derzeit zahlt der Kreis Wesel rund vier Millionen Euro Umlage an den Regionalverband. Müller selbst äußert sich ausdrücklich nicht zu möglichen Kosten („Das wäre Spekulation“). Er glaubt, dass Wesel beim RVR gut aufgehoben ist und der Verband viel für den Kreis tut. Beispielhaft nennt der Landrat die Erweiterung des Naturforums und die Aktivitäten in der Üfter Mark: „Diese Liste ließe sich aber noch ewig fortsetzen.“ Gerade bei der Regionalplanung zeige sich der RVR bemüht und habe wichtige Projekte wie die Erweiterung des Hafens Emmelsum unterstützt: „In allen 13 Rathäusern unseres Kreises gibt es eine hohe Zufriedenheit mit der planerischen Betreuung durch den RVR.“ Zudem bedeute die Mitgliedschaft beim RVR nicht, so Müller, dass man nicht auch mit anderen Gebietskörperschaften sehr gut zusammenarbeiten könne. Das zeige sich zum Beispiel am Tourismus.
Dass die Austrittsverhandlungen nun noch bis mindestens Frühjahr auf sich warten lassen, liegt nicht an Müller, im Gegenteil. Der Landrat hatte die RVR-Verbandsversammlung am Freitag umgehend informiert. Seitens der CDU gab es dort aber keinen Antrag, RVR-Chefin Karola Geiss-Netthöfel ebenfalls mit Verhandlungen zu beauftragen, wie es für einen freiwilligen, einvernehmlichen Austritt nötig wäre. Augenscheinlich war die Initiave zwischen der CDU im Kreis und der im RVR nicht abgestimmt Nun will die RVR-Versammlung auf ihrer nächsten Sitzung über das Thema beraten, und die ist erst Ende März..
Gesetzentwurf sieht ab 2020keinen Austritt mehr vor
Der späte Start der Verhandlungen macht es nun spannend, weil parallel auf NRW-Ebene die Beratungen am neuen RVR-Gesetz voranschreiten. Die Kreis-CDU hat ihre Initiative damit begründet, dass der Gesetzesentwurf keine Austrittsmöglichkeit nach dem Jahr 2020 mehr vorsieht. Solle das Gesetz doch noch eine solche Möglichkeit bereithalten, wäre der Auslöser für den Kreistagsbeschluss entfallen.
Allerdings: Eine solche Nachbesserung, quasi eine „Lex Wesel“, war bislang kein Thema, stattdessen hat die geplante Direktwahl des RVR-Parlamentes für Diskussionen gesorgt. Dass ein Austritt ab 2020 nicht mehr möglich sein soll, wird mit der Regionalplanung begründet. Diese Planung ist – etwa wenn es um Kraftwerke oder Gewerbegebiete geht – auf lange Sicht angelegt und benötigt ein einheitliches Planungsgebiet. Sollten sich einzelne Städte oder Kreise aus diesem Gebiet verabschieden, entstehen plötzlich weiße Flecke auf der Planungslandkarte.