An Rhein und Ruhr.
Wenn sie an der Haustür schellen, würden viele am liebsten gar nicht öffnen. Dabei ist Gerichtsvollzieher ein wichtiger Beruf, vor allem für Gläubiger. „In Nordrhein-Westfalen gibt es von ihnen viel zu wenig“, sagt Marcus Strunk, stellvertretender Pressesprecher des NRW-Justizministeriums. Landesweit fehlen etwa 90 Gerichtsvollzieher und das, obwohl das Justizministerium bereits in diesem Jahr eine Einstellungsoffensive gestartet hat.
Frank Neuhaus, Vorsitzender des Bundes Deutscher Gerichtsvollzieher in NRW, macht für den Personalmangel eine Reform von 2013 verantwortlich: „Das Zwangsvollstreckungsverfahren ist sehr bürokratisch geworden. Wir haben damit rund 30 Prozent mehr Arbeit.“ Außerdem wurden von 2009 bis 2011 keine Gerichtsvollzieher ausgebildet. Inzwischen muss jeder der rund 1100 Mitarbeiter jährlich 1500 bis 1700 Vollstreckungsaufträge bearbeiten, so Neuhaus.
Das Justizministerium hat jetzt reagiert und bildet 55 Quereinsteiger für den Beruf aus. „Es konnten nicht genug qualifizierte Bewerber aus den Reihen der Justizangestellten und Vollzugsbeamten gefunden werden“, sagt Behördensprecher Marcus Strunk. Für Seiteneinsteiger, etwa Bankkaufleute, gelte eine sechsmonatige Eignungszeit vor der zweijährigen Weiterbildung zum Gerichtsvollzieher.
Finanziell würde sich der Branchenwechsel lohnen, der Job sei lukrativer als oft angenommen, sagt Strunk. Ein Gerichtsvollzieher müsse „auf einen Richter nicht neidisch sein“.
Gerichtsvollzieher decken gleich vier Aufgabenbereiche ab: Formelle Zustellungen und Abmahnungen, Vollstreckungen (etwa Taschenpfändungen), Räumungsvollstreckungen und die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung. Neuhaus verbringe darum auch viele Stunden seiner Arbeitszeit am Schreibtisch. „Insgesamt eine Menge Papierkram.“
Sein außergewöhnlicher Beruf macht Neuhaus „viel Spaß“. Nicht nur wegen des Geldes. Neuhaus: „Wir haben es mit allen Facetten des Lebens zu tun. Man muss Durchsetzungsvermögen zeigen und auch rechtlich ist der Job sehr anspruchsvoll.“
Hohes Anforderungsprofil für Gerichtsvollzieher
Die Zwangsvollstreckung hält Susanne Schölver vom Landgericht Essen für eine sehr schwierige Aufgabe. Mitarbeiter im Außendienst seien etlichen Gefahren ausgesetzt, weiß Schölver, die zur Dienstaufsicht der Gerichtsvollzieher gehört. Je nach Bezirk stießen die Mitarbeiter dort auf ein Klientel, das mitunter auch mal handgreiflich werden könne. Deshalb sieht sie Quereinsteiger skeptisch: „Gerichtsvollzieher sollten erfahrene Beamte sein, die mit diesen Menschen umgehen können. Außerdem sollten sie auch mit den Abläufen bei Gericht vertraut sein.“ Trotzdem braucht Nordrhein-Westfalen den Nachwuchs: „Für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm sind wohl 63 Stellen ausgeschrieben.“
Im gesamten Bezirk des Duisburger Landgerichts arbeiten derzeit 64 Gerichtsvollzieher, im Jahr 2011 waren es dort noch 81. Aber auch in kleineren Bezirken mangelt es an Zwangsvollstreckern. „Momentan sind bei uns nur noch fünf Gerichtsvollzieher beschäftigt, wir haben aber einen großen Bedarf“, sagt Klaus Hommel, Direktor des Amtsgerichts Kleve. Laut Hommel würden im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf 25 Quereinsteiger ausgebildet. „Von denen werden wir aber keinen bekommen. Auch in absehbarer Zeit können wir nicht mit Verstärkung rechnen.“