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Goldrausch am Rhein

Goldrausch am Rhein

Krefeld. 

Kein Klondike weit und breit, und wie Alaska sieht es hier auch nicht gerade aus. Stattdessen werfen die Schlote der Bayer-Werke einen Schatten auf das Rheinufer in Krefeld. Aber wie vor 120 Jahren auf der anderen Seite des Atlantiks hat auch hier einige Unverwüstliche ein Fieber gepackt. Schatzsucher-Fieber, ganz dem Goldrausch verfallen – am Rhein. Verantwortlich dafür ist ein Niederländer. Maurice Balt bietet seit knapp zwei Jahren Goldwaschkurse an – glänzende Funde inklusive.

Bewaffnet mit Spaten, Eimern, Wannen und natürlich den obligatorischen Goldwaschpfannen zieht die fünfköpfige Gruppe durch die Rheinwiesen hinunter an den Fluss. Zwei Gestalten springen aus dem Busch und machen sich aus dem Staub. „In Amerika wären sie jetzt erschossen worden. Hier bekommen sie von mir nur die Ohren gewaschen“, sagt Maurice Balt und lacht herzhaft. Denn das hier ist sein Land, sein Claim, wie es in der Goldsucher-Sprache heißt. Rund 60 Meter Uferfläche hat er gepachtet. 60 Meter, von denen er weiß, dass man hier Gold finden kann. Die beiden Flüchtigen waren selbst einmal Kursteilnehmer von Balt und müssen ihre Suche jetzt woanders fortsetzen.

50 000 Goldflitter fürein Gramm Gold

Goldwaschen ist Knochenarbeit, und deshalb zieht der 46-jährige Niederländer direkt zu Beginn die alles entscheidende Motivationsspritze aus der Latzhosentasche. Zum Vorschein kommt ein kleines Plastikröhrchen voll mit dem Stoff der Träume – echtes Rheingold. Echtes Funkeln in den Augen der Kursteilnehmer. Genau hier, am Ufer unterhalb des Chemieparks, hat Balt das Gold aus dem Boden gewaschen. Allerdings: Reich werden kann man damit nicht. „Hier finden wir einzelne Flitter. 50 000 solcher Flitter ergeben ein Gramm, und das ist dann knapp 40 Euro wert. Ihr solltet eure Kündigungen also besser noch nicht abschicken“, sagt Balt.

Eine Fernsehserie im Privatsender Dmax hat die Teilnehmer zum Kurs gebracht. In „Die Schatzsucher – Goldrausch in Alaska“ kämpfen die Männer mithilfe riesiger Maschinen monatelang gegen die Widrigkeiten der Wildnis an, auf der Suche nach dem großen Reichtum. „Ich habe ein Geschenk zu Weihnachten für meinen Freund gesucht. Eigentlich sollte es eine Goldwaschpfanne sein, dann habe ich das Kursangebot im Internet gefunden“, sagt Sabrina Berg, während sie eimerweise die Plastikwannen mit Rheinwasser füllt.

Maurice Balt stößt eine Schaufel in das steinige Ufer und füllt eine Goldwaschpfanne damit. Er schüttelt und schwenkt sie hin und her. Wasser plätschert heraus, Steine purzeln zu Boden. „Das macht nichts. Durch die Bewegung setzen sich die schweren Teile am Boden der Pfanne ab. Gold hat eine 19,3 Mal so hohe Dichte wie Wasser. Das fällt sicher nicht heraus“, erklärt der Goldsuch-Profi. Immer wieder tunkt er die Pfanne in die große Wanne, und von der ganzen Schaufel Ufersand bleiben nur noch ein paar Gramm über. Wieder dreht und schwenkt Balt die Pfanne – und grinst. „Jackpot“, sagt er und zeigt mit dem Finger an den Rand der Pfanne. Tatsächlich, vor seinem Fingernagel blitzt ein winziges Goldkörnchen.

Dann sind die Teilnehmer dran. Schwenken, schütteln, tunken, schwenken, schütteln. „Ist das geil“, ruft Matthias Gillich. Gleich bei seinem ersten eigenen Versuch hat er Glück und findet die ersten beiden Goldflitter. Das Fieber steigt. Mit jeder Pfanne. „Das Schwierige ist die Feinmotorik. Hat man das einmal raus, läuft es ganz gut“, sagt Gillich und beugt sich wieder über die große Wanne. Maurice Balt grinst. Seine Schüler sind vom Virus infiziert. „Ich selbst habe vor zwei Jahren damit angefangen“, erzählt er. Als Ausgleich für seinen Bürojob suchte er etwas, das ihn an die frische Luft bringt. Das Schatzsucher-Gen aber hatte er schon immer in sich. „Ich habe angefangen, mit einem Metalldetektor umherzugehen. Eines Tages zeigte der einen riesigen Ausschlag an. Ich dachte, es wäre eine Mörsergranate aus dem Zweiten Weltkrieg“, erinnert sich der Niederländer, der seit 1998 in Deutschland lebt. Nach riesigem Polizeieinsatz die Erleichterung, dass es nur der Deckel einer Gasflasche war. Später entschied sich Balt doch lieber für die Goldwäsche. „Das ist sicherer.“ Mit den Kursen finanziert er seine Reisen in die USA. An den Klondike. Goldwaschen. Das Fieber lässt ihn nicht los.