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Energieversorger Enervie muss sparen und verkaufen

Energieversorger Enervie muss sparen und verkaufen

Enervie saniert Hochspannungsmasten.jpg
Foto: Michael Schuh
Insgesamt 38 Banken haben ihre Kreditzusagen für den hoch verschuldeten Energieversorger verlängert. Jetzt folgt die Sanierung: mit Personalabbau und Verkauf von Tafelsilber.

Hagen/Lüdenscheid. 

Das finanziell schwer angeschlagene Energieunternehmen Enervie ist – vorerst – gerettet. Deutschlandweit 38 Banken haben Kredite in Höhe von rund 290 Millionen Euro jetzt weiter abgesichert. Damit hat das Unternehmen Zeit gewonnen, sich bis zum Jahr 2019 neu aufzustellen. Dazu gehört der Abbau von bis zu 450 (Vollzeit-)Stellen, nach Informationen unserer Redaktion aber auch der Verkauf von Unternehmensteilen – wie etwa der Telekommunikationsgesellschaft „TeleMark“ –, um Mittel liquide zu machen, und die Einsparung eines Vorstandspostens.

Das hoch verschuldete Unternehmen selbst teilte am Dienstag mit, dass eine „zwischen Enervie und den Banken verhandelte Stillhaltevereinbarung in eine Finanzierungszusage bis 2019 überführt ist“.

Zu den Bankenzusagen kommen 60 Millionen Euro, die die drei größten Anteilseigner bereitstellen: Die Stadt Hagen ist mit 29,8 Millionen, Lüdenscheid mit 16,9 Millionen und das Lüner Recyclingunternehmen Remondis mit 13,3 Millionen Euro beteiligt. Die Geldgeber gehen davon aus, dass die Summen kurzfristig werden fließen müssen; die Stadt Lüdenscheid hat deshalb einen Nachtrags-Haushalt aufgestellt, in dem die unerwartete und außerplanmäßige Millionenausgabe eingepreist ist.

Unterschiedliche Tarifverträge

Enervie braucht das Geld der drei Großaktionäre wohl in erster Linie, um den Stellenabbau zu finanzieren: Ein Sanierungs-Tarifvertrag soll ausgehandelt werden; Betriebsrat und die Gewerkschaft Verdi sind dabei die Verhandlungspartner. Es geht um den Stellenabbau und damit um Abfindungszahlungen in zusammen zweistelliger Millionenhöhe, aber auch um einen Gehaltserhöhungsverzicht bis zunächst 2019. Schwierigkeit bei den Verhandlungen: Es gibt unter dem Enervie-Dach zwei Tarifverträge – den Haustarifvertrag bei der Mark-E und den allgemeingültigen Tarifvertrag für die Versorgungswirtschaft (TVV) bei den Stadtwerken Lüdenscheid.

Zu den Einsparüberlegungen im Personalbereich soll auch der Plan gehören, zumindest vorübergehend den Vorstand von drei auf zwei Mitglieder zu verkleinern. Das passt insofern, als dass der bisherige Interims-Vorstandschef Christoph Köther bereits angekündigt hat, seine Aufgabe nicht über das Jahresende hinaus verlängern zu wollen. Damit blieben Technik-Vorstand Erik Höhne (Hagen) und Vertriebschef Wolfgang Struwe (Lüdenscheid) übrig.

Über den Stellenabbau hinaus gibt es offenbar eine „De-Investitionsliste“, Teil eines 100-seitigen Papiers, in dem die Wirtschaftsberatungsgesellschaft Roland Berger Vorschläge zur Neuausrichtung der Enervie-Gruppe macht. Nach Informationen unserer Reaktion gehört dazu auch der mögliche Verkauf von Unternehmenseigentum und -anteilen: etwa eine Veräußerung der ehemaligen Firmenzentrale in der Hagener Innenstadt sowie die Verkäufe von Windkraftanlagen, nicht mehr benötigter oder ungenutzter Grundstücke und eben auch der Anteile an der Tochtergesellschaft „TeleMark“.

„TeleMark“ arbeitet profitabel

Die „TeleMark“ ist im Breitbandausbau unterwegs und versorgt vor allem Geschäftskunden per Anschluss ans Glasfasernetz mit schnellem Internet – eine Wachstumsbranche. Das Unternehmen arbeitet auch profitabel. Die „TeleMark“ ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Stadtwerke Menden, Iserlohn und Lüdenscheid; über die Lüdenscheider Beteiligung ist es mit unter das Enervie-Dach gekommen. Auf Seiten der Stadt Lüdenscheid dürfte ein Verkauf der Firmenanteile auf wenig Gegenliebe stoßen. Streit über die Sanierungsumsetzung ist also absehbar.

Verantwortlich für die Sanierung von Enervie ist Markus F. Schmidt, der im Juli vom Mitaktionär Remondis als Restrukturierungs-Manager in die Enervie-Chefetage wechselte. Schmidt bewertete die Bankenzusage am Dienstag als „wichtigen Meilenstein und wesentliche Voraussetzung zur Neuausrichtung und Weiterentwicklung der Enervie-Gruppe“. Ziel des Unternehmens sei „ein wieder steigendes Ergebnis, die Stärkung des Eigenkapitals und der Abbau der Verschuldung“.