- Viele Tierheime quellen in der Ferienzeit über – auch 2016 haben sie Hochsaison
- Insbesondere Katzen werden langsam aber sicher zum Problem
- Mancherorts gilt bereits ein Aufnahmestopp für Samtpfoten
Essen.
In roten Buchstaben steht es auf der Startseite des Internetauftritts des Tierheims in Gelsenkirchen: Der Aufnahmestopp für Abgabe-Katzen wurde verhängt. „Die Aufnahmekapazität für Katzen ist in unserem Tierheim wieder einmal komplett ausgeschöpft!“, heißt es. Deshalb sei das Tierheim gezwungen, diese Maßnahme zu ergreifen. „Sobald sich die Situation wieder normalisiert hat, werden wir dies an dieser Stelle bekannt geben.“
„Die Grenze von 150 ist erreicht, jetzt ist Schluss“, sagt Thorsten Wiese, stellvertretender Leiter vom Tierheim Gelsenkirchen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass einige der 150 Tiere noch Babys bekommen. Den Grund für die hohe Anzahl der herrenlosen und abgegebenen Katzen sieht Wiese im Internet. Viele Tiere würden dort angeboten, oft zu kleinen Preisen: „Aber dann will niemand die Folgekosten, wie zum Beispiel für die Kastration, übernehmen.“
Probleme auch mit unkastrierten Streunern
Das daraus resultierende Problem stellt sich für den privaten Tierschutzverein Gelsenkirchen und Umgebung außerhalb des Tierheims: Viele Streuner sind in den Straßen unterwegs. Der Tierschutzverein fängt sie ein, lässt sie kastrieren und setzt sie danach in ihrem gewohnten Terrain wieder aus. „Wir können diese Katzen nicht alle aufnehmen“, so Wiese. Das Problem sei, dass viele der Streuner bereits in zweiter Generation auf der Straße lebten und dementsprechend nicht an Menschen gewöhnt seien. „Solche Tiere sind unvermittelbar.“ Ausgenommen jemand suche keine Tiere zum kuscheln sondern als reine Mäusefänger. Auf diese Weise könne der Tierschutzverein wenigstens die unkontrollierte Vermehrung der Straßen-Katzen einschränken.
Um die Versorgung der Streuner zu gewährleisten, werden außerdem einige Futterstellen unterhalten. Die Kosten für Kastration und Futter trägt der Verein. Wie viele Katzen pro Jahr eingefangen und kastriert werden, kann der stellvertretende Tierheimleiter nicht genau beziffern, schätzt die Zahl aber auf etwa zwischen 200 und 400. Das sei von Jahr zu Jahr unterschiedlich.
„Eine Kastrationspflicht ist wichtig!“
Im Tierheim Herne Wanne leben momentan etwa 50 Katzen. Die Geschäftsführende des Tierschutzvereins Herne-Wanne, Veronika Wolff, meint, eine Kastrationspflicht könnte die Lage in einigen Städten deutlich entspannen: „Viele Leute schaffen sich eine Katze an, lassen sie nicht kastrieren, weil es eine Wohnungskatze ist, aber auch die büchsen mal aus.“ Trächtige Tiere oder der Nachwuchs würden nicht selten einfach vor die Tür gesetzt. „Eine Kastrationspflicht ist wichtig!“, so Wolff.
Aufnahmestopp seit Jahren
Schon seit etwa drei Jahren gibt es einen Aufnahmestopp für Abgabe-Katzen sowie Abgabe-Hunde im städtischen Tierheim in Mülheim an der Ruhr. „Wir sind ein rein städtisches Tierheim und die Kommunen sind dazu verpflichtet, Fundtiere aufzunehmen, deshalb müssen wir für Fundtiere immer Platz haben“, so Tierheimleiterin Marion Niederdorf.
Für Abgabe-Tiere könnten sie lediglich einen Aushang machen. Im Moment sind im städtischen Tierheim in Mülheim insgesamt 47 Katzen untergebracht. Auch für Marion Niederdorf hat der Anstieg der Abgabe-Tiere seine Wurzeln im World Wide Web. „Früher hatten wir hier um die 20 Katzen. Mittlerweile haben wir Zahlen von bis zu 80 erreicht. Im Internet werden über Kleinanzeigen so viele Tiere verkauft, die können gar nicht alle untergebracht werden.“
In Hagen ist es eng
Als städtisches Tierheim ist das Tierheim in Hagen dazu verpflichtet, Fundtiere unterzubringen. Tierheimleiterin Stefanie Ackermann erklärt: „Auch unsere Kapazitäten sind im Moment erschöpft, deshalb nehmen wir Abgabe-Tiere nur in absoluten Ausnahmefällen an.“ Dies sei kein offizieller Aufnahmestopp, weil eine Aufnahme jedes Mal eine Einzelentscheidung sei.
Es gebe tierschutzrechtliche Gründe, die eine Aufnahme erforderlich machten. „Zum Beispiel haben Zwangsräumungen Vorrang vor den Katzen, die aus einer Laune abgegeben werden“, macht die Tierheimleiterin deutlich. „Wir folgen dem Tierschutzgedanken, aber nur soweit das vertretbar ist.“
Lage in Essen und Bochum noch entspannt
Das Albert-Schweitzer-Tierheim in Essen beherbergt aktuell rund 90 Katzen. Tierheimleiterin Tilly Küsters ist bei der Zahl noch zuversichtlich: „Im Moment geht’s eigentlich noch. Nur die Quarantäne-Station ist sehr voll.“ Die Zusammenarbeit mit Pflegestellen für Katzen funktioniere sehr gut, was die Lage zumindest für das Essener Tierheim etwas entspannt.
Im Tierheim in Bochum ist die Katzen-Situation noch übersichtlich, erklärt der Auszubildende Dennis Förste und dementiert damit anderslautende Medienberichte. 22 Tiere warten dort in den Katzenstuben auf einen neuen Besitzer. „Es kommen immer neue Katzen, dafür werden auch regelmäßig welche abgeholt. Es gibt viele Interessenten“, so der Azubi.
Kapazität ist eine Frage von Platz und Mitarbeitern
Grundsätzlich sagt die Anzahl der Tiere nicht direkt etwas über die Auslastung des Tierheims aus, denn die Kapazität ist immer abhängig von der vorhandenen Grundfläche sowie den zur Verfügung stehenden Mitarbeitern. Manche Tierheime arbeiten mit externen Pflegestellen, während andere die Tiere lediglich in ihren eigenen Räumlichkeiten unterbringen können.
Die Aspekte, die von Tierheimmitarbeitern und Tierschützern immer wieder aufgegriffen werden, sind nicht kastrierte Katzen und vor allem Streuner, die für Städte zum Problem werden und der damit verbundene Wunsch nach einer Kastrationspflicht. Zudem sehen viele den Grund für die steigenden Zahlen der Abgabe-Tiere im Internet, das als Tiermarkt für jedermann Tierwelpen zu Dumpingpreisen anbietet.