An Rhein und Ruhr.
Sie kamen in der Nacht und sie waren vom Fach: Bisher unbekannte Einbrecher haben einem Brieftaubenzüchter in Mülheim vor wenigen Tagen 50 Zucht- und Jungtauben gestohlen. Der Wert wird auf bis zu 50 000 Euro geschätzt. Längst nicht der einzige Fall innerhalb von gut einer Woche.
„Die Täter kannten sich aus“, ist sich Heinz Fenten, Bauunternehmer in Mülheim und international erfolgreicher Taubenzüchter, sicher. Zwischen Sonntagabend und Montagmorgen müssen die Einbrecher auf sein Gelände in einem Gewerbegebiet im Stadtteil Heißen geschlichen sein. Spuren hinterließen sie offenbar keine, ist der 69-Jährige erstaunt. „Als ich am Montagmorgen nach den Tauben schaute, waren die Schläge verschlossen, doch die Tiere waren weg“. Fenten vermutet, die Täter waren mit Nachtsichtgeräten zugange: „Wenn sie Licht angemacht hätten, wären die Tauben aufgeschreckt worden, aber im Schlag lag keine Feder“.
Erst vor wenigen Tagen meldete ein Vogelzüchter in Oberhausen den Verlust von 400 seltenen Vögeln; Wert etwa 30 000 Euro. Anfang der Woche wurden einem Geflügelzuchtverein in Mönchengladbach 400 wertvolle Rassetauben gestohlen. Der Wert sei noch nicht zu beziffern. Weitere Vogelzüchter etwa in Dinslaken und Gelsenkirchen wurden in den vergangenen Monaten Opfer von Tier-Dieben. Auch deutsche Zoos beklagten im vergangenen Jahr eine Diebstahlserie, etwa in Krefeld oder Dortmund. Gestohlen wurden unter anderem Tiere verschiedener seltener Affenarten.
Die Polizei tappt im Dunkeln. In Mönchengladbach sagt ein Sprecher, bei den Tätern könnte es sich um reisende Banden handeln. Die Mülheimer Polizei sagt nur: „Die Ermittlungen laufen“. Taubenzüchter Fenten vermutet „eine Tiermafia“. Rasse- und mehr noch Brieftauben aus Deutschland sind international sehr gefragt. Eine Brieftaube von Heinz Fenten hatte Anfang Februar bei einem Wettbewerb in Südafrika 37 000 Euro Preisgeld erhalten. Dem Düsseldorfer Züchter Hans-Paul Eßer war Ende 2014 eine Brieftaube gestohlen worden, die gar 150 000 Euro Wert sein soll. In Asien seien für eine sehr gute Brieftauben sogar schon mehr als 300 000 Euro gezahlt worden, heißt es.
Beim Landesverband Rheinischer Rassegeflügelzüchter will man auf die Entwicklung reagieren: Bei der nächsten Bundesschau in der Messe Niederrhein werde erstmals auch ein Wachdienst organisiert, der das Gelände auch nachts beaufsichtigen soll, sagt der Vorsitzende Wolfgang Terwege.
Spanische Erdbeeraugenund Wiener Tümmler
Zudem warnt der Verband auf seiner Internetseite vor Diebstählen und listet die in Mönchengladbach gestohlenen Rassetauben auf, unter anderem Wiener Tümmler, Budapester Kurze und Spanische Erdbeeraugen; letztere haben in Deutschland nur etwa 25 Züchter, von insgesamt 300 000 aktiven Rassegeflügelzüchtern.
Züchter Heinz Fenten kann nicht darauf hoffen, dass seine gestohlenen Brieftauben einfach wieder zu ihm zurückfliegen: Jungtiere werden erst ab einem Alter von vier Wochen auf ihren Schlag eingewöhnt, erklärt ein Sprecher des Verbands Deutscher Brieftaubenzüchter. So alt waren Fentens Jungtauben noch nicht. Und seine gestohlenen Zuchttauben sind nicht „eintrainiert“, weil sie nur der Zucht dienen.
Unterdessen warnt Fentens Frau Ute auf ihrer Facebookseite andere Taubenzüchter und listet die Ringnummern der gestohlenen Tiere auf. So lässt sich vielleicht auf Geflügelmärkten Verdächtiges entdecken. Die Ringe am Bein gelten als „Personalausweis“ der Tiere. Doch ein Hindernis für Diebe sind sie wohl kaum, hießt es in einem Facebook-Eintrag: „Es werden meist die Ringe entfernt und dann die eigene Zucht mit den Tieren erhöht. Die Jungen bekommen dann ihre neuen Ringe…“