Issel-Pegel sinken: Lage im Hochwasser-Gebiet beruhigt sich
Starke Regenfälle lassen Pegel der Issel in Hamminkeln auf über zwei Meter anschwillen.
Rund 1000 Hilfskräfte aus vielen Teilen NRWs im Kreis Wesel im Einsatz.
Weitere Unwetterwarnung für den Donnerstagnachmittag.
Kreis Wesel.
Die Deichkrone des Issel-Damms bei Hamminkeln hat am Donnerstagnachmittag den Wassermassen nicht mehr standhalten können: Etwa 600 Meter flussaufwärts des Lokals „Roadhouse“ trat die Issel aus ihrem Bett. Die Wassermassen drohten in Richtung A3 zu fließen. Zeitweise zog die Polizei auch eine Sperrung der Autobahn in Betracht. Das war aber nicht nötig.
Die Lage habe sich in der Nacht zum Freitag entspannt, teilte der Krisenstab in Hamminkeln mit. Der Wasserstand der Issel am Pegel Dämmerwald sei auf 1,00 Meter gesunken. Der Krisenstab bezeichnete die Lage als „stabil mit leichter Tendenz Richtung Entspannung“.
Immer noch 390 Helfer im Einsatz
Derzeit werde Wasser aus der Issel in den Weikensee gepumpt, um die Dämme zu entlasten. Die weitere Entwicklung werde vom Wetter der nächsten Stunden und Tage abhängen.
Zur Zeit sind noch 390 Helfer sind noch im Einsatz. 68 000 Sandsäcke wurden verbaut, weitere 35 000 lagen als Reserve bereit. Auch der Bürgermeister von Isselburg war in der Nacht zum Freitag „vorsichtig optimistisch“, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur aus dem Hochwassergebiet berichtete.
Die Feuerwehr pumpe Wasser aus der Issel in den Weikensee. So werde Druck von der Kanalisation und vom Deich genommen. Zudem sei der Damm auf Höhe der Straße Vierwinden geöffnet worden, um die Issel zu entlasten.
68.000 Sandsäcke zum Schutz vor Wasser verbaut
Wegen der Überschwemmungen sei die Bahnstrecke zwischen Bocholt und Wesel gesperrt. Ein Ersatzverkehr mit Bussen wurde eingerichtet. Auch am Freitag müssen Pendler noch mit Problemen rechnen, heißt es.
Das Umspannwerk an der Güterstraße in Hamminkeln wurde mit Sandsäcken gegen Wasser geschützt. Insgesamt, bilanziert der Krisenstab, wurden 68.000 Sandsäcke verbaut. 35.000 haben Feuerwehr und THW noch in Reserve – schließlich kann es das ganze Wochenende noch starken Regen geben.
Verwirrung um Bruch des Issel-Damms
Zuvor hatte es mehrfach Verwirrung gegeben: Etwa 1000 Meter oberhalb der Ringenberger Straße sei ein meterlanger Spalt im Deich, ganz in der Nähe der A3, berichtete Bürgermeister Bernd Romanski unserem Reporter vor Ort. Der Bürgermeister war ebenso wie Innenminister Ralf Jäger und Landrat Ansgar Müller vor Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
Gegen 17 Uhr konnte der Krisenstab bei der Kreisverwaltung Wesel im Gespräch mit unserer Redaktion noch Entwarnung geben: Der Damm sei nicht gebrochen, die Autobahn sei nicht akut gefährdet – insgesamt sei die Lage derzeit recht entspannt. So entspannt, wie eine Krisensituation eben sein kann. Am späten Nachmittag wurde aus der ersten Meldung dann jedoch Realität: Der Damm hielt den Wassermassen nicht stand.
Krisenstab seit der Nacht im Einsatz
Bereits seit der Nacht koordinierte der Krisenstab, zu dem neben Vertretern der Kreisverwaltung auch Polizei, Feuerwehr, Hilfsorganisationen und Bundeswehr gehören, die Einsätze von Feuerwehr, THW und Hilfsorganisationen. Der Landrat hatte den Katastrophenalarm ausgerufen. Dieser wird ausgelöst, wenn ein Notfall die besondere Koordination der Hilfskräfte verlangt beziehungsweise für dessen Bewältigung die technischen und finanziellen Mittel oder rechtlichen Befugnisse der normalerweise zuständigen Gemeinden nicht ausreichen.
Pegel der Issel war auf 2,10 Meter gestiegen
Nach dem Starkregen am Mittwochabend und der Nacht zu Donnerstag war der Pegel der Issel, die durch den Ort fließt, auf 2,10 Meter gestiegen. Normal seien etwa 70 Zentimeter. Nachdem der Issel-Pegel bis zum Vormittag um etwa einen Zentimeter pro Stunde gestiegen war, hatten Feuerwehrleute unter anderem am Bruchweg im Ortsteil Vierwinden an mehreren Punkten den Deich geöffnet. Mit Spaten hoben sie etwa 1,50 Meter breite Durchstiche aus, durch die sich das angestaute Wasser der Issel auf große Wiesen, die bis zur Autobahn 3 reichen, verteilen kann. So erhoffen sich die Einsatzkräfte eine Entspannung der Situation – mit Erfolg. Denn gegen Mittag konnte so zumindest ein weiterer Anstieg vermieden werden.
„Im Moment sieht es deutlich nach Entspannung aus“, schrieb der Kreis Wesel um 14.10 Uhr auf seiner Facebook-Seite. 23.000 Säcke wurden bis dahin bereits gefüllt und verteilt, weitere 20.000 Sandsäcke präventiv vorbereitet. Trotz verschiedener Überläufe der Issel in Marienthal, Klosterweg und am Königsbach in Hamminkeln-Dingden sei die Lage durch die Arbeit der Einsatzkräfte insgesamt unter Kontrolle, so der Krisenstab bei der Kreisverwaltung Wesel am Mittag. Zur Entlastung der Dammanlage werde eine kontrollierte Polderöffnung an einer geeigneten Stelle im Brüner Bruch/Gut Grenzenlust durchgeführt.
1000 Einsatzkräfte aus vielen Teilen NRWs im Kreis Wesel im Einsatz
Insgesamt sind etwa 650 Einsatzkräfte vor Ort. Auch aus anderen Landesteilen sind Einsatzkräfte angefordert worden. Bis zu 350 weitere Helfer werden erwartet. Die Mülheimer Feuerwehr etwa hat nach eigenen Angaben 35 Kollegen abgestellt, die mit Pumpen und Stromaggregaten nach Hamminkeln gefahren sind. Weitere 75 Einsatzkräfte wurden kurz vor Mitternacht von den Feuerwehren Essen und Oberhausen entsandt. Die Duisburger Feuerwehr war in der Nacht und am frühen Morgen ebenfalls mit mehreren Einheiten bei der Deichsicherung im Kreis Wesel im Einsatz. Waren es zunächst 44 Kräfte, seien nun nur noch sechs Beamte als Unterstützung in der Einsatzleitung der Feuerwehr, so eine Sprecherin der Stadt Duisburg.
Auch in anderen Städten des Kreises Wesel zeigten sich die Folgen der starken Regenfälle. In Xanten und Sonsbeck mussten am Mittwoch mehrere Straßen gesperrt werden, weil sie unter Wasser standen. Zahlreiche Keller liefen voll. Während der Betrieb in den Schulen und Kindergärten in Sonsbeck am Donnerstag weitestgehend normal stattfindet, bleiben in Xanten alle Einrichtungen am Donnerstag, 2. Juni, geschlossen.
Zuvor war in der Region bereits ein Regionalzug steckengeblieben, weil der Regen eine Schlammlawine auf die Gleise gespült hatte, wie ein Feuerwehrsprecher berichtete. Der Zug musste zum nächsten Bahnhof fahren. Die Bahnstrecke Richtung Duisburg bleibt zwischen Xanten und Millingen voraussichtlich mehrere Tage gesperrt. Ebenfalls im Raum Xanten saßen Schüler zunächst auf einem Bauernhof fest, weil die Wassermassen die Zufahrtsstraßen unpassierbar gemacht hatten. „Es war aber weniger dramatisch, es sind alle wieder zu Hause“, sagte ein Feuerwehrsprecher am Morgen.
Auch zwischen Bocholt und Wesel kann die Regionalbahn 32 wegen der Unwetterschäden derzeit in beide Richtungen nicht fahren. Der Streckenabschritt ist nach Auskunft der Bahn gesperrt.
Ein Sprecher des Kreises Wesel bittet die Bevölkerung zudem, den Notruf 112 nur in Notfällen zu wählen und sich über die lokalen Medien über weitere Maßnahmen zu informieren. Auch auf der Internetseite des Kreises sind aktuelle Informationen hinterlegt, unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 120 4000 informiert der Kreis Wesel ebenfalls über die aktuelle Lage.(dor/mawo/soho/SK)